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Bachmann-Preis für Sharon Dodua Otoo

3. Juli 2016

Im Rennen um den begehrten österreichischen Literaturpreis trug Otoo mit einem Frühstücksei den Sieg davon. In ihrer humoristischen Erzählung "Herr Gröttrup setzt sich hin" tritt es als selbstbewusster Ich-Erzähler auf.

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Sharon Dodua Ingeborg-Bachmann-Preis 2016
Bild: ORF/Ralf Steinberger

Herr Gröttrup, der Namensgeber der Geschichte, ist ein klassischer Patriarch, der seiner Frau genau vorschreibt, wie lange sie sein Frühstücksei zu kochen hat. Mitten in diese Idylle platzt ein siebeneinhalb Minuten lang gekochtes Ei, das den Aufstand gegen den Herrn des Hauses wagt. Es weigert sich schlichtweg, hart zu werden.

Sharon Dodua Otoos Text sei eine "charmante, unangestrengte Satire über den deutschen Alltag", lobte die Jury den Text der gebürtigen Britin und Wahlberlinerin. "Man taucht ein in ein Frühstücksei und findet sich wieder in basisphilosophischen Lebensfragen", so Jurypräsident Hubert Winkels. Otoos Hauptfigur ist an den 1981 verstorben deutschen Ingenieur und Raketenfachmann Helmut Gröttup angelehnt. Mit feinem Humor, so die Jury weiter, bewirke sie die Verunsicherung eines Physikers, der glaubt, die Welt sei eine Versuchsanordnung.

"Eine neue Stimme in einer neuen Gesellschaft"

Otoo setzte sich in einem dreitägigen Wettlesen in der Klagenfurter "Literaturarena" am Wörthersee gegen 13 Mitstreiter durch und kann sich jetzt über den mit 25.000 Euro dotierten Hauptpreis freuen. Die Klagenfurter Bürgermeisterin Maria Luise Mathiaschitz überreichte der Siegerin den Bachmann-Preis und nannte Otoo "eine neue Stimme in einer neuen Gesellschaft".

"Sie müsse sich erst einmal hinsetzen und daran gewöhnen", sagte die freudestrahlende Preisträgerin. Die 43-Jährige ist in London aufgewachsen und lebt seit 2006 in Berlin. Sie ist aktiv in der "Initiative Schwarze Menschen in Deutschland" und hat schon mehrere Novellen und Kurzgeschichten verfasst, darunter "Die Dinge, die ich denke, während ich höflich lächle" (2012). Außerdem gibt Otoo die englischsprachige Buchreihe "Witnessed" heraus. Jetzt sei es "ihr Traum, einen Roman zu schreiben. Sie habe nun die Zeit, die Geschichte, die sie beim Bachmann-Preis gelesen habe, auszubauen, so Otoo.

Publikumspreis für Nudeln im Möbelhaus

Der mit 7.000 Euro dotierte Publikumspreis ging in diesem Jahr an die Österreicherin Stefanie Sargnagel für ihren Text "Penne von Kika". Sie schildert darin als Ich-Erzählerin, wie sie an einem Wintertag in einem Wirtshaus ihre Zeit beim Bachmann-Text-Schreiben verbringt, gekrönt von einem Teller Nudeln im Möbelhaus. "Stefanie Sargnagel ist der witzigste Mensch Österreichs", so eine Begründung aus dem Publikum, oder: "Wenn Stefanie Sargnagel gewinnt, wird Herr H. nicht Bundespräsident, hat sie gesagt. Und außerdem schreibt sie genial - scheinbar banal mit unglaublich sprachlicher Tiefe sowie Dynamik im Text.“

Über den ebenfalls vergebenen Kelag-Preis konnte sich der Schweizer Dieter Zwicky für seinen Text "Los Alamos ist winzig" freuen, der 3Sat-Preis ging an die deutsche Autorin Julia Wolf "Walter Nowak bleibt liegen". Keiner der Texte, die beim Lesewettbewerb zu hören waren, wurde bisher veröffentlicht. Der Preis ist nach der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926-1973) benannt und wird seit 1977 jährlich während der mehrtägigen Veranstaltung "Tage der deutschsprachigen Literatur" vergeben. Er gilt als eine der renommiertesten Literaturauszeichnungen im deutschsprachigen Raum. 2015 gewann die Deutschschweizerin Nora Gomringer.

Stefanie Sargnagel liest einen Text FOTO: APA/GERT EGGENBERGER
Stefanie Sargnagel überzeugte das PublikumBild: picture-alliance/dpa/G. Eggenberger

suc/sti ( bachmann.orf.at/ dpa)