1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Slowakei: Neuer Premier Fico stellt sein Regierungsprogramm vor

3. August 2006

Der neue slowakische Premier Robert Fico hat dem Parlament in Bratislava sein Regierungsprogramm präsentiert. Die geplanten Änderungen fallen milder aus, als vor den Wahlen angekündigt.

https://p.dw.com/p/8toA
Robert Fico, neuer slowakischer PremierBild: AP

Premier Robert Fico hat es nicht leicht: Bereits Anfang Juli, gleich nach der Bildung seiner Koalitionsregierung, erntete der Linkspolitiker harsche Kritik von seinen sozialistischen Kollegen im Europa-Parlament: Es sei inakzeptabel, dass eine linke Partei ein Regierungsbündnis mit radikalen Nationalisten eingeht. Fico hat nach der gewonnenen Parlamentswahl Mitte Juni seine Partei "Smer" - auf deutsch "Richtung" - nicht nur mit der rechten "Bewegung für eine demokratische Slowakei" (HZDS) des autoritären Ex-Premiers Vladimir Meciar zusammengeführt, sondern auch mit der rechtsextremen Slowakischen Nationalpartei (SNS). Im September will die Sozialistische Fraktion im Europa-Parlament entscheiden, ob sie die "Smer" deshalb aus ihren Reihen ausschließen wird.

Verbaler Radikalismus

Dass die Befürchtungen der Eurosozialisten begründet waren, hat sich bald bestätigt: Auf Ungarn-feindliche Erklärungen des Vorsitzenden der nun mitregierenden Nationalisten, Ján Slota, kam aus dem benachbarten Budapest prompt eine Protestnote. Ähnlich reagierten auch die Sudetendeutschen, nachdem Slota ihre Vertreibung aus der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg als eine "Wohltat" gepriesen hatte.

Sein Radikalismus ist aber ausschließlich verbal, sagen Kenner der slowakischen Politik-Szene. Eine wirkliche Gefahr für die junge Demokratie in der Slowakei stelle der oft alkoholisierte Spitzen-Politiker Slota nicht dar. Seine Vorstellungen von einer ethnisch "reinen" Slowakei fanden keinen Eingang in die Regierungserklärung, in der die Minderheitenpolitik allerdings nur mit einigen wenigen Zeilen erwähnt wird.

Euro-Einführung bis 2009?

Mit Spannung erwartet wurden jene Stellen, die die künftige Ausrichtung der slowakischen Wirtschaftpolitik behandeln: Vor der Wahl hat Premier Fico eine Abkehr von der neoliberalen Politik seines Vorgängers, des Christdemokraten Mikulas Dzurinda, versprochen. Vor allem die Einheitssteuer - 19 Prozent für Waren, Privatpersonen wie auch für Unternehmen - sollte abgeschafft werden. Der Politologe Miroslav Kusý meint: "Die Rücknahmen sind bei weitem nicht so dramatisch ausgefallen, wie es Fico ursprünglich versprochen hat bzw. damit gedroht hat. Für einige Waren soll zum Beispiel die Mehrwertsteuer gesenkt werden, es ist aber immer noch nicht klar, für welche. Jetzt sind die Maastricht-Kriterien zu Ficos Beschwörungsformeln geworden: Wir tun nur das, was uns Maastricht erlaubt, sagt Fico. Damit wir den Euro bis 2009 einführen können. Mit dieser erheblich abmildernden Beschwörungsformel entschuldigt er den Radikalismus, den er noch nach der Wahl verbreitet hat."

Wahlversprechen im Regierungsprogramm

Von den Wahlversprechungen finden sich in der Regierungserklärung vor allem Maßnahmen zur Entlastung der Schlechterverdienenden wieder: Studenten an regulären Hochschulen sollen keine Gebühren zahlen, wie es die Vorgängerregierung geplant hatte, die Arzt- und Medikamentengebühren sollen abgeschafft bzw. ermäßigt werden.

In der Außenpolitik will die neue slowakische Regierung mehr die wirtschaftlichen Interessen des Landes berücksichtigen und das Augenmerk vor allem auf die Nachbarstaaten richten. Vorrangig bleibt aber die Zusammenarbeit mit den EU-Ländern. Und auch die neue slowakische Regierung sieht in der NATO den Garanten für die euroatlantische Sicherheit. Ficos radikale Rhetorik vor der Wahl ist ähnlich wie im wirtschaftlichen Bereich auch in den außenpolitischen Ausführungen milder geworden: "Der geplante Rückzug der slowakischen Soldaten aus dem Irak wurde sehr dezent gelöst: anstatt vom 'sofortigem' Rückzug spricht Fico jetzt von einem 'koordinierten' Rückzug, der mit den Amerikanern und Irakern vereinbart werden soll, damit unsere gegenseitigen Beziehungen nicht darunter leiden. Es ist also kein Schritt ins Ungewisse. Selbst der US-Botschafter hat erklärt, dass sich die Zusammenarbeit mit der Slowakei trotzdem vielversprechend entwickeln kann."

Vladimir Müller
DW-RADIO, 2.8.2006, Fokus Ost-Südost