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Eine Sitekritik

7. April 2009

Eines haben sie alle gemeinsam: Zum bevorstehenden Wahlkampf haben die Parteien die Gestaltung ihrer Onlineauftritte radikal vereinfacht. Richtig überzeugen aber können sie damit nicht, meint Zacharias Zacharakis.

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Symbolbild, Die Internetpräsenz der deutschen Parteien (DW-Grafik: Per Sander)
Die Qual der Wahl im Netz: Online-Auftritte der ParteienBild: DW-Montage/picture-alliance/maxppp

CDU.DE - Echtes Leben, dröge Botschaften

Wer die neue Internetpräsenz der CDU aufruft, dem fällt gezwungenermaßen auf, dass die Seite etwas mehr Zeit als üblich benötigt, bis auf alle Elemente zugegriffen werden kann. Das große Nachrichtenfenster mit aktuellen Meldungen und Features in der Mitte ist umstellt von sechs kleinen Feldern. Die wichtigsten beiden Links leiten weiter zum Videokanal der Christdemokraten auf Youtube und zu dem eigenen sozialen Netzwerk "TeAM Deutschland". Hierbei steht die Großschreibung für die Initialen der Bundeskanzlerin, was nicht jeder auf Anhieb registrieren dürfte.

Die Startseite besticht durch ihre Klarheit und Übersichtlichkeit. Klickt sich der Leser allerdings weiter auf die einzelnen Meldungen, landet er auf einer recht nüchternen Seite mit dem gewünschten Artikel. Auf ihrem Videoportal bieten die Christdemokraten bisher etwa 70 Clips an. Im Vergleich zu den kleineren Parteien wie der FDP und den Grünen sind sie damit videomäßig deutlich unterrepräsentiert. Zudem lässt sich über Qualität und Aussage der Filmchen streiten. Meist geht es in kurzen Reportagen um die doch eher dröge Arbeit einzelner Ortsverbände und Untergruppen der Partei. Den Eindruck kann auch die jugendliche Musik nicht aufpeppen.

SPD.DE - Wenig Kreativität und Witz

Die neue Online-Seite der SPD funktioniert nach einem ähnlichem Konzept wie die der CDU: Großes Foto zum Einstieg, darum platziert kleinere Häppchen als Links zu weiteren Bereichen der Seite. Auch die Sozialdemokraten setzen mit "meineSPD.net" auf ein eigenes soziales Netzwerk, verlinken aber deutlicher als die CDU auf die Parteipräsenzen bei Facebook, Youtube, Flickr und Twitter.

Neben der ebenfalls sehr klar und zeitgemäß gegliederten Startseite, legen die Sozialdemokraten viel Wert auf ein starkes Angebot bei Youtube. Dort sind sie mit knapp 70 Clips fast ebenso häufig wie die CDU vertreten. Allerdings setzt die SPD auf eine kostengünstigere filmische Umsetzung: Die Videos sind eine Mischung aus bewegten Bildern und statischen Fotografien, die mit Musik und Reden unterlegt sind. In Zwischensequenzen fassen die Spitzenkandidaten ihre zentralen Botschaften zusammen. Das Ganze ähnelt stark einer dokumentarischen Form von Wahlwerbung und bietet wenig Kreativität und Witz.

FDP.DE - Neckisches Duo mit peinlichen Momenten

Das "Portal Liberal" der FDP gibt sich im Vergleich zur Konkurrenz eher unzeitgemäß zugeknöpft. Es ähnelt mit seiner kleinteiligen Aufmachung mehr einer Nachrichten- als einer Parteienseite. Dennoch verweisen auch die Liberalen auf ihr Netzwerk "myFDP.de" und ihre Youtube-Präsenz.

Im Videoportal erlebt der Besucher dann ein anderes Bild der Partei. Die beiden prominenten Bundestags-Abgeordneten und Finanzpolitiker Hermann Otto Solms und Otto Fricke treten in einem Videoblog als neckisches Duo auf, das aktuelle Themen aus der Tagespolitik mehr oder minder kontrovers diskutiert. Mittlerweile gibt es mehr als zehn Folgen davon. Abgesehen von einigen eher peinlichen Momenten, in denen sich die beiden als Laienschauspieler versuchen, ist dies immerhin ein unterhaltsames Element der Parteienwerbung und die beiden Politiker kommen den Wählern als Menschen etwas näher.

GRUENE.DE - Schmuddelwetter und Pappbomben

Die neue Internetseite der Grünen könnte man auf den ersten Blick als Boulevardzeitung für Ökologen halten. Große bunte Buchstaben springen dem Betrachter sofort ins Auge. Wer sich auf diesen Stil einlässt, wird schnell und einfach zum gewünschten Ziel geleitet. Am Kopf der Seite läuft ein Banner mit aktuellen Nachrichten und Videobeiträgen. Die neuesten Twitter-Meldungen von Parteispitzen und -anhängern tauchen in einem gesonderten Fenster auf der Startseite auf. Links zu Facebook und Youtube gehören auch hier zum Standardrepertoire.

Ebenso wie die FDP versuchen die Grünen auf dem Videoportal mehr als nur langweilige Mitschnitte von Parteitagsreden anzubieten. Mithin kann dies aber auch groteske Züge annehmen. Interessierte Zuschauer können etwa Spitzenkandidatin Claudia Roth dabei zusehen, wie sie bei Schmuddelwetter vor der Berliner Parteizentrale eine Straßenwalze befehligt, über ein Pappmodell einer Atombombe zu rollen. Die Botschaft dabei lautet: Die Grünen wollen abrüsten - eine aufwändige Aktion mit eher magerem Ergebnis.

DIE-LINKE.DE - Monologe in Frontalaufnahme

Der Online-Auftritt der Linken erinnert wegen seiner eher einfachen und linearen Gliederung an einen Blog. Oben steht immer der aktuellste Beitrag, die älteren Stücke wandern nach und nach die Seite hinunter. Obgleich der Onlineauftritt mit keinen wirklichen Überraschungen oder Hinguckern aufwartet, ist doch alles recht klar geordnet und leicht auffindbar. In der linken Seitenspalte neben den Haupttexten können sich die Besucher zu den Netzwerk- und Videoportalen durchklicken.

In ihren Videoauftritten sind die Linken nun wirklich nicht der Zukunft zugewandt. Vor einem seichtblauen Hintergrund geben Abgeordnete und Parteispitzen in Frontalaufnahme nüchterne Monologe zum Wahlprogramm und den politischen Zielen der Partei ab. Das ist zwar immerhin informativ, aber gerade das junge Publikum im Internet dürfte diese Darbietungsform schnell abschrecken.

Autor: Zacharias Zacharakis

Redaktion: Kay-Alexander Scholz