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Simbabwe:<br> Tarnung mit Touristenvisum

Andreas Noll16. Juni 2003

In der internationalen Politik wird er inzwischen behandelt wie ein Aussätziger: Simbabwes Robert Mugabe. Journalisten, die über die Zustände in dem Land berichten wollen, müssen dies verdeckt tun.

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Robert Mugabe: Gesetze gegen unabhängige MedienBild: AP

In Simbabwe sind die Arbeitsbedingungen für unabhängige Medien derart katastophal, dass sich die dort tätigen Journalisten schon über kleine Verbesserungen freuen können. Die Tageszeitung Daily News hat im Frühjahr eine solche Verbesserung auf dem Gerichtsweg erstritten.

Geklagt hatte das Blatt gegen einen Paragrafen des neuen Mediengesetzes, nach dem der Staat jeden Journalisten für eine von ihm verbreitete Fehlinformation haftbar machen konnte. Das höchste Gericht Simbabwes erklärte die entsprechende Regelung für nichtig, weil das Gesetz nicht zwischen der bewussten Verbreitung von Falschinformationen und der unbewussten durch Fehlinformation unterschied. Zwei Journalisten der Zeitung waren aufgrund dieses Gesetzes angeklagt worden, da sie eine Meldung über die angebliche Enthauptung eines Oppositionsanhängers verbreitet hatten. Zwei Jahre Gefängnis hätten ihnen gedroht.

Bei Telefon- und Internetverbindungen lauscht der Staat

Neben den Reportern steht auch die eigene Bevölkerung unter ständiger Beobachtung. Zwar gehört Simbabwe mit rund 500.000 Internet-Nutzern und zahlreichen Internet-Cafés zu den größten afrikanischen Internet-Staaten, doch zwangloses Surfen gibt es nicht. Die Behörden haben das Recht und die technischen Fähigkeiten, den E-Mail- und Telefonverkehr jederzeit mitzuschneiden. Zudem sind Internet Service Provider verpflichtet, den Behörden auf Verlangen Informationen über Nutzer zur Verfügung zu stellen und Polizei und Geheimdiensten Zugang zu ihrer Hardware zu gewähren.

Wirtschaft vor dem Ruin

Simbabwe gehört mit den kurz vor der umstrittenen Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr erlassenen Mediengesetzen zu den Staaten, die mit größter Härte eine unabhängige Presse zu verhindern suchen - auf Kosten des eigenen Ansehens in der Welt. Spätestens seit der letzten Wahl und der Enteignung weißer Landbesitzer ist das Land politisch und wirtschaftlich isoliert. Mit einer Inflation von geschätzten 270 Prozent, einem akuten Nahrungsmittel- und Medikamentennotstand steht es vor dem wirtschaftlichen Ruin. Die USA und die Europäische Union versuchen seit Monaten durch Sanktionen dem korrupten Regime von Staatspräsident Robert Mugabe die Luft ganz abzuschnüren, was Mugabe bislang jedoch in seinem harten Kurs zu bestätigen scheint. Vor allem für Journalisten ist der einstige Hoffnungsstaat ein unberechenbares Pflaster geworden.

Verhaftungswelle gegen Journalisten

Bei den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr mussten dies viele Journalisten erfahren, als sie gar nicht erst zur Wahlberichterstattung zugelassen wurden. Die Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ spricht von einer zunehmenden Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Berichterstatter. Die Verantwortlichen handelten willkürlich, und Simbabwe sei im Hinblick auf die Pressefreiheit eines der repressivsten Länder der Welt, heißt es aus der Zentrale der Organisation in Paris. Das Media Institute of Southern Africa berichtet von regelmäßigen Verhaftungswellen gegen Journalisten - aus fadenscheinigen Gründen. Mit gewaltsamen Methoden wird nach Informationen der „Reporter ohne Grenzen“ Druck auf Medien ausgeübt, die nicht der Regierungslinie entsprechen. Die Daily News in Bulawayo wurde insgesamt viermal Ziel von Bombenanschlägen. Dass die Regierung diese Anschläge geplant hat, ist nicht erwiesen. Wahrscheinlich ist aber, dass die Täter zum Unterstützerkreis Mugabes gehören.

Reporter als Touristen verkleidet

Im vergangenen Jahr sind auch mehrere BBC-Journalisten des Landes verwiesen worden, ohne dass man ihnen konkrete Verfehlungen nachweisen konnte. Die Arbeitsbedingungen für die verbliebenen Reporter sind schwer erträglich. Weil das Regime zu viel Druck auf die Reporter ausgeübt hat, sind einige westliche Medien dazu übergegangen, ihre Berichterstatter als Touristen einreisen zu lassen, um überhaupt unabhängige Informationen zu kommen. Eine gefährliche Praxis, da der Informationsminister den Undercover-Journalisten bereits mit langjährigen Gefängnisstrafen gedroht hat. Simbabwe verfügt über einen gut organisierten Geheimdienst, der überall im Land Spitzel hat. Einige offizielle Medienvertreter von Nachrichtenagenturen wie Reuters und AFP wurden vom Informationsministerium auf eine Liste der „Unterstützer des Terrorismus“ gesetzt. Im Gegensatz zu den Regimekritikern in der Bevölkerung Simbabwes, die nach Informationen von Amnesty International mit Elektroschocks gefoltert werden, sind bislang keine körperlichen Übergriffe auf ausländische Journalisten bekannt geworden.