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Skilanglaufen liegt wieder im Trend

1. Februar 2012

Kaum eine Sportart trainiert den Körper so umfassend wie der Skilanglauf. Das Dahingleiten in winterlicher Landschaft erfreut sich wieder zunehmender Beliebtheit. Langlaufkurse boomen - so auch in Ramsau am Dachstein.

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Ski-Volkslauf in Ramsau am Dachstein/Österreich (Foto: Tourismusverband Ramsau)
Bild: Tourismusverband Ramsau

"Eigentlich jeder, der gehen kann, kann auch Skilanglaufen", versichert Günter Perhab den Teilnehmern des Kurses "Langlaufen lernen in sechs Stunden" im österreichischen Ramsau. "Es gibt Bessere, die schaffen es in zwei, andere schaffen es in vier Stunden", erklärt der Skilehrer im Langlaufstadion der Alpengemeinde. "Aber man kann auch sagen: In maximal sechs Stunden ist man durch."

Gut zehn Anfänger lauschen aufmerksam den Worten des 48-Jährigen vor der imposanten Kulisse des höchsten Berges der Steiermark, dem Dachstein (2996 m), und hoffen darauf, am Ende des Tages auf ihren beiden schmalen Brettern sicher über die Loipen gleiten zu können. "Es kommen viele vom alpinen Skisport, auch weil die Leute bewusster leben und figurbewusster sind. Vielen wird das alpine Skifahren mittlerweile auch zu teuer", erläutert Perhab die Vorzüge der nordischen Winterportart, die vor allem aus Fitnessgründen wieder voll im Trend liegt.

Skilehrer Günter Perhab (r.), Ramsau am Dachstein/Österreich (Foto: DW)
Skilehrer Günter Perhab (r.)Bild: DW/Arnulf Boettcher

So gilt Skilanglauf als wahrer Fettverbrenner. Bis zu 600 Muskeln und somit 90 Prozent aller Muskeln werden bei sportlicher Ausübung beansprucht. Positiv wirkt sich Langlaufen zudem auf das Herz-Kreislaufsystem aus. Und auch die Gelenke werden schonender beansprucht als in vielen anderen Sportarten. Daneben werden Gleichgewicht und Koordination geschult. "Die Bewegung ist mit Nordic Walking gleichzusetzen, nur dass ich da nicht diese Gleitphasen habe wie beim Langlaufski", sagt Perhab.

Langlauf auf 220 Kilometer Loipen

Los geht es mit Gleichgewichtsübungen. "Wir laufen zunächst ohne Stöcke, das fördert den Beinabdruck - und dann natürlich mit Stöcken, denn die Arm-Bein-Kombination ist ganz wichtig", betont der Skilehrer. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt im klassischen Bereich in gespurten Loipen, aber auch die Skating-Technik kommt nicht zu kurz. Wichtig sei es, sich vorher aufzuwärmen, "damit man nicht ganz steif auf die Skier steigt, weil die Unfallgefahr dann relativ hoch ist."

Wer keine eigenen Skier mitgebracht hat, kann sich die Ausrüstung leihen und darf diese den ganzen Tag über nutzen. Der Kurs in der Gruppe kostet derzeit 36 Euro, mit Ausrüstung 48 Euro. Es gibt aber auch Privatstunden. Für eine funktionelle Kleidung müssen die Sportler selbst sorgen. Gut sei das Zwiebelprinzip, erklärt Perhab, "so dass man drei bis vier Schichten anhat und immer eine ausziehen kann."

Langlaufstadion in Ramsau am Dachstein/Österreich (Foto: DW)
Das Langlaufstation: Ausgangspunkt für viele TourenBild: DW/Arnulf Boettcher

Auf die Absolventen des Kurses wartet am Schauplatz der Nordischen Ski-WM von 1999 ein umfangreiches Loipenetz. Die klassischen Loipen umfassen 150 Kilometer, 70 weitere Kilometer sind Skatern vorbehalten. "Man muss nicht in ein Tal hinein und wieder zurücklaufen", so Perhab, "sondern man kann immer Runden laufen und hat gemütliche Einkehrpunkte wie die Almen, die Schutzhütten, die Bauernstuben."

