1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sierens China: Hunger nach Fleisch

Frank Sieren23. November 2015

Es ist ein Zeichen wachsenden Wohlstands: Chinas Fleischbedarf steigt und steigt. Nicht für die USA, sondern auch für Deutschland ist das ein gutes Geschäft, schreibt DW-Kolumnist Frank Sieren.

https://p.dw.com/p/1HAna
Symbolbild Nahrungsmittelnachfrage Fleischkonsum Asien
Bild: STR/AFP/Getty Images

Schweinefleisch ist beliebt in China. Es gibt kaum ein Essen, bei dem nicht mehrere Variationen von Schweinefleisch auf dem Tisch stehen - Innereien, Ohren und Zunge inbegriffen. Im vergangenen Jahr verzehrten die Chinesen sechsmal mehr Schweinefleisch, als die US-Konsumenten – 57 Millionen Tonnen. Und das, obwohl in China nur vier Mal so viele Menschen leben. Ein dramatischer Anstieg. Während in den 1960er Jahren Eier, Geflügel, Milchprodukte, Fleisch und Fisch nur vier Prozent der Kalorien in der Ernährung eines Chinesen ausmachten, liegt die Kalorienzufuhr durch Fleisch- und Tierprodukte mittlerweile bei 19 Prozent.

China ist in den vergangenen Jahren nicht nur weltweit zum größten Fleischkonsumenten geworden, sondern auch zum größten Fleischproduzenten. Die WH Group, Chinas größter Fleischproduzent brachte im vergangenen Jahr mehr als 3,7 Millionen Tonnen Fleisch auf den Markt. Dafür kamen 15 Millionen Schweine auf die Schlachtbank. Und während die Nachfrage nach Schweinefleisch in den USA in den vergangenen zwanzig Jahren konstant geblieben ist, steigt Chinas Fleischhunger immer weiter.

Heimische Erzeuger halten nicht Schritt

China hat nun mehr als 160 Städte mit mehr als einer Million Einwohnern, deren aufsteigende Mittelschicht immer mehr Fleisch isst. Das schafft die lokale Fleischindustrie nicht mehr. Der Schweinefleischimport aus den USA lag deshalb allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres sechs Prozent über den gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Immer häufiger kaufen Chinesen im Supermarkt nicht mehr an der Frischetheke, sondern an den Tiefkühltruhen das Fleisch. Dies bedeutet für die Fleischindustrie weltweit, dass die chinesischen Konsumenten auch immer häufiger ausländische Fleischwaren etwa aus den USA, Australien oder der EU kaufen. Lieferten US-Fleischproduzenten 2008 noch Schweinefleisch im Wert von 429 Millionen US-Dollar nach China, waren es vier Jahre später schon Schweinefleischmengen im Wert von über einer Milliarde US-Dollar. Dennoch machen die US-Importe gerade mal 18 Prozent der gesamten Schweinefleischimporte in China aus.

Frank Sieren *PROVISORISCH*
DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Chancen für neue Lieferanten

Peking ist daher auf der Suche nach neuen Schweinefleisch-Lieferanten. Sie kommen aus Mexiko, Thailand und Brasilien. Aber auch Deutschland gilt schon jetzt als einer der großen Gewinner bei Chinas Nachfrage nach mehr Fleisch. So hat der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) bereits im August verkündet, dass sich die Fleischexporte nach China in der ersten Hälfte dieses Jahres auf 83.400 Tonnen verdoppelten. VDF-Chefin Heike Harstick sagte zudem: "Wir sind zuversichtlich, dass dieses Niveau beibehalten wird." Für die deutschen Fleischexporteure, die jetzt schon alles vom Schwein, was nicht auf deutschen Tellern landet, nach China exportieren, ist das ein Glücksfall: Sie haben gute Aussichten, in Zukunft noch mehr Ohren und Zungen nach China zu liefern als bisher. Denn sollten mit der Aufhebung der Ein-Kind-Politik noch mehr Kinder geboren werden, wird auch der Fleischkonsum noch weiter ansteigen.

Unser Korrespondent Frank Sieren gilt als einer der führenden deutschen China-Spezialisten. Er lebt seit 20 Jahren in Peking.