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Sicherheit, Korruption und Doping

Wolfgang van Kann9. Februar 2002

Am Freitag (8.2.2002) begannen in Salt Lake City im amerikanischen Bundesstaat Utah die 19. Olympischen Winterspiele. Doch der Sport droht dabei in den Hintergrund zu geraten. Ein DW-Kommentar von Wolfgang van Kann.

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Vordergründig geht es in den 16 Tagen der Winterspiele von Salt Lake City natürlich ausschließlich darum, wer in den Wettbewerben olympisches Gold, Silber oder Bronze gewinnt, wer die Helden und wer die Verlierer auf den Pisten, in den Eisrinnen und in den Stadien werden.

Doch gerade einmal fünf Monate nach den Terroranschlägen von New York stellen sich natürlich auch ganz andere Fragen. Sind die Olympischen Spiele so anschlagsgefährdet, wie es die überdeutlichen Sicherheitsmaßnahmen schon im Vorfeld vermuten lassen? Gehört es zum Kampf gegen den Terror, dass diese Winterspiele gerade jetzt in den USA stattfinden müssen? Wird der vielbeschworene olympische Geist durch die zweifellos vorhandene Angst unter den Athleten, durch die allgegenwärtigen Sicherheitskräfte vertrieben? Und können schließlich die Athleten in dieser Situation unbeeindruckt ihre erwartete und erhoffte Leistung bringen?

Fragen über Fragen, die erst abschließend beantwortet werden können, wenn am 24. Februar das Olympische Feuer wieder erlöscht. Bis dahin werden die Verantwortlichen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und der Stadt Salt Lake City sicherlich so manches Stoßgebet zum Himmel schicken. Darin werden sie nicht nur um Sicherheit bitten, sondern auch darum, dass die Winterspiele ohne Unregelmäßigkeiten über die Bühne gehen. Denn nach den unschönen Korruptionsaffären, die es in den Jahren seit der Vergabe der Spiele an Salt Lake City gegeben hat, können weder die Stadt noch das IOC weitere Negativschlagzeilen in dieser Hinsicht gebrauchen - sie wären für beide kaum weniger fatal als ein möglicher Anschlag.

Mit den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City beginnt für das IOC und damit für die gesamte Olympische Bewegung eine neue Ära. Die hat natürlich rein formal bereits im letzten Sommer mit der Wahl des Nachfolgers von Juan Antonio Samaranch in Moskau begonnen, doch Salt Lake City wird die erste richtige Bewährungsprobe für den neuen IOC-Präsidenten Jacques Rogge aus Belgien. Wie sieht die Olympische Bewegung unter seiner Führung aus? Auch diese Frage soll bei diesen Winterspielen zumindest eine erste Teilantwort bekommen.

Deutet man die Zeichen im Vorfeld der Spiele richtig, dann könnte Rogge auf einem guten Weg sein. Er wohnt in einem normalen Zimmer im Olympischen Dorf, demonstriert so Nähe zu den Athleten und distanziert sich deutlich von seinem Vorgänger, der die Präsidentensuiten in den besten Hotels bevorzugte. IOC-Mitglieder, die in illegale Machenschaften verwickelt sind, können sich offensichtlich unter Rogge nicht mehr sicher fühlen, wie aktuell der Fall des Russen Schamil Tarpischew zeigt, dem mit Zustimmung des IOC die Einreise in die USA verweigert wurde.

Auch die Bereitschaft Rogges, den Kampf gegen das Doping zu verstärken und sich dafür sogar mit den Amerikanern anzulegen, die sich noch weigern, die Namen überführter Dopingsünder herauszurücken, oder den lettischen Bobfahrer Sandis Prusis zu sperren, sind zunächst einmal positiv zu werten - auch wenn im letztgenannten Fall der Oberste Sportgerichtshof (CAS) das IOC gestoppt hat. Die Nagelprobe haben Rogge und das IOC freilich erst zu bestehen, wenn die ersten Dopingfälle bei den Winterspielen bekannt werden - und sie werden nicht ausbleiben.

All diese angesprochenen Fragen warten auf eine Antwort - doch der größte Erfolg für die olympische Bewegung wäre, wenn uns nach dem 24. Februar diese Antworten gar nicht interessieren, sondern nur, wer denn nun tatsächlich Gold, Silber oder Bronze gewonnen hat - und ob die deutsche Mannschaft weiterhin Wintersportnation Nummer eins ist.