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Snowden: Ich möchte nach Hause

Sabine Muscat, Washington29. Mai 2014

Der Enthüller des NSA-Skandals rechtfertigt seine Handlungen in seinem ersten Interview im amerikanischen Fernsehen. Anwälte bemühen sich um einen Deal mit der US-Regierung.

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NBC-Interview mit Edward Snowden in Moskau (Foto: Reuters"
Bild: Reuters

Edward Snowden bemüht sich um eine Rückkehr in die USA. In seinem ersten Interview im amerikanischen Fernsehen bezeichnete der frühere Geheimdienstmitarbeiter die Enthüllung der geheimen Spionageprogramme der National Security Agency NSA als Dienst an seinem Land und appellierte an seine Landsleute und die Obama-Regierung, ihn nicht wie einen Verbrecher zu behandeln.

"Vom ersten Tag an habe ich gesagt, dass ich das hier mache, um meinem Land zu dienen", sagte Snowden in dem Interview, das der Sender NBC vergangene Woche in Moskau aufgezeichnet hatte. "Ob eine Amnestie oder mildernde Umstände in Frage kommen, kann ich nicht entscheiden. Das müssen die Öffentlichkeit und die Regierung entscheiden. Aber wenn ich an irgendeinen Ort in dieser Welt gehen könnte, dann wäre es nach Hause."

Russland war nicht das ursprüngliche Ziel

Der 30 Jahre alte Computerexperte ist auf der Flucht, seit er im vergangenen Sommer die Programme aufgedeckt hatte, mit denen der Geheimdienst NSA in zuvor ungeahntem Ausmaß auf globale Internet- und Telefondaten zugreifen kann. Von seinem ersten Zufluchtsort Hongkong flog er damals nach Moskau. Als die geplante Weiterreise nach Lateinamerika daran scheiterte, dass die USA seinen Reisepass sperrten, gewährte ihm der russische Präsident Wladimir Putin Asyl. Bei einer Rückkehr in die Heimat drohen Snowden ein Verfahren wegen Geheimnisverrats und lebenslange Haft.

Die amerikanische Regierung bleibt bei ihrer Haltung, wonach Snowden der Prozess gemacht werden müsse. Außenminister John Kerry erteilte der Bitte um eine milde Behandlung noch vor der Ausstrahlung des Interviews eine schroffe Abfuhr. "Hier geht es um einen Mann, der sein Land verraten hat und der in Russland, einem autoritären Land, Zuflucht gesucht hat", sagte Kerry dem Sender CBS. "Er sollte sich wie ein Mann benehmen und zurück in die Vereinigten Staaten kommen. Wenn er seine Beschwerden über das amerikanische Überwachungssystem vorbringen will, dann sollte er hierherkommen und sich in unserem Justizsystem verantworten."

John Kerry bei einer Pressekonferenz im April 2014 (Foto: Reuters)
US-Außenminister Kerry: Snowden soll in die USA kommen und sich stellenBild: Reuters/Yuri Gripas

Anwalt Wizner: Sogar Obama bewertet Abhör-Debatte positiv

Snowdens Anwälte allerdings geben an, dass es erste Kontakte mit der US-Regierung gebe, um die Möglichkeit für einen Deal zu sondieren. Sein Mandant habe eine enorm wichtige globale Debatte ausgelöst, sagte Ben Wizner, Anwalt bei der Bürgerrechtsgruppe American Civil Liberties Union, der Snowden rechtlich berät. Das Thema, wie weit der Staat bei der Sammlung von Daten über seine Bürger gehen dürfe, werde in Parlamenten auf der ganzen Welt diskutiert. Technologie-Unternehmen hätten den Schutz von Nutzerdaten verbessert und sogar die Obama-Regierung habe Reformen angekündigt.

"Leider kann Snowden sich an dieser globalen Debatte nur beteiligen, indem er Zuflucht außerhalb der USA sucht", sagte Wizner der Deutschen Welle. "Wenn die USA den Wert dessen, was er getan hat, anerkennen wollen - und sogar Präsident Obama hat gesagt, dass diese Debatte uns stärker gemacht hat - dann sollten sie über Angebote nachdenken, die es ihm erlauben würden, in Würde zurückzukehren, statt die Sprache halbstarker Teenager zu sprechen wie heute der Außenminister."

Snowden: Einschränkungen für Bürger in Russland zutiefst ungerecht

In dem Interview mit NBC konterte Snowden Vorwürfe, er habe sich mit Putins Russland arrangiert. Er beteuerte, dass er alle Dokumente, die in seinem Besitz waren, vor der Einreise von seinen Laptops gelöscht habe. Russlands Geheimdienste hätten zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf Informationen gehabt, die den USA schaden könnten. Den russischen Präsidenten Putin kritisierte er mit scharfen Worten: "Es ist wirklich frustrierend für jemanden, der so hart für unsere Rechte und Privatsphäre gekämpft hat, in einem Land hängenzubleiben, in dem diese Rechte auf eine Weise beschränkt werden, die ich für zutiefst ungerecht halte."

Snowden saß während des Interviews in gelassener Haltung auf seinem Stuhl, seine Antworten formulierte er konzentriert und präzise. Auf Fragen nach seinem Privatleben und Gefühlen antwortete er ausweichend und in abstrakten Formulierungen. Was immer wieder durchschien, war sein Stolz auf das eigene Können. Er warf der US-Regierung vor, seine Erfahrung im Geheimdienstbereich herunterzuspielen. "Ich wurde als Spion ausgebildet, und zwar im klassischen Sinn des Wortes. Ich habe im Ausland gelebt und gearbeitet, unter einer falschen Berufsangabe und mit einem falschen Namen." Es sei 'irreführend', ihn als einen einfachen Systemadministrator abzutun, der nicht wisse, wovon er rede.

Der frühere US-Geheimdienstexperte Edward Snowden mit der Ehrenurkunde des Whistleblower-Preis 2013, welche ihm am 30.8.2013 die Organisationen IALANA, Transparency Deutschland e.V. und VDW (Vereinigung Deutscher Wissenschaftler e.V.) in Abwesenheit verliehen hatte (Foto: dpa)
Im August 2013 erhielt Snowden den Whistleblower-PreisBild: picture-alliance/dpa

Er sei sich bewusst, dass er amerikanisches Recht gebrochen habe, sagte Snowden. Aber er sei überzeugt davon, moralisch richtig gehandelt zu haben. "Ich mag meine Fähigkeit zum Reisen verloren haben. Aber ich habe die Fähigkeit gewonnen, nachts zu schlafen und meinen Kopf in dem Gewissen auf's Kissen zu betten, dass ich das Richtige getan habe, auch wenn es das Schwerste war. Und damit bin ich zufrieden."