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Der Soziale

13. Juli 2010

Er ist ein echtes Kind des Ruhrpotts: Serdar Yüksel. Der 37-Jährige findet, Politiker mit Migrationshintergrund sollten nicht nur in die Integrationspolitik abgeschoben werden. Er steht für soziale Gerechtigkeit.

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Serdar Yüksel (Foto: SPD)
Serdar YükselBild: NRWSPD

Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes sind unter den 181 Abgeordneten des Landtages von Nordrhein-Westfalen auch sechs türkischstämmige. Einer von ihnen ist Serdar Yüksel. "Ich habe auch Lampenfieber", gab der neugewählte SPD-Abgeordnete am Tag der Vereidigung ganz freimütig zu, "es fühlt sich ein wenig so an wie der erste Schultag." Der großgewachsene Mann mit der modebewussten violetten Krawatte sticht in jeder Hinsicht heraus aus der Menge der grauen Nadelstrafenanzüge.

Der 37-Jährige wurde in Essen als Sohn türkischer Immigranten geboren. Aufgewachsen ist er in Wattenscheid. Er bezeichnet sich selber als "Kind des Ruhrpotts". Sein Bildungsweg ist bemerkenswert: Nach der Hauptschule machte er weiter, schaffte das Fachabitur. Danach begann er eine Ausbildung als Krankenpfleger, schließlich Studium der Gesundheitswissenschaften. "Ich gehörte noch zu der Generation, von denen die Lehrer angenommen hatten, wir würden eh‘ bald wieder zurück in die Türkei gehen, weswegen ich trotz guter Noten auf die Hauptschule geschickt wurde", erzählt Yüksel.

Raus aus der Nische

Jetzt ist er Abgeordneter der SPD im Landtag. Vor seiner Wahl ins Parlament war er noch auf einer Intensivstation im Krankenhaus tätig. "Der Bereich, wo ich mich praktisch und theoretisch sehr gut auskenne." Diese Erfahrung will Yüksel auch im Landtag einbringen. Seine politischen Fachgebiete sind: Gesundheit, Arbeit und Soziales. Dass Politiker mit Migrationshintergrund zwangsläufig Experten für Integrationspolitik sein sollten, greift seiner Ansicht nach zu kurz: "Wolfgang Schäuble sitzt im Rollstuhl und macht auch keine Behindertenpolitik. Frauen machen auch nicht nur Frauenpolitik." Migranten sollten Politikfelder besetzen, die alle Menschen betreffen.

Am Tag der Vereidigung der Abgeordneten fand zur Einstimmung ein ökumenischer Gottesdienst statt. Serdar Yüksel ist Muslim, doch auch er nahm am Gottesdienst teil. Er selbst versteht sich als Agnostiker, also als jemand, "der an Gott glaubt, aber keine Kirche oder Moschee dafür braucht." Der interreligiöse Dialog zwischen dem Christentum und dem Islam sei für ihn grundlegend, um ein Verständnis füreinander in dieser Gesellschaft zu entwickeln. "Es ist wichtig, dass die Religionen nicht übereinander reden, sondern miteinander. Vieles, was an Missverständnissen herrscht, resultiert aus der Unkenntnis des Anderen."

Die Schablone der Sozialen Gerechtigkeit

Die Messe habe ihn damals sehr bewegt, so Yüksel, da von Werten wie Respekt und Offenheit gesprochen wurde. Folgt man seinem politischen Credo, muss alles Handeln "an die Schablone der sozialen Gerechtigkeit" gelegt werden. Das heißt auch: Integration fördern und Chancengleichheit ermöglichen. Hier sieht Serdar Yüksel eine Kernaufgabe der Politik, die unter keinen Umständen zu einem parteipolitischen Streitthema werden dürfe.

Kommunales Wahlrecht für Migranten, die doppelte Staatsbürgerschaft und eine faire Asylpolitik sind nur drei der Maßnahmen, für die Yüksel sich im Landtag einsetzen will. Engagement fordert der Abgeordnete jedoch auch von seinen interkulturellen Mitbürgern: "Natürlich sind die Migranten dazu aufgerufen, sich einzumischen. Das ist kein einseitiger Prozess. Deshalb mein Aufruf: Geht in die Parteien, macht mit, mischt euch ein." Genau wie Yüksel: Er trat mit 15 Jahren in die SPD ein und mischt seither mit.

Autor: Marco Jelic

Redaktion: Nicole Scherschun/MIchael Borgers