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Sierens China: Olympia 2016 ganz Chinesisch

21. Mai 2015

Der Countdown läuft. Brasilien baut vor den Olympischen Spielen 2016 in Rio wie ein Weltmeister. Das Geld dafür wird wieder einmal vor allem aus China kommen, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Baustelle Rio de Janeiro Foto: picture-alliance/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Brasilien bekam auch bisher schon hohe Kredite aus Peking – höhere als Argentinien, Ecuador oder Peru. Doch nun vor Beginn der Olympischen Spiele 2016 wird das Land noch mehr Kapital aus China bekommen. Investitions-, Kredit- und Handelszusagen in Höhe von 53 Milliarden US-Dollar sind geplant. Das steht seit dem Besuch des chinesischen Regierungschefs Li Keqiang fest. Bei den akkumulierten Investitionen in den vergangenen elf Jahren lag Venezuela bisher auf Platz 1, gefolgt von Brasilien. Nun hat Brasilien nicht nur den Abstand wettgemacht, sondern sich gleich an die Spitze gesetzt.

Peking will seine wirtschaftliche und politische Expansion in Lateinamerika noch weiter ausbauen. Chinas Premier Li ist bereits der dritte ranghohe Besucher aus dem Reich der Mitte seit vergangenem Jahr. Anfang 2014 ebnete Chinas Außenminister Wang Yi den Weg für Staats- und Parteichef Xi Jinping, der im Juli 2014 die Stadt am Zuckerhut besuchte. Im Januar dieses Jahres versprach Xi dann auf dem ersten offiziellen Gipfeltreffen zwischen den 33 Ländern des lateinamerikanischen und karibischen Staatenbunds CELAC in Peking Investitionen im Volumen von 250 Milliarden für die kommenden zehn Jahre.

"Win-win-Situation" für China und Brasilien

Chinesische Infrastrukturprojekte sollen nicht nur den Brasilianern helfen, sondern auch Aufträge für die chinesische Wirtschaft sichern. Das ist in Zeiten des langsameren Wachstums wichtiger denn je. Um die Binnenstruktur zu Hause zu befeuern, wird immer mehr in Infrastruktur im Ausland investiert. Straßen, Schienen, Flughäfen aber auch Häfen stehen dabei im Fokus der Investoren aus dem Reich der Mitte. 150 Unternehmer sind mit Li nun auf Delegationsreise in Lateinamerika. Auch chinesische Bankchefs sind dabei. Die Infrastrukturprojekte in Lateinamerika bringen mehr Rendite als amerikanische Staatsanleihen. Und auch das politische Kapital, das Peking daraus gewinnen kann, wird in Peking nicht unterschätzt. Die dankbaren Nehmerländer sind treue politische Alliierte.

Frank Sieren Kolumnist Handelsblatt Bestseller Autor China
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Für die Regierung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff ist dies ein Glücksfall. Nach ihrer Wiederwahl 2014 hat Rousseff es nicht nur verpasst, eine umfassende Sanierung der veralteten Infrastruktur des Landes anzustoßen, ihr Ansehen in der Bevölkerung leidet auch immer mehr unter dem stagnierenden Wirtschaftswachstum und der ausufernden Korruption des Landes. Zuletzt hatte der staatlich kontrollierte Ölkonzern Petrobras wohl jahrelang mit Schmiergeldzahlungen und durch Preisabsprachen Gelder in Höhe von etwa 3,8 Milliarden US-Dollar veruntreut. Petrobras war lange der Stolz der brasilianischen Industrie. Der Konzern ist das mit Abstand größte brasilianische Unternehmen und eine der größten Ölfirmen weltweit mit einem jährlichen Umsatz von mehr als 120 Milliarden US-Dollar.

Einfluss der USA soll geschwächt werden

Doch der Korruptionsskandal lähmt das Land immer mehr. Erst im März hatten eine halbe Million Bürger Brasiliens auf den Straßen gegen Korruption und die Sparmaßnahmen der Regierung protestiert. Die Inflation Brasiliens lag zuletzt bei sieben Prozent. China ist seit 2009 der wichtigste Handelspartner Brasiliens - noch vor den USA. Doch seit Anfang des Jahres ist das Handelsvolumen beider Länder durch die abkühlende Konjunktur Chinas und den starken Preisabfall für Rohöl stetig gesunken. Zuletzt lag Chinas Wirtschaftswachstum nur noch bei knapp sieben Prozent - so niedrig wie zuletzt 2009 während der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Dennoch bleibt Peking am Ball. Und die Rolle Chinas wird für das Schicksal der Olympischen Spiele 2016 in Rio immer bedeutender.

Den Chinesen kommt es vor allem darauf an, durch die neuen Kooperationen in Südamerika die Weltordnung zu verschieben und die Position der USA weiter zu schwächen. Deshalb stehen noch Kolumbien, Peru und Chile auf dem Reiseplan von Li Keqiang in dieser Woche. Auch dort lassen sich gut Produkte aus der Heimat absetzen, um die Überproduktion der eigenen Industrie abzubauen. Eine 3.500 km lange Bahnstrecke von Brasilien durch die Anden nach Peru soll künftig Rinderhälften aus Brasilien schneller an den Hafen Pisco in Peru bringen, damit diese noch schneller nach China gelangen. Die Kosten für Importe aus Brasilien und seinen Nachbarländern werden daher künftig sinken. Und so glänzen Chinas Investitionen durchaus schon jetzt wie olympisches Gold.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.