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Dem Koch bei der Arbeit zuschauen

31. Juli 2009

Die Mischung aus Fast Food und Bedienlokal: Eine junge deutsche Restaurantkette besetzt eine Nische in der Systemgastronomie und schafft durch Franchising den Sprung ins Ausland.

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Köche im Vapiano-Restaurant in Berlin (Foto: dpa)
Kochstationen statt BurgerbratereiBild: picture alliance / dpa

Systemgastronomie und Franchising: Bei dieser Verbindung fallen oft Namen von Fast-Food-Ketten wie McDonald’s, Burger King oder Subway. Diese Unternehmen sind auch die finanziellen Schwergewichte der Branche: Allein McDonald’s mit seinen deutschlandweit über 1.000 Restaurants erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp drei Milliarden Euro.

Ähnliche Zahlen kann die deutsche Restaurantkette Vapiano nicht vorweisen. Doch mit einem neuartigen Konzept etabliert das Unternehmen seinen Platz in der Systemgastronomie - und expandiert im In- und Ausland durch das Franchisemodell.

Schnell und günstig, aber kein Fast Food

Ein Kellner bedient Gäste im Lufthansa-First-Class-Terminal in Frankfurt (Foto: dpa)
Restaurants mit Bedienung: Für viele zu langsam und teuerBild: dpa

Das Restaurant bietet italienische Speisen wie Pasta, Pizza oder Salate an. Der Gast kann individuelle Wünsche äußern, die der Showkoch vor den Augen des Gastes in die Tat umsetzt. Die Größe der Portionen ist vereinheitlicht und die Arbeitsabläufe sind strikt geregelt, sodass die Gerichte schnell zubereitet sind. Aber ganz so schnell wie beim klassischen Fast Food geht es eben doch nicht. Genau hier liegt das Besondere an dem Konzept des so genannten "Fast Casual Dining". Dieses "schnelle, informelle Essen" ist eine Mischung aus McDonald’s und Maredo, aus einem Fast-Food- und einem Vollservice-Restaurant. Auch die Preise der Gerichte liegen in diesem Zwischenbereich.

"Fast Casual Dining" entstand erst in den 1990er Jahren in den USA. Dort scheinen heute die Kunden das Konzept gerade in Zeiten von steigendem Preis- und Gesundheitsbewusstsein zu schätzen. "Fast Casual Dining"-Ketten wie Panera Bread oder Zaxby’s erwirtschaften insgesamt über zehn Milliarden Dollar Umsatz in den USA und zeichnen sich im Gegensatz zu vielen Vollservice-Restaurantketten durch hohes Wachstum aus.

Ausdehnung im Ausland durch Franchising

Ein McDonald's-Logo in Peking (Foto: AP)
McDonald's: Symbol für ein globales FranchisesystemBild: AP

2002 eröffneten die vier Gastronomen Friedemann Findeis, Gregor Gerlach, Kent Hahne und Klaus Rader das erste Vapiano-Restaurant in Hamburg. Die Idee stammt allerdings von Mark Korzillius, der zuvor nichts mit der Gastronomiebranche zu tun hatte. Die Zweifel an dem Konzept der Unternehmensgründer waren anfangs groß - das Modell des "Fast Casual Dining" gibt es in Deutschland schließlich noch nicht lange.

Von diesen Zweifel ist heute bei Vapiano allerdings nichts mehr zu spüren: Mittlerweile gibt es über 20 Restaurants in ganz Deutschland und weitere Lokale unter anderem in den USA, in Schweden oder Saudi Arabien. Eine erstaunlich schnelle Ausbreitung für ein junges Unternehmen. Zu verdanken ist diese Expansion nicht zuletzt der Vertriebsform Franchise. Dieter Stummel, Franchising-Direktor bei Vapiano, sagt: "Franchising ist natürlich vor allem auch das probate Mittel, um im Ausland zu wachsen, weil man oft als System mit den lokalen Gegebenheiten nicht vertraut ist." Das hat das Unternehmen bisher mit seinen über 50 Restaurants in 16 Ländern geschafft.

Deutsche Franchisebranche wächst auch in der Krise

Franchising eignet sich daher gut, um das Konzept auch in andere Länder zu tragen. Vapiano ist dabei der Franchisegeber. Wie jeder andere Franchisegeber auch verkauft das Unternehmen bestimmte Rechte an seine Franchisepartner: So darf der Franchisepartner beispielsweise den Markennamen nutzen und ganz bestimmte Dienstleistungen oder Produkte anbieten. Dafür zahlt der Franchisepartner eine einmalige Gebühr sowie monatliche Umsatzbeteiligungen und Werbekostenbeiträge. Damit einher geht die Pflicht für den Franchisepartner, sein Restaurant nach den Vorgaben des Franchisegebers zu führen.

Küchenjungen im Vapiano-Restaurant in Berlin (Foto: dpa)
Fast Casual Dining: Frisch, aber dennoch schnellBild: picture alliance / dpa

Das Franchisekonzept nutzen in Deutschland heute rund 1.000 Unternehmen: Von OBI bis Tchibo, von Fressnapf bis zur Schülerhilfe. Die Vertriebsform stammt aus den USA, hat sich aber längst auch hierzulande etabliert. Die deutsche Franchisebranche wächst seit langem - auch im wirtschaftlichen Krisenjahr 2008. Zwischen 50 und 60 Milliarden Euro betrug der Branchenumsatz nach Analystenschätzungen im vergangenen Jahr. Franchiseexperte Felix Peckert vom Forum Franchise und System beobachtet die Branche seit Jahren. Er sagt, dass Franchisesysteme deutlich krisenresistenter als ihre Kollegen der Filialsysteme oder der einzelnen Selbstständigkeit seien. Als Grund hierfür gibt Peckert die Flexibilität des Franchisepartners in Verbindung mit den gefestigten Unternehmensstrukturen des Franchisegebers an.

Steigende Umsätze mit Fast Casual Dining

Auch Dieter Stummel von Vapiano ist optimistisch in der Krise. Die Umsätze seien nicht zurückgegangen, im Gegenteil: "Gerade die Monate Mai und Juni mit zweistelligen Zuwachsraten haben gezeigt, dass das Konzept auch in Zeiten kritischer Großwetterlage wahrgenommen wird." Die Umsätze kletterten 2008 in Deutschland auf knapp 60 Millionen Euro. Im Jahr zuvor waren es laut Angaben des Bundesverbandes der Systemgastronomie gut 40 Millionen Euro gewesen. Zudem gewann das Unternehmen 2006 die Branchenauszeichnung Food-Service-Preis und war ein Jahr später Finalist beim Wettbewerb "Entrepreneur des Jahres" des Beratungsunternehmens Ernst & Young.

"Chi va piano, va sano e va lontano." Aus diesem italienischen Sprichwort stammt der Name des Restaurants. Grob übersetzt heißt es: "Wer alles langsam angeht, lebt gesund und kommt weit." Das mag für den Besucher vieler "Fast Casual Dining"-Lokale gelten. Die Unternehmen schreiten jedoch alles andere als langsam voran.

Autor: Julian Jaursch

Redaktion: Julia Elvers-Guyot