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Pekings Medizin für Afrika

22. Oktober 2014

Das erste wirkungsvolle Ebola-Medikament könnte aus China kommen. Es soll heilen, aber auch den afrikanischen Kritikern der chinesischen Außenpolitik den Wind aus den Segeln nehmen, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Bild: Imago/Xinhua

Es könnte ein Lichtblick für die von Ebola betroffenen Menschen in Westafrika sein: Ein neues Heilmittel ist in Sicht – und es kommt nicht aus den USA oder Europa sondern aus China. Sihuan Pharmaceutical, der drittgrößte Pharmakonzern des Landes, hat vergangene Woche mehrere tausend Dosen seines experimentellen Medikaments JK-05 in die Krisenregion geschickt. Die Lieferung ist zwar vorerst nur für chinesische Helfer gedacht, für den Fall, dass sie sich mit dem Virus infizieren. Allerdings forscht das Unternehmen zusammen mit der chinesischen Militärakademie für Medizin, kurz AMMS. Mit Hilfe der großen Kapazitäten der Militärforscher soll das Medikament schnellstmöglich ausreifen und könnte noch vor Ende des Jahres für die Bevölkerung in Afrika verfügbar sein.

Zwar hat JK-05 im Labor schon ermutigende Erfolge erzielt. Doch Versuche an Menschen gab es bisher nicht. Deswegen ist JK-05 in China bis jetzt auch nur für militärische Notfälle zugelassen. Doch sollten die Testergebnisse auch an Menschen positiv ausfallen, dürfte das chinesische Medikament das erste sein, das großflächig eingesetzt werden kann, da es aufgrund einer recht einfachen Struktur zügig in großen Mengen hergestellt werden kann. Das wäre ein Vorteil zum Beispiel gegenüber ZMapp, einem experimentellen Heilmittel aus den USA, bei dem es bereits jetzt in der Testphase zu Engpässen kommt, weil die Herstellung nicht einfach ist.

Medikament soll auch Image verbessern

Das chinesische Militär hatte schon bei der SARS-Epidemie vor einem Jahrzehnt eine große Rolle gespielt. Damals wurde ein Impfstoff gegen die Krankheit erstaunlich schnell für die Bevölkerung zugelassen und hat stark dazu beigetragen, den Ausbruch unter Kontrolle zu halten. Anders als in Amerika ist in China der politische Druck, schnell Ergebnisse zu liefern, sehr viel größer. Das kann zum entscheidenden Vorteil werden. Dabei geht es nicht nur um die Zehntausenden Chinesen, die in den betroffenen Gebieten im Westen des afrikanischen Kontinents arbeiten.

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DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Peking ist überzeugt, dass ein heilendes Medikament auch politisch nützlich sein kann. Es würde Chinas Image im Westen und bei den Chinakritikern in Afrika sehr verbessern. Deshalb lässt Peking Zeit, Geld und Ressourcen in ein Medikament investieren, das in China selbst nicht dringend gebraucht wird. Hinzu kommt, dass die Regierung dies zur innenpolitischen PR nutzen kann, in dem sie der Bevölkerung mitteilt, dass China in diesen Fragen erfolgreicher als der Westen war.

Bislang nur geringe finanzielle Hilfe

Kritiker werfen China vor, dass es Afrika ausbeutet, ohne auf die Bedürfnisse und die Menschenrechte der Afrikaner zu schauen. Zudem steckt China noch in der Defensive, was die Ebola-Hilfe betrifft – zumindest aus westlicher Sicht. Peking wurde in letzter Zeit häufig dafür kritisiert, sich nicht genug an den finanziellen Hilfen für die Ebola-Krisengebiete zu beteiligen. Und tatsächlich sprechen die blanken Zahlen gegen China: Aus Europa wurden bisher insgesamt etwa 450 Millionen Euro an Hilfe zugesagt. Die USA sind mit rund 150 Millionen Dollar auch ganz vorne mit dabei. Die etwa 40 Millionen Dollar aus China sehen da fast so aus, als wäre man in Peking weniger an Afrikas Wohlergehen interessiert als in Amerika. Wo sogar Privatleute wie Bill Gates über seine Stiftung mit 50 Millionen Dollar oder Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit 25 Millionen allein schon ähnliche Beträge für die Hilfe aufbringen wie das Reich der Mitte.

In dem Betrag ist jedoch nicht enthalten, was die Chinesen an Geld ausgeben, um das neue Medikament zu Ende zu entwickeln. Zudem betont man in Peking, dass China im vergangenen Jahrzehnt überdurchschnittlich viel in Afrikas Infrastruktur investiert habe. Die Straßen, die Stromnetze, die Telekom-Netzwerke machen es nun einfacher, die Seuche zu bekämpfen. Und damit sich Peking nicht den Vorwurf machen lassen muss, wieder einmal einen politischen Alleingang zu riskieren, kündigten am vergangenen Sonntag der französische Außenminister Laurent Fabius und sein chinesischer Kollege Wang Yi an, die Ebola-Epidemie zusammen zu bekämpfen.

Kooperation mit Frankreich

Künftig sollen gemeinsame Laboruntersuchungen intensiviert und Erfahrungen in der Epidemie-Vorbeugung ausgetauscht werden. Auch die Zusammenarbeit in Westafrika wollen die beiden Länder ausbauen. Die Franzosen hoffen, sich so enger an China zu binden und damit den einen oder anderen Auftrag mehr für Frankreichs schwächelnde Wirtschaft aus China zu holen. Dass Ebola im Machtkampf des internationalen politischen Alltags angekommen ist und dafür instrumentalisiert wird, mag zynisch klingen. Für die Kranken ist es ein Vorteil.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.