"Weltcups in Städten sind unausweichlich"

Ramsau besticht durch seine Plateaulage im alpinen Gebiet und ist ein Ganzjahresskigebiet. Vor allem Hochleistungssportler schätzen die Region (1100 - 2700 m) in der Saisonvorbereitung. "Unser Trumpf-Ass ist der Dachsteingletscher. Oben sind 15 bis 20 Kilometer gespurte Loipen", sagt Alois Stadlober. "Und unten haben wir Roller- und Laufstrecken, einen Schießplatz für Biathlon, eine Turnhalle sowie einen Kraftraum, also alles, was Langlaufsportler benötigen."

Stadlober war über viele Jahre bester Skilangläufer Österreichs und gewann bei den Weltmeisterschaften 1999 in Ramsau Staffel-Gold und Silber über 10 Kilometer im klassischen Stil. Heute koordiniert er den nordischen Sport in der Steiermark. Mit etwas Glück trifft man den 49-Jährigen im Langlaufstadion, wenn er eigene Runden dreht oder auch schon mal Unterricht gibt.

Alois Stadlober, Nordischer Skikoordinator Steiermark, Ramsau am Dachstein/Österreich (Foto: DW)
Ex-Weltmeister Alois StadloberBild: DW/Arnulf Boettcher

Stadlober freut sich über die boomende Entwicklung seiner Sportart, die lange Zeit mit einem angestaubten Image zu kämpfen hatte. "Das hängt natürlich auch von den Erfolgen ab. Die Deutschen etwa sind sehr erfolgreich mit Tobias Angerer und Axel Teichmann. Die waren Weltcupgesamtsieger." Vor allem begrüßt Stadlober die Ende 2006 eingeführte Tour de Ski: "Die Wettkampfserie ist spannend und bietet kurze und lange Rennen, Sprints sowie den Einzel- und Massenstart." Der frühere Weltmeister schränkt aber auch ein: "Es ist so brutal schwierig. Bist du im Weltcup oder bei Großveranstaltungen nur Fünfter, Sechster oder Siebter, dann wird halt kaum in den Medien berichtet. Dann leidet das Ganze schon darunter."

Den Trend, mit dem Weltcup in große Städte wie Düsseldorf oder Mailand zu gehen, hält Stadlober für unausweichlich. "Der Langlauf muss immer in der freien Natur stattfinden. Aber die Alpinen und die Biathleten machen es auch: Alle Sportarten versuchen, in die Stadt zu gehen. Man muss dort hingehen, wo Menschenmassen sind und man sie begeistern kann."

Wenn die Magennerven beißen

Winter in Ramsau am Dachstein/Österreich (Foto: Tourismusverband Ramsau)
"Sorgen des Alltags vergessen"Bild: Tourismusverband Ramsau

Begeistert äußert sich Stadlober über "diese angenehme Müdigkeit" im Körper nach einem Skilanglauf in freier Natur. "Wenn man sich bewegt und schwitzt, wenn die Magennerven zu beißen anfangen und der Körper nach Hunger schreit, ist dieses Gefühl einfach unbeschreiblich."

Inmitten der Bergwelt könne man beim Skilanglauf auch Sorgen des Alltags schnell hinter sich lassen. "Wie oft läuft man mit Problemen los. Wenn man aber zurückkommt und die Skier abschnallt, dann spürt man: Hoppla, da ist gar kein Problem mehr", versichert Stadlober. "Man ist nach dem Laufen auch wieder kreativ, weil alles besser durchblutet wird, nicht nur die Muskulatur, auch der Kopf."

Das gilt sicherlich auch für die Teilnehmer des Kurses "Langlaufen lernen in sechs Stunden". Skilehrer Günter Perhab jedenfalls hat nicht zu viel versprochen: Alle Anfänger bewegen sich am Ende recht sicher auf ihren dünnen Skiern. Auch Stürze kommen fast gar nicht mehr vor, und selbst wenn: Das richtige Aufstehen gehörte mit zum Programm. "Es war ein großer Spaß", meint Claudia aus Stuttgart. "Skilanglaufen gehört ab sofort zu meinen bevorzugten Sportarten!"

Autor: Arnulf Boettcher
Redaktion: Stefan Nestler