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Sieben Jahre für "Kinderzimmer-Dealer"

2. November 2015

Der sogenannte Kinderzimmer-Dealer aus Leipzig ist zu sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Der 20-Jährige hatte zugegeben, fast eine Tonne Drogen aller Art über das Internet verkauft zu haben.

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Dem Angeklagten werden die Handschellen zum Prozessbeginn im August abgenommen (Foto: dpa)
Dem Angeklagten werden die Handschellen zum Prozessbeginn im August abgenommenBild: picture-alliance/dpa/P. Endig

"Hochkriminelle Geschäfte" habe der Angeklagte gemacht, sagte der Vorsitzende Richter Norbert Göbel bei der Verurteilung von Maximilian S. im Landgericht Leipzig. Sieben Jahre Jugendhaft lautete die Strafe dafür, dass der 20-Jährige rund 914 Kilogramm Drogen von seinem Kinderzimmer aus bis ins Ausland verkaufte - darunter Haschisch, Ecstasy-Tabletten, Kokain, LSD und verschreibungspflichtige Tabletten. Er habe "mit hoher krimineller Energie" gehandelt, sagte Göbel, der den Angeklagte als "Verbrecher" bezeichnete. Andererseits sei dieser so "naiv" gewesen zu denken, dass er nicht erwischt werde. Zugunsten des Angeklagten wertete das Gericht dessen umfassendes Geständnis. Echte Reue sei aber nicht erkennbar gewesen, sagte Göbel.

Mit seinem Urteil blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf eine Jugendstrafe von acht Jahren und acht Monaten plädiert hatte. "Letztlich ging es darum: Er wollte im Internet als Drogenhändler der größte und beste sein", sagte Staatsanwalt André Kuhnert.

Die Verteidigung hatte eine Jugendstrafe von sechseinhalb Jahren gefordert. Seinem Mandanten sei es nicht um das Geld gegangen, sondern "um den Kick", sagte sein Anwalt Stefan Costabel. Er will eine Revision prüfen.

Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz präsentiert im März den Fund aus dem Kinderzimmer (Foto: dpa)
Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz präsentiert im März den Fund aus dem KinderzimmerBild: picture-alliance/dpa/P. Endig

Maximilian S. folgte der Urteilsbegründung mit fast unbewegter Miene. Der junge Mann mit dem pausbäckigen Gesicht soll Ende 2013 in großem Stil seine Drogengeschäfte aufgezogen haben. Sein Kinderzimmer in der Wohnung seiner Eltern war zugleich Warenlager, Büro und Versandzentrum. Die Geschäfte wickelte er zunächst über das Darknet ab, einen verschlüsselten Bereich des Internets.

Zuletzt verkaufte er die Drogen über das offen zugängliche Internet - und zwar über die Plattform "shiny-flakes". Die Ermittler bezifferten die Verkaufserlöse auf insgesamt rund vier Millionen Euro. Als Maximilian S. im Februar dieses Jahres eine neue Lieferung erwartete, griff die Polizei zu. Sein Kinderzimmer war vollgestopft mit mehr als 300 Kilo Drogen.

"Fehlende Reife"

Ein psychiatrischer Gutachter bescheinigte dem jungen Mann fehlende emotionale Reife. Er sei zwar sehr intelligent, aber ihm fehle fast völlig das Gespür im Umgang mit Menschen, sagte Oberarzt Christof Hieronymus im Gerichtssaal. Außer zu seiner Familie habe er kaum soziale Kontakte gepflegt. Nach Einschätzung des Experten hatte S. die Tragweite seiner Taten mit den damit verbundenen Gefahren durch die Drogen nicht erfasst. Der Sachverständige sprach sich dafür aus, bei dem jungen Mann Jugendstrafrecht anzuwenden.

Die Mutter des Angeklagten, die zuvor als Zeugin ausgesagt hatte, beschrieb ihren Sohn als "wildes" Kind. Später habe er sich zunehmend zurückgezogen. Er machte keinen Urlaub, hatte weder Freunde noch Freundin. Eine Lehre als Restaurantfachmann schmiss er hin. In den vergangenen zwei Jahren habe sie keinerlei Zugang mehr zu seinem Zimmer gehabt, sagte die 48-Jährige. Von den Drogengeschäften ihres Sohnes habe sie nichts mitbekommen. S. folgte den Aussagen mit gesenktem Kopf und deutlich angespannter als an anderen Verhandlungstagen, an denen er immer wieder gegrinst hatte.

stu/uh (afp, dpa)