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Wohnungen statt Zelte

11. November 2009

Mehr als tausend Menschen in den italienischen Abruzzen leben immer noch in Zeltstädten. Im April 2009 hatte ein Erdbeben ihre Häuser zerstört.

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Blaue Zelte nebeneinander (Foto: picture-alliance/dpa)
Viele der ursprünglich 160 Zeltstädte sind schon geschlossen - doch hunderte Menschen leben immer noch unter ZeltplanenBild: picture-alliance/ dpa

Am Rande der Stadt L'Aquila reihen sich blaue Zelte auf einem Supermarktparkplatz aneinander. 28 solcher Zeltstädte gibt es noch in der Region Abruzzen. Nach dem schweren Erdbeben im April 2009 wurden 160 Zeltstädte als Notunterkünfte errichtet.

Vom Zelt in die Blockhütte

Eine Person sitzt in einem der Wohnzelte (Foto: dpa)
Einige ziehen die Zelte einer Wohnung vor, die 100 Kilometer entfernt liegtBild: picture-alliance/ dpa

Doch dort können die Menschen nicht ewig bleiben. Die Regierung hat vorgesorgt: 300 Wohnungen sollen bis Ende Januar 2010 jede Woche übergeben werden. Dennoch sind nicht genug für alle da. Familien mit drei oder mehr Personen, deren Häuser komplett neu gebaut werden müssen, werden momentan bevorzugt. Singles, Paare oder Menschen, deren Häuser nur zum Teil wiederaufgebaut werden müssen, leben immer noch in Zelten oder werden in Blockhütten und Hotels untergebracht, die oft rund 100 Kilometer von ihrem Zuhause entfernt sind.

Manche weigern sich aber, die Zeltstädte zu verlassen. Sie haben Angst, dass sie weit weg von ihrer Heimatstadt neu angesiedelt werden sollen. "Aber was kann ich sonst tun? Du musst mit dem zufrieden sein, was sie dir geben, denn es wird kalt hier und du kannst dich nicht viel länger widersetzen", sagt Giancarlo. Im kalten Winter ist es unmöglich, in der Gebirgsregion in Zelten zu leben. Nachts fallen die Temperaturen zurzeit auf minus vier Grad und es kann noch kälter werden.

Erdbebensichere Häuser ohne Miete

Satellitenbild der Abruzzen (Foto: AP)
Ein Bild der Zerstörung: die Region Abruzzen im April 2009Bild: AP

"Die vergangenen sechs Monate haben wir hier ganz gut gelebt", sagt Antonella, die in einem der Zelte wohnt. Es sei wie in einer großen Familie. "Hier hat man immer Gesellschaft. Wenn ich weggehe, werde ich das Gemeinschaftsgefühl vermissen." Antonella zieht bald in eines der neuen ökologischen und erdbebensicheren Häuser, die die Regierung gebaut hat. Hier sollen die Menschen wohnen, bis ihre eigenen Häuser wiederaufgebaut sind. 16.000 Italiener sollen bis Ende Januar 2010 umziehen - und müssen für die Wohnungen drei Jahre lang keine Miete zahlen.

Ein einzigartiges Projekt, wie Mauro Dolce sagt. Er hat die Technologie für die sicheren Häuser entwickelt. "Wir installieren mehr als 6000 anti-seismische Isolatoren. Das sind Kissen mit einem speziell geformten Mechanismus, der jedes Gebäude über die Erde hebt. Sie sind flexibel, so dass die Häuser sich nur sehr langsam bewegen, wenn die Erde bebt", erklärt er.

Der Aufbau wird noch viel Zeit brauchen

Zerstörte Häuser (Foto: AP)
Die Häuser wiederaufzubauen wird noch lange dauernBild: AP

Es ist wichtig, die Menschen von dem Projekt zu überzeugen. "Unser Ziel war es, alle Zeltstädte bis Ende Oktober zu schließen. Das Problem ist, dass nicht alle kooperieren und wir können sie nicht dazu zwingen", sagt der Ingenieur Fabrizio Curcio, der gemeinsam mit der Civil Protection Corps für die Zeltstädte verantwortlich ist. In den vergangenen zwei Wochen wurden bereits 13 Zeltstädte geschlossen, in denen mehr als 500 Menschen gelebt hatten. Curcio hofft, dass sie nun mehr Menschen ermutigen können, umzuziehen. Doch er weiß, dass sie Geduld haben müssen. "Wer sechs oder sieben Monate in einem Zelt gelebt hat, will nicht so einfach entwurzelt werden. Wir versuchen, ihnen zu erklären, dass sie eine Zukunft haben, wenn sie ihre Zelte jetzt verlassen", sagt er.

Doch egal wo die Menschen untergebracht sind, in Zelten oder neuen Häusern: Die Probleme der Region Abruzzen sind noch nicht gelöst. Denn es gibt immer noch ganze Städte und Existenzen, die wieder aufgebaut werden müssen. Und das kann Jahrzehnte dauern.


Autorin: Stephanie Raison
Redaktion: Julia Kuckelkorn