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Skandal um Äußerungen eines ungarischen Politikers

8. Januar 2004

– Neue Spannungen zwischen Ungarn und Rumänien

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Budapest, 8.1.2004, PESTER LLOYD, deutsch

Zu neuen Spannungen zwischen Rumänien und Ungarn sowie einem heftigen innenpolitischen Schlagabtausch führten die Äußerungen eines führenden Politikers der oppositionellen Fidesz (Bund Junger Demokraten – MD)-Bürgerallianz.

László Kövér, Vorsitzender des Parteiausschusses, sprach kurz vor Weihnachten bei der Gründungskonferenz des Ungarischen Nationalrats Siebenbürgens. Deklariertes Ziel der neuen Organisation ist, Autonomie für die ungarische Minderheit in Rumänien zu erlangen. Kövér, der als einer der maßgebenden Politiker des Fidesz und enger Mitarbeiter des Parteivorsitzenden Viktor Orbán gilt, sagte dort wörtlich: "Die Ungarn ertragen seit über 80 Jahren die Erniedrigungen und ständigen Attacken gegen ihre nationale Existenz und haben stets nur mit friedlichen, verfassungsmäßigen Mitteln für ihre elementaren menschlichen Rechte gekämpft. Wir sehen jedoch, dass diejenigen, die sich nicht scheuten, zu Waffen und Gewalt zu greifen, binnen viel, viel kürzerer Zeit viel mehr erreichen konnten als wir. War es das also wert?" Kövér sprach daneben auch darüber, dass die Aufteilung Ungarns 1920 eine Folge der 150-jährigen türkischen Besatzung war, während dieser anstelle der ausgerotteten Ungarn andere Nationalitäten das Land besiedelten. "Und heute sehen wir in den Ländern Westeuropas, wie millionenstarke moslemische Minderheiten ihre Enklaven ausbauen und sich nicht dem Rahmen der europäischen Zivilisation anpassen", so Kövér, der auch sagte, dass Westeuropa "die Wohlhabenden mit offenen Armen empfängt, deren Vermögen mit dem Blut von Millionen Russen und Nicht-Russen beschmutzt ist."

Seine Äußerungen führten zu Protesten und Drohungen seitens der rumänischen Regierung. Außenminister Adrian Nastase sagte, dass Personen, die öffentlich eine Autonomie auf ethnischer Basis in Rumänien unterstützen, zu unerwünschten Personen deklariert würden.

Der ungarische Außenminister László Kovács meinte, dass sich die Aufstellung einer neuen Organisation der rumänischen Ungarn als Schicksalsschlag erweisen könnte, infolgedessen die Minderheit ihre parlamentarische Vertretung bei den Wahlen 2004 verlieren könnte. Kövérs Äußerungen bezeichnete er als einen schweren, fast irreparablen Fehler. Die ungarische Regierung unterstütze die Autonomiebestrebungen, doch sollte man nicht vergessen, dass diese europaweit als Ergebnis der Verhandlungen mit den zuständigen Regierungen entstanden.

Fidesz-Vorsitzender Viktor Orbán traf (noch vor den Äußerungen Kövérs) mit dem kalvinistischen Bischof und Vorsitzenden des neuen Nationalrats Siebenbürgens, László Tökés, zusammen und lobte dessen Initiative. Orbán zufolge habe es seit Jahren keine so gute Möglichkeit für die Verwirklichung der Autonomie gegeben wie jetzt durch die EU. Als Muster zitierte er die Autonomie der Südtiroler und der Schweden in Finnland. (fp)