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Slowakische Finanzministerin tritt zurück

24. Januar 2002

– Der Rücktritt acht Monate vor den Wahlen hat nicht mit Inkompetenz zu tun, sondern mit innerparteilichen Querelen und wahrscheinlich auch mit Gas, Gruppeninteressen und Geld

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Köln, 24.1.2002, TASR, PRAVDA, SME

TASR, slowakisch, 23.1.2002

Die slowakische Finanzministerin Brigita Schmögnerova (SDL) hat heute (23.1.) ihren Rücktritt angekündigt. Sie wolle am Montag (28.1.) den Staatspräsidenten Rudolf Schuster um Entlassung aus ihrem Amt ersuchen. "Ich will kein Vorwand für eine Schwächung der Koalition sein", erklärte sie in Bratislava. "Ohne Unterstützung der eigenen politischen Partei kann man das Amt des Finanzministers einfach nicht ausüben", fügte sie hinzu.

Schmögnerovas Rücktritt forderte am Freitag (18.1.) Pavel Koncos, der Vorsitzende der SDL (Partei der Demokratischen Linken, hervorgegangen aus der slowakischen Kommunistischen Partei, jetzt zweitstärkste Gruppe des Fünf-Parteien-Kabinetts in Bratislava – MD). Tags darauf hat sie der SDL-Vorstand aufgefordert, das Feld zu räumen. (...)

Ministerpräsident Mikulas Dzurinda lehnte die Entlassung der Finanzministerin am Dienstag (22.1.) mit der Begründung ab, er sehe dafür keinen Grund. (...) (ykk)

PRAVDA, slowakisch, 24.1.2002

(...) Auf den ersten Blick scheint es so, als ob in diesem Streit (Abberufung der Finanzministerin – MD) Koncos (SDL-Vorsitzender) gewonnen hätte. Er hat erreicht, was er wollte. Der Preis dafür ist aber zu hoch. (...) Reaktionen der Öffentlichkeit zeigen, dass diese Schlacht - zum ersten Mal nach längerer Zeit – bei den Bürgern Schmögnerova und Dzurinda gewannen. Die Slowaken waren schon immer für diejenigen, an denen Unrecht begangen wird.. (...) (ykk)

SME, slowakisch, 24.1.2002

(...) Mit dem angekündigten Rücktritt der Finanzministerin sind die Probleme innerhalb der Koalition noch längst nicht zu Ende. Arbeitsminister Peter Magvasi (SDL) hat gestern (23.1.) erklärt, für die SDL sei eine Änderung bei der Privatisierung der slowakischen Gasindustrie (Slovensky Plynarensky Priemysel, SPP – MD) wichtiger als der Regierungssturz: "Der Fall SPP ist etwas für die Zukunft der Slowakei, diese Koalitionsregierung hier ist etwas für die nächsten sieben Monate."

(...) Nach Auffassung von Magvasi entwickelt sich der Privatisierungsprozess von SPP nicht transparent genug, wobei auch die Regierung fachlicher informiert sein sollte. Daher hätte er sich die Frage gestellt, ob es dabei nicht "um Provisionen geht." Seinen Verdacht einer möglichen Korruption war er jedoch nicht im Stande, näher zu erklären. (...)

Der stellvertretende Vorsitzende der regierenden Christdemokratischen Bewegung (KDH) Julis Brocka glaubt, die Bemühungen der SDL um eine Änderung bei der Privatisierung der slowakischen Gasindustrie zeugten vom Interesse der Linksdemokraten an einer künftigen Zusammenarbeit (nach den Wahlen im September – MD) mit der heute noch oppositionellen HZDS (Bewegung für eine demokratische Slowakei, Partei der Ex-Ministerpräsidenten Meciar – MD). Brocka wies auf die bekannte Stellung der HZDS hin, die grundsätzlich gegen die SPP-Privatisierung ist.

Die Partei SDL will, dass statt der geplanten 49 Prozent (...) nur 24 Prozent der slowakischen Gasindustrie SPP verkauft werden.

Der stellvertretende Ministerpräsident Ivan Miklos, zuständig für die Wirtschaft, nannte diesen Vorschlag "unverantwortlich", weil er in Wirklichkeit mit einem Stop der SPP-Privatisierung gleichzusetzen sei. (...)

Der wahre Grund für ein neues Modell bei der SPP-Privatisierung besteht darin, dass die SDL bemüht ist, den Verkauf (von 49 Prozent der SPP – MD) zu verhindern. (...)

So laufen parallel zwei Szenarien: die Privatisierung der slowakischen Gasindustrie (lukratives Gastransport-Geschäft – MD) in der Regie des Kabinetts Dzurinda ohne die Linken noch in dieser Legislaturperiode durchzuziehen oder diese Privatisierung zu verhindern, wobei sich die (regierende) SDL mit der (oppositionellen) HZDS sowie der SNS (Slowakische Nationalpartei) vereinen.

Wer wird schließlich schneller sein? (ykk)