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Langer Weg zum Supercharger

Frank Sieren23. Februar 2015

Tesla, der amerikanische Hersteller von Elektroautos, verkauft in China viel weniger Autos als erwartet. Obwohl die Marktaussichten für Elektromobile prinzipiell sehr gut sind, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Tesla Motors Elon Musk
Tesla-Chef Elon Musk mit einem seiner ElektromobileBild: AFP/Getty Images/J. Lampen

Wenn es ein Paradies für Elektroautos gibt, dann ist es China. Peking hat die politischen Hebel, die Spielregeln so zu ändern, dass Elektroautos eine Chance haben. Und sie steht angesichts der Luftverschmutzung in den Städten unter Druck, diese Hebel zu nutzen. Doch der politische Wille ist das eine, der Markt etwas anderes. Und der ist tückisch, wenn die Regierung nicht so weit geht, wie es wünschenswert wäre.

Die gebratenen Hähnchen fliegen den Herstellern dennoch nicht einfach so in den Mund, hat Tesla in diesen Tagen erst gezeigt. Der charismatische Vorstandsvorsitzende Elon Musk hatte sich viel mehr erhofft. Doch lediglich 120 Exemplare seines Luxusmodells hat der Elektropionier im Januar in China verkauft. Und nur 4750 Chinesen kauften sich im vergangenen Jahr einen Tesla, etwa 15 Prozent der globalen Verkäufe. Liegt das am Markt oder an Tesla? An beiden.

Peking fördert vor allem chinesische Produkte

Peking investiert zwar gewaltige Summen, um der Elektromobilität den Weg zu bereiten, doch die passen nicht zu dem, was Tesla braucht. Es gibt großzügige Subventionen für Käufer von E-Autos und - noch wichtiger - die nötige Infrastruktur ist in immer mehr Gegenden bereits einsatzbereit. Vergangenes Jahr hat die staatseigene Firma State Grid auf einer Strecke von 2900 Kilometer Autobahn neue Ladestationen aufgestellt. Und bis 2020 sollen sogar sämtliche wichtigen chinesischen Verkehrsadern gut elektrisch befahrbar sein. Überall im Land soll dann ein E-Auto in nur 30 Minuten aufgeladen werden können, wenn es den chinesischen Standards entspricht. Doch ausgerechnet Teslas Model S tut das nicht. Die Ladestationen der chinesischen Regierung passen nicht zu den Tesla Fahrzeugen. Denn die Regierung hat natürlich nur ein Interesse, der eigenen Industrie zu helfen.

Womit wir bei den Fehlern von Tesla wären: Tesla hat geglaubt, sich in China parallel bewegen zu können. Seit April vergangenen Jahres hat Tesla in China 800 Ladestationen in Einkaufszentren, Hotels und Restaurant in mehr als 70 Städte gesetzt. Doch die unterschiedlichen Standards verunsichern die Kunden. Denn wer kauft schon einen E-Flitzer, wenn man nicht mal weiß, ob später an der Tankstelle der Stecker auch passt? Statt einzulenken und sich an den chinesischen Standards zu orientieren, will Tesla-Chef Musk den Kunden im Reich der Mitte noch mehr kostenlose Schnell-Auflade-Stationen vors Haus stellen - damit wären die Batterien innerhalb einer Stunde schon aufgeladen. Damit ist das Kurzstreckenproblem gelöst. Überland gilt der Tesla jedoch als ein riskantes Auto.

Frank Sieren Kolumnist Handelsblatt Bestseller Autor China
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Tesla-Wagen gelten nicht als Statussymbol

Damit wären wir bei dem zweiten Fehler: Tesla hat ein Vermarktungsproblem. Denn bislang nehmen viele Chinesen die Marke überhaupt nicht wahr. Die Vorstellung eines leisen, unaufgeregten Elektromobils der Luxusklasse passt nicht ganz in das traditionelle Bild des Autos als Statussymbol. Während IT-Millionäre im Silicon Valley lieber mit Innovation protzen, soll man in China den Motor auch hören und die Marke alle kennen. Wer in Peking oder Shanghai zu Geld gekommen ist, zeigt seinen Wohlstand noch immer lieber, in dem er für den Preis eines Tesla Modell S lieber einen Porsche oder Audi erwirbt.

Zu all dem kommt der niedrige Ölpreis: Wenn der Sprit billig ist, finden Autokäufer teure Elektroautos weniger interessant - das liegt in der Natur der Sache. Und in China ist Benzin auch ohne Ölpreisverfall deutlich billiger als im Westen. Musk müsste also stärker das Luxus-Image seiner Marke betonen. Tesla müsste ein Prestige-Objekt werden, wie Porsche. Ein solches Image lässt sich jedoch nicht von heute auf morgen aufbauen und er müsste sich an das chinesische Netz ankoppeln. Doch Musk will offensichtlich mit dem Kopf durch die Wand.

Immer mehr potenzielle Konkurrenten

Drei Chefs für das China-Geschäft innerhalb eines Jahres gab es schon. Dass Musk nun das lokale Management einmal mehr austauschen will, wird an den grundlegenden Problemen nichts ändern. Und es wird nicht einfacher. Denn die chinesischen Wettbewerber werden kommen. Wenn Tesla seine Fahrzeuge bis dahin nicht im Luxussegment verankert hat, werden sie vom Hauptfeld eingeholt. Und auch international schläft die Konkurrenz nicht.

Auch Apple könnte Teslas Pläne durchkreuzen, wenn es dem Konzern wirklich gelingt, wie jüngst zu lesen war, bis 2020 ein eigenes iCar auf den Markt zu bringen. Denn natürlich weißt auch Apple: Nicht ewig wird man im Smartphone-Markt den Takt angeben können. Früher oder später wird es ein chinesisches Unternehmen sein, das hier die Weltmarktführerschaft übernimmt. Für Apple bedeutet das, dass es Zeit ist, einen anderen Markt zu revolutionieren. Ob das gelingt, ist eine ganze andere Frage. Der Vorteil von Tesla ist: Sie denken das Auto von der Batterie her. Der Vorteil von Apple: Für sie ist ein Auto ein Gadget: Egal was, drin ist Hauptsache es ist schick und lässt sich einfach bedienen.

Das deckt sich mit der Vorstellung der chinesischen Mittelklasse von einem Auto. Es könnte also sein, dass Tesla zwischen den chinesischen nullachtfünfzehn E-Autos und den exklusiven Gadget E-Autos von Apple seine Nische nicht rechtzeitig findet.

Unser Korrespondent Frank Sieren gilt als einer der führenden deutschen China-Spezialisten. Er lebt seit 20 Jahren in Peking.