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Spitzenleistungen ohne Doping?

Benjamin Wüst1. Dezember 2008

Achtmal Gold – Michael Phelps war der Star der Spiele in Peking. Rasendschnell war auch Usain Bolt. Der Sprinter holte dreimal Gold. Das Problem: Das Duo war so gut, dass vielen sofort ein Gedanke kam – Doping.

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Immer das gleiche Bild bei den Spielen in Peking: Michael Phelps mit einer Goldmedaille um den HalsBild: AP

Es waren nicht einfach "nur" acht Goldmedaillen, sondern davon siebenmal Gold in neuer Weltrekordzeit. Keine Frage: Schwimmstar Michael Phelps war der Sportler der Olympischen Spiele in Peking. Der Amerikaner wirkte im Schwimmbecken wie ein Außerirdischer – einfach unschlagbar. Genauso souverän war Usain Bolt auf den Laufstrecken. Der Blitz aus Jamaika rannte allen davon und holte dreimal olympisches Gold. Doch viele Sportfans wollten die Siege nicht so recht genießen und zweifelten: Geht da wirklich alles mit rechten Dingen zu?

Usain Bolt aus Jamaika gewinnt Goldmedaille 100 Meter
Spitzenleistungen am Fließband: Sprinter Usain BoltBild: AP

"Ich meine derjenige, der da nicht skeptisch wird, wäre vielleicht auch ein bisschen blauäugig. Auf der anderen Seite kann es auch nicht sein, dass man jede gute Leistung direkt in den Geruch des Dopings rückt. Ich glaube man muss auch noch andere Gründe suchen, warum Spitzenleistungen letztlich hervorgebracht werden," sagt Professor Joachim Mester, der das Institut für Trainingswissenschaften der Sporthochschule in Köln leitet.

Gefühlt wird nur noch gedopt

Sind Spitzenleistungen im Sport, immer neue Weltrekorde, überhaupt noch ohne Doping möglich? "Grundsätzlich ja, in einzelnen Fällen. Außergewöhnliche Talente gibt es immer. Es ist natürlich immer die Frage, wann tritt das Misstrauen ein. Wenn zum Beispiel eine gesamte Nation einen Leistungssprung vollzieht, der nicht wirklich erklärbar ist, sind Zweifel angebracht," meint Marc Huster. Der ehemalige Leichtschwergewichtler im Gewichtheben hatte oft Zweifel, ob seine Konkurrenten wirklich sauber sind. Viele sind es offenbar nicht. Gleich elf von 14 griechischen Gewichthebern wurden noch vor den Spielen in Peking des Dopings überführt.

Klaus Müller, Leiter des WADA-akkreditierten Doping-Analytik Labors Dresden
Dopingjäger: Klaus MüllerBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Jeder Dopingfall, eine Schlagzeile. Gefühlt wird nur noch gedopt. Aber ist es wirklich mehr geworden? Professor Klaus Müller, Vorstandsmitglied der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA): "Die gestiegene Effektivität und Effizienz der Kontrollen zeigt eigentlich, dass das Problem nicht explodiert." Es ist also nur ein Gefühl, dass mehr gedopt wird als je zuvor. Es gibt mehr Tests denn je, die Verfahren wurden stark verbessert und es geht immer mehr schwarzen Schafen an den Kragen.

Eine positive Entwicklung, findet auch der neue Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Sporthilfe, Werner Eduard Klatten. "Ich kann dazu nur sagen, dass ich der festen Überzeugung bin: Heute wird weniger gedopt als früher. Der technologische Vorsprung des Dopenden gegenüber dem Entdecker ist geringer geworden."

Der Anti-Doping-Führerschein soll helfen

Nichtsdestotrotz: Mit jedem Dopingfall leidet das Ansehen des Sports, auch wenn jeder ertappte Betrüger zugleich ein Erfolg für die Dopingjäger ist. Das Misstrauen bei Spitzenleistungen hat in Sportarten, wie beispielsweise dem Radsport, enorm zugenommen. Immer häufiger werden Weltklasseleistungen hinterfragt. Immer weniger kann sich der Fan einfach nur herzlich mit dem Sieger freuen.

Joachim Mester, Trainingswissenschaftler der Deutschen Sporthochschule
Trainingswissenschaftler: Joachim MesterBild: picture-alliance/ dpa

"Ich glaube das Spitzenleistung ohne unterstützende Mittel, ohne Doping, möglich ist. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es geht. Wir haben es einfach noch nicht geschafft, in einem hochentwickelten Staat wie dem unseren die vielen Möglichkeiten die wir haben so zusammenzulegen, dass Spitzenleistung und Spitzentalent wirklich vernünftig unterstützt wird," ist sich Professor Mester sicher. Der Trainingswissenschaftler sieht die Dopinganfälligkeit der deutschen Sportler in den ersten Trainingsjahren begründet. Dort werde vieles falsch gemacht und später, um international Anschluss halten zu können, greifen die Sportler dann manchmal zu verbotenen Substanzen. Falsche, überholte Trainingslehre, oft schlichtes Unwissen kann Doping direkt oder indirekt nach sich ziehen, so Mester.

Professor Dietmar Mieth, Theologe und Ethiker an der Universität Tübingen, macht sich für eine bessere Aufklärung stark. Mieth: "Wie wäre es denn mit einem Anti-Doping-Führerschein. Ein Multiple-Choice zur Aufnahme in den Kader für die Athleten, für den Trainerstab, für die Therapeuten und vielleicht sogar ein Multiple-Choice für das Funktionärswesen." Vorstellbar wäre ein solcher Anti-Doping-Führerschein. Um ihn zu erhalten müssten Sportler und Betreuer dann beispielsweise lernen, was für Medikamente genommen werden dürfen und welche auf dem NADA-Index stehen. Dann fiele zumindest die Ausrede weg: "Ich wusste ja nicht, dass dieses Mittel verboten war".

Verdächtige mit Nichtbeachtung strafen

Spitzenleistungen im Sport waren und sind ohne Doping möglich, dennoch ist die Versuchung zu betrügen für viele sehr groß. Gerade in Nationen in denen es keine eigene Anti-Doping-Agentur gibt, beispielsweise auf Jamaika, ist eine Kontrolle der Sportler so gut wie unmöglich. NADA-Mitglied Klaus Müller sieht kurzfristig nur einen Ausweg: "Wir müssen einfach erreichen, dass in Zukunft Sportarten, Sportler und Nationen, die zu großen Wettbewerben kommen und im Vorfeld nicht an einer entsprechenden Kontrolle in der Vorbereitung teilgenommen haben, nicht mehr ernst genommen werden. Das ist meines Erachtens der einzige Weg".