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Psychopathische Manager

Die Fragen stellte Cristina Papaleo13. Oktober 2007

Sie gehen über Leichen, um erfolgreich zu sein. Knallhart, unbarmherzig und darauf bedacht ihr Ego zu befriedigen. Muss man ein Psychopath sein, um Erfolg zu haben? Ein Gespräch mit dem Psychiater Gerhard Dammann.

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Manager mit einem Laptop, Sonnenbrille und Zigarette in der Hand (Quelle: Bilderbox)
Erfolg durch Narzissmus?Bild: bilderbox

DW-WORLD.DE: Wie erklärt es sich, dass im Management narzisstische Persönlichkeiten erfolgreicher sind als andere?

Gerhard Dammann (Quelle: Dammann)
Gerhard DammannBild: Dammann

Gerhard Dammann: Es ist nicht generell so, dass Manager mit stärker narzisstischen Zügen erfolgreicher sind. Es gibt Konstellationen - etwa eine erhebliche Krise eines Unternehmens -, wo die "Vorteile", die der Narzissmus manchmal mit sich bringt, wie zum Beispiel Mut oder das Durchsetzen einer Vision, von größerer Bedeutung sind. In meinem Buch zeige ich vor allem auch, dass es sich um einen Selektionsprozess handelt. Das heißt: Stärker narzisstische Menschen, mit ihrem Wunsch nach Anerkennung oder Bewunderung, suchen eher den Weg nach oben in der Karriere.

Gibt es die Möglichkeit, strenge und effiziente Persönlichkeitstests durchzuführen, bevor man einen Manager engagiert? Wenn nicht, warum?

Ja, diese Möglichkeit gibt es und wird in so genannten Assessments auch schon durchgeführt. Ich plädiere allerdings dafür, neben Ressourcen, Leistungsfähigkeit und ähnlichem in Zukunft vermehrt auf mögliche Pathologien zu achten. Dies geschieht heute noch zu wenig.

Sind die vielfältigen Folgen eines solchen Führungsstils auf Dauer nicht verheerend für ein Unternehmen?


Insbesondere bei den schweren pathologischen Formen von Narzissmus, die man auch als destruktiven oder malignen Narzissmus bezeichnet, haben Sie vollkommen recht. Hier kann das Agieren und Missmanagement eines einzigen Top-Managers in der Tat verheerende Folgen auslösen.

Wieso werden Mitarbeiter mit menschlichen Qualitäten als Karrieremacher fast nie ernst genommen? Muss man beweisen, dass man "böse" oder ein Intrigant ist, um beruflich weiterzukommen?

Diese Frage ist sehr weitreichend. Natürlich muss ein Chef auch manchmal unangenehme, aber wirtschaftlich notwendige Maßnahmen vertreten und durchsetzen. Aber es ist richtig, dass vielleicht "weibliche Eigenschaften", die natürlich auch Männer haben können, wie Teamarbeit, fürsorglichere Kommunikation, teilweise eher als "Führungsschwäche" gewertet wird. Allerdings ändert sich da gerade etwas. Man muss aber auch sehen, dass Mitarbeitende selbst oft das Bedürfnis nach einer strengen "väterlichen" Hand haben und somit zu dem Entscheidungsgefälle beitragen.

Was denken Sie, kann man tun, um die Arbeitswelt im Sinne Ihres Buches zu verbessern?

Bei der Rekrutierung sollten Auswahlkomitees auf dieses mögliche Problem achten. Der Aspekt der "Corporate Governance" (ethische und rechtliche Maßstäbe in Unternehmen) sollte gestärkt werden. Das Coaching sollte weniger ein reines Vorhalten eines Spiegels sein, was jedoch Mut vom Coach erfordert, der vom Management bezahlt wird. Schließlich sind Führungskräfte aufgefordert mehr über sich und ihren Führungsstil zu reflektieren: Wo habe ich Stärken und wo liegen meine Schwächen? Eine offenere Kritik-Kultur wäre wünschenswert, ist aber noch Zukunftsmusik.

Gerhard Dammann ist Spitaldirektor/Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen (Schweiz). Er schrieb das Buch "Narzissten, Egomanen, Psychopathen in der Führungsetage. Fallbeispiele und Lösungswege für ein wirksames Management", das im September 2007 im Haupt Verlag, Bern, erschienen ist.