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Silvana Koch-Mehrin: Kluger Blondschopf

Susan Pfahlbusch, SWR22. Mai 2004

Seit zehn Jahren ist die FDP nicht mehr im Europaparlament vertreten. Schmerzlich für eine Partei, die sich seit Jahren besonders Europa-begeistert gibt. Mit Silvana Koch-Mehrin soll jetzt die Wende kommen.

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Spitzenkandidatin der FDP für die EuropawahlBild: presse


Mit Silvana Koch-Mehrin verbinden sich die Hoffnungen der Liberalen, den Sprung zurück aufs europäische Parkett zu schaffen. Mit 92 Prozent der Stimmen wurde die in Brüssel lebende und arbeitende Unternehmensberaterin Anfang des Jahres beim Parteikongress in Saarbrücken auf Platz eins gewählt. Mit den Worten "Ich bin Deutsche, mein Mann ist Ire und unsere Tochter ist in Belgien geboren" hatte sie sich als Idealbesetzung für den Posten angepriesen.

"Power-Frau"

Guido Westerwelle bezeichnete sie als "Power-Frau" und "Gütesiegel" für die FDP. Eine Frauenzeitschrift kürte sie zur "Frau des Jahres", und "Bild Stuttgart" betitelte einen Fernsehauftritt im ARD-Frühstücksfernsehen mit den Worten "Maxi Beine, mini Röckchen". Die 33-Jährige wird oft als "erotisch und sexy" bezeichnet. Es stört sie nicht, dafür setzt sie ihre weibliche Schönheit bewusst ein. Die junge Mutter punktet eher mit ihrer offenen Art und ihrem Lächeln, als mit politischem Schliff. Immerhin hat sie keine bedeutende politische oder parlamentarische Erfahrung vorzuweisen. Die Stationen sind übersichtlich: ein Jahr stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Mitglied des FDP-Bundesvorstands seit 1999, Vorsitzende der Auslands-FDP von 2000 bis 2003. Als Höhepunkt ihrer noch jungen politischen Laufbahn dürfte noch die Ausarbeitung des liberalen Europawahlprogramms gelten.

Fünf-Prozent-Hürde

Ihre parlamentarische Zukunft hängt an der Fünf-Prozent-Hürde. Sollte der promovierten Volkswirtschaftlerin der Sprung ins Parlament gelingen, will sie sich für die strikte Einhaltung des Stabilitätspakts einsetzen. Die Finanzpolitik und Finanzkontrolle sollen Schwerpunkt ihrer Arbeit werden. "Der Zentralismus in Brüssel schadet Europa", argumentiert Koch-Mehrin leidenschaftlich. Dort würde "absurd und unverantwortlich deutsches Steuergeld ausgegeben". Europa müsse sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Dazu zählen für sie eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Fragen zu Einwanderung und Asyl. Außerdem plädiert sie dafür, dass in allen Mitgliedsstaaten der Union Volksentscheide über die neue europäische Verfassung initiiert werden sollen.

Ihrer Ansicht nach unsinnigen EU-Vorschriften hingegen hat sie den Kampf angesagt. Sie hält nichts von Werbe- und Rauchverboten sowie der Vorgabe, dass es europaweit "Landesseilbahngesetze" geben muss. Nach der Wahl, so ihr Versprechen, will sie mit der Bürokratie in Brüssel aufräumen. Dazu nahm Koch-Mehrin schon mal den Besen in die Hand und fegte Anfang Mai einen symbolischen Paragraphenberg aus Papier auf dem Gehsteig des Berliner Thomas-Dehler-Hauses zusammen.

"Geschäft läuft gut"

Im Beruf hingegen soll alles so bleiben wie bisher: Die selbstständige Unternehmensberaterin für Strategieplanung und Europaberatung will auch als Abgeordnete nicht auf Lobby-Aufträge aus der Wirtschaft verzichten. Nicht verwunderlich, das "Geschäft läuft gut" verkündete die Karrierefrau Anfang Mai in einer SMS-Botschaft auf ihrer Website "silvana.2004". Schließlich ist es ihr Job, deutsche Firmen durch den Brüsseler Bürokratiedschungel zu lotsen.