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Silicon Allee statt Silicon Valley

Daniela Späth17. Juli 2015

Berlin ist nicht nur attraktiv für Touristen, sondern lockt vermehrt auch internationale Startups in die Hauptstadt. Gründe für den Start an der Spree gibt es genug. Wird Berlin zum Silicon Valley Europas?

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Tech Open Air Berlin 2015
Bild: DW/D. Späth

Ausgerechnet mit amerikanischem Bier will Greg Koch aus Kalifornien in Deutschland durchstarten. Der 51-Jährige mit dichtem Rauschebart experimentiert in seiner Heimat San Diego mit Kaffee- und Schokoladenaromen. Nun soll auch Europa auf den Geschmack kommen.

Dafür hat Koch in den vergangenen vier Jahren rund 130 mögliche Standorte in neun Ländern von Italien bis Estland besichtigt. Doch die Wahl fiel schließlich auf Berlin: Hier baut er mit seiner Firma "Stone Brewing" eine eigene Brauerei in Berlin. Es ist die erste europäische Niederlassung eines US-Craft-Bier-Brauers überhaupt.

"Das Problem mit dem deutschen Biermarkt ist, dass es nicht viel Auswahl gibt. Hier wird vor allem industrielles Pils verkauft. Da sehen wir mit unserem Bier unsere Chance. Es ist ein bisschen wie Rock'n Roll in einem Land voller klassischer Musik", glaubt Koch.

Tech Open Air Berlin 2015 Greg Koch
Greg Koch, Bierbrauer aus den USABild: DW/D. Späth

Hauptstadt der Existenzgründer

Berlin hat längst Ruf als Hauptstadt der Existenzgründer erworben. Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Unternehmer- und Gründergeist: Seit 2011 belegt die Hauptstadt im jährlichen Ranking der Forscher des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) vor Hamburg den Spitzenplatz.

Berlin hat die besten Voraussetzungen, sich auch zur führenden Gründermetropole in Europa zu entwickeln. Blickt man auf die investierten Summen, dann ist Berlin bereits Europas Standort Nummer zwei für junge Firmen. Besser schneidet laut einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY nur noch London ab.

Niko Woischnik organisiert seit vier Jahren die Startup-Konferenz "Tech Open Air" in Berlin. Unter den rund 5000 Besuchern tummeln sich in den letzten Jahren vermehrt Gründer aus dem Ausland. Woischnik wundert das nicht: "Die Lebenshaltungskosten und auch die Mieten für Betriebe sind relativ günstig im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten." Außerdem sei Berlin sehr zentral gelegen und es habe sich eine Startup-Kultur entwickelt, in denen hauptsächlich Englisch gesprochen wird – ein Vorteil für viele Gründer aus dem Ausland.

Tech Open Air Berlin 2015 Niko Woischnik
Niko Woischnik, Gründer des Tech Open AirBild: DW/D. Späth

Es fehlt an Wachstumskapital

Auch das israelische Startup MyPermissions hat den Schritt nach Deutschland gewagt. Dahinter verbirgt sich eine Smartphone-App, mit der Nutzer überprüfen können, welche Zugriffsrechte sie Drittanbietern verschiedener Internetdienste geben. Darunter fallen Webseiten wie Facebook, Twitter, Dropbox oder Instagram.

Weltweit zählt das Unternehmen bereits rund zwei Millionen User. Seit rund einem Monat gibt es das Tool auch in Deutschland. Für Gründer Olivier Amar geht damit ein Traum in Erfüllung: "Deutschland bedeutet für mich das Tor zum Rest von Europa!", schwärmt der Unternehmer aus Tel Aviv. Allerdings sei es in Deutschland sehr teuer, alle nötigen rechtlichen Dokumente zu besorgen, die man für den Start braucht. Das koste oft nicht weniger als 9.000 Euro, die man als Startup vorab aufbringen müsse.

Für viele Startups bedeutet das ein Hindernis. Denn in Deutschland fehle es vor an Wachstumskapital, betont Tech Open Air-Gründer Niko Woischnik. Von großen Geldbeträgen wie im Silicon Valley oder in London können hier viele Gründer nur träumen.

Tech Open Air Berlin 2015 Olivier Amar
Olivier Amar hat sein Startup "MyPermissions" vor knapp einem Monat in Deutschland gelaunchtBild: DW/D. Späth

Andere Länder, andere Unternehmen

Doch auch wenn es einen Berliner Geldsegen gäbe - an ein Silicon Valley Europas glaubt Woischnik trotzdem nicht: "Wir sind völlig anders aufgestellt als der Silicon Valley aufgrund der unterschiedlichen geschichtlichen Entwicklungen. Berlin muss seinen eigenen Charakter wahren". Woischnik glaubt beispielsweise an Unternehmen, die mehr an der Schnittstelle zu Kultur stehen, wie zum Beispiel in der Modeindustrie oder auch im Bereich Internet of Things.

Ob Bier aus den USA oder eine Datenschutz-App aus Israel – die internationale Startup-Szene boomt in Berlin. Die Hauptstadt wird vielleicht nicht das nächste "Silicon Valley" Europas. Doch als "Silicon Allee" - wie Berlin in der Start-up-Szene genannt wird - hat sie sich bereits einen Namen gemacht.