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Der Held und die Null

Kristina Reiss25. September 2007

700 für 1,3 Milliarden: Weshalb in China die Nachnamen knapp werden und bei der Wahl englischer Fantasienamen keine Grenzen gesetzt sind.

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Seit Juni gibt es in China ein neues Namensrecht. Es erlaubt Eltern, ihrem Nachwuchs sowohl den Nachnamen des Vaters als auch den der Mutter zu geben. Mit diesen zusätzlichen Kombinationsmöglichkeiten soll vermieden werden, dass viele Kinder identische Namen haben. Künftig soll es Schülern nicht mehr so ergehen wie der heute 24-jährigen Zhang Wei: In ihrer 45-köpfigen Klasse hießen damals acht Kinder exakt wie sie.

Mit diesem Problem ist die junge Frau nicht alleine. Denn in China gibt es nur knapp 700 Familiennamen – äußerst wenige für eine Bevölkerung von 1,3 Milliarden. Familiennamen wiederholen sich häufig; rund 20 kommen gar sehr oft vor – wie etwa Zhang, Wang oder Li.

Aus der Masse

In der Regel bestehen Chinesische Namen aus zwei oder drei Schriftzeichen. Das erste Zeichen ist der Familiennamen; er wird stets vor dem Rufnamen genannt. Letzterer wiederum setzt sich aus ein oder zwei Zeichen zusammen. Bei der Heirat behalten beide Partner ihren Familiennamen. Der Nachwuchs erhielt bisher den Familiennamen des Vaters. Neu können ihm die Eltern nun aber zusätzlich auch den der Mutter geben – und ihn so ein wenig aus der Masse heraus heben.

Dass diese Änderung in diesem Jahr in Kraft trat, ist kein Zufall: 2007 wird mit einem besonders geburtenstarken Jahrgang gerechnet. Es ist nach dem Mondkalender das Jahr des Schweines, das als besonders glücksbringend gilt, um ein Kind in die Welt zu setzen. Das Familienplanungs Komitee Shanghai rechnet für die Metropole mit über 137.000 Geburten – fast doppelt so vielen wie 2006.

Grace und Jane, der Held und die Null

In Chinas Städten ist in puncto Namensgebung ein weiterer Trend zu beobachten. Wer etwas auf sich hält, schmückt sich hier mit einem zusätzlichen westlichen Vornamen. Zum einen, weil manche Schriftzeichen nicht computerkompatibel sind, zum anderen weil es als schick gilt. Diese Namen sind amtlich nirgendwo festgehalten, können also nach Lust und Laune geändert werden. So hatte ich vor einiger Zeit noch mit Grace zu tun, wurde wenig später von ihr korrigiert, sie heiße nun Jane, nur um vor kurzem festzustellen, dass sie jetzt wieder unter ihrem alten Namen firmiert.

Weil der Freiheit keine Grenzen gesetzt sind, trifft man oft auf äußerst fantasievolle Namen: Snowy zum Beispiel, Rainbow oder Sugar - letztere servierte mir passenderweise einen Cappuccino. Unter Männern findet sich zuweilen Rainman, Micky oder Lancelot. Klassischer ist hingegen Edeltraud. Oder Arnold, der – nomen est omen - im Fitnessstudio um die Ecke als Personal Trainer arbeitet. Bei Herrn Zero, den ich letzte Woche traf, gehe ich allerdings davon aus, dass er sich vertan hat: Wahrscheinlich wollte er Held (Hero) heißen und nicht Null (Zero).

Umgekehrt legen sich viele Ausländer in China einen chinesischen Namen in Schriftzeichen zu - schon allein, weil dies den Umgang mit Behörden erleichtert. Unabdingbar ist ein chinesischer Name jedoch für westliche Firmen, die hier Geschäfte machen wollen - kann doch der Name allein über Top oder Flop eines Produktes entscheiden. Eine gute Übersetzung sollte deshalb nicht nur ähnlich wie das Original klingen, sondern auch eine positive Bedeutung haben. Gut getroffen ist dies mit "xi men zi" für Siemens ("Tor zum Westen"), "bao ma" für BMW ("kostbares Pferd") oder "ben chi" für Mercedes Benz ("schnell und sicher fahren").