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Entrüstung in Italien: Steuererklärungen online gestellt

1. Mai 2008

Kampf gegen die Steuerhinterziehung: In Italien hat die Veröffentlichung alter Steuererklärungen im Internet großen Wirbel ausgelöst. Viele Bürger wurden neugierig und legten den Behörden-Server lahm.

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Der abgewählte italienische Ministerpräsident Romano Prodi (Quelle: AP)
War seine Regierung treibende Kraft? Abgewählter Regierungschef ProdiBild: AP

Italien ist um einen Skandal reicher: Die Steuerbehörde in Rom hat alte Steuererklärungen italienischer Bürger im Internet veröffentlicht. Mit der Publikation der Erklärungen aus dem Jahr 2005 wollte die Behörde angeblich für mehr Transparenz sorgen, berichtete die Nachrichtenagentur ANSA. Mit anderen Worten: Die Aktion zielte auf Steuerhinterziehung – in Italien bekanntlich ein beliebter "Volkssport".

Zunächst sorgte die Behörde damit aber vor allem für viel Wirbel. Denn die Kunde von der Online-Enthüllung fachte die Neugier der Italiener an: Wer wüsste nicht gerne, was der Nachbar gegenüber dem Finanzamt angegeben hat - oder ein Kollege oder eine Promi? Kein Wunder, dass die Steuerdatenbank unter dem Ansturm der wissbegierigen Internet-Nutzer rasch kollabierte.

"Seltsames Vorgehen"

Kopfschütteln löste die Aktion bei der italienischen Datenschutzbehörde aus: Sie verurteilte die Veröffentlichung privater Informationen prompt und verlangte nach einer Dringlichkeitssitzung, um die brisante Web-Seite www.agenziaentrate.gov.it zu sperren. Das zuständige Ministerium kam dem Ansinnen prompt nach.

Die Partei von Silvio Berlusconi reagierte empört(Quelle: AP)
Die Partei von Silvio Berlusconi reagierte empörtBild: AP

Auch einige Politiker reagierten empört auf die Veröffentlichung, hinter der sie die kürzlich abgewählte Mitte-Links-Regierung sehen. Der konservative Politiker Guido Crosetto, Mitglied der Berlusconi-Partei, sagte mit Blick auf die anstehende Machtübergabe: "Das ist schon ein sehr seltsames Vorgehen am letzten Tag vor dem Abtreten." Allerdings haben sich sowohl der abgewählte Ministerpräsident Romano Prodi als auch der designierte Nachfolger Silvio Berlusconi den Kampf gegen die Steuerhinterziehung auf die Fahnen geschrieben, um die Löcher im Staatshaushalt zu stopfen.

Kritik und Zuspruch

Der für Steuern zuständige Minister im Kabinett Prodi, Vincenzo Visco, verteidigte die Maßnahme der Steuerbehörde. Die Web-Seite mit den Daten hätte eigentlich schon im Januar online gehen sollen. Die Veröffentlichung sei jedoch wegen des Wahlkampfs für die Parlamentswahlen am 13. und 14. April verschoben worden, sagte Visco, der von seinen Widersachern häufig "Dracula" genannt wird, der Zeitung "Corriere della Sera".

Dagegen sind sich Verbraucherschützer in Italien bei der Bewertung der Veröffentlichung uneins: Während einige den "Akt demokratischer Transparenz" begrüßten, kritisierten andere die Web-Seite als "schändliches Denunzierungsinstrument". Die Verbraucherschutzorganisation ADOC monierte, das Online-Stellen der Steuerdaten sei auf jeden Fall illegal, da die Formulare mit den Steuererklärungen der Bürger keine Einverständniserklärungen mit einer Veröffentlichung der Daten enthielten. (kle)

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