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So viele Aids-Tote wie nie

Helle Jeppesen2. Dezember 2003

An der Immunschwäche Aids sind noch nie so viele Menschen gestorben wie im Jahr 2003. Das beklagen die UNO und die Weltgesundheitsorganisation WHO in ihrem Aids-Bericht. Sie wollen ein neues Aktionsprogramm auflegen.

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Blumen für Aids-Opfer in SüdafrikaBild: AP

Alle zehn Sekunden stirbt ein Mensch an Aids. Mehr als drei Millionen Menschen sind es bislang 2003, so die neue WHO-Studie, die zum Auftakt des Welt-Aids-Tages (1. Dezember 2003) veröffentlicht wurde. Alle sechs Sekunden infiziert sich ein Mensch neu mit dem HI-Virus. Insgesamt sind 42 Millionen Menschen mit dem tödlichen Virus angesteckt, schätzt die Weltgesundheitsorganisation. Sie startet mit der UNO die "3 by 5"-Kampagne: Drei Millionen Patienten sollen bis 2005 mit Medikamenten versorgt werden, die ihr Leben verlängern.

Afrika ist trauriger Rekordhalter

Die gute Nachricht ist, dass die Zahlen nicht ganz so hoch sind wie im Vorjahres-Report. Die schlechte ist, dass dies nicht einer fallenden Infektionsrate zu verdanken ist, sondern nur genaueren Zahlen. In Deutschland sei die Situation relativ stabil, erklärt das Robert-Koch-Institut. Doch weil weniger Menschen an Aids sterben, werde der Anteil der HIV-Infizierten steigen.

Die afrikanischen Länder südlich der Sahara sind nach wie vor am schlimmsten betroffen, stellt der WHO-Report "Aids Epidemic Update 2003" fest. Jeder fünfte Erwachsene ist mit dem Virus infiziert - so viele wie nie zuvor. Südafrika ist nach wie vor der traurige Spitzenreiter in der Aids-Statistik.

Den Firmen stirbt das Personal aus

Die Seuche ist auch ein wirtschaftliches Problem. Es gibt Firmen, die schon heute nicht mehr wissen, wie sie neues Personal finden sollen, weil große Teile der Belegschaft an Aids/HIV erkranken oder sterben.

Einige Unternehmen ins Südafrika bezahlen ihrer Belegschaft Medikamente oder zumindest einen Teil davon. Bisher konnten sich nur die Wohlhabenden die Behandlung leisten. Aids ist wie andere Seuchen auch vor allem eine Epidemie der Armen, sagt Hannelore Knittel von der deutschen Aids-Stiftung: "Im Problem HIV spiegeln sich die Machtverhältnisse auf dem Globus, das Gefälle zwischen Arm und Reich." Arme Bevölkerungsgruppen hätten von Vorbeugung wenig gehört oder könnten die Ratschläge nicht umsetzen.

Asien als neuer Epidemie-Herd

Eine neue Infektionswelle sieht die WHO in China, Indien, Indonesien und Russland. Die Infektionsrate steigt in diesen Ländern besorgniserregend: Fehlende Aufklärung und Drogenkonsum mit infizierten Spritzen seien die Hauptursachen. Peter Piot, Direktor des Anti-Aids-Programms der UNO (UNAIDS), sagt ganz deutlich: "Unsere derzeitigen weltweiten Bemühungen bleiben gänzlich unangemessen angesichts einer Epidemie, die weiter außer Kontrolle gerät."

Doch auch in den reichen Ländern hat die Infektionsrate zugenommen, warnt Peter Piot: "Und hier gibt es weder Armut, fehlende Behandlungsmöglichkeiten oder mangelhafte Aufklärung." Viele Leute wüssten einfach nicht, wie Aids übertragen wird. "In vielen westlichen Ländern hat man gedacht, die Epidemie ist vorbei, wir haben doch aufgeklärt", meint Piot.

Die Menschen werden nachlässig

In den reichen Ländern haben Aids-Patienten eine Chance, noch viele Jahre mit der Krankheit zu leben. In den ärmeren Ländern jedoch nicht. Das Wirksamste, was den Menschen dort bleibt, ist ein "sozialer Impfstoff", sagt Piot. "Es geht um Bildung, um Aufklärung. Und wir müssen dafür sorgen, dass es weitaus bessere Möglichkeiten für eine medizinische Behandlung für Menschen mit HIV gibt." Das Robert-Koch-Institut hat beobachtet, dass das Sexualverhalten auch in Deutschland immer sorgloser wird - laut UNAIDS breitet sich das Virus hier vor allem unter homosexuellen Männern aus.

Trotz allem sieht der Direktor von UNAIDS aber noch einen Lichtstreifen am Horizont. Aids sei nicht mehr nur ein Problem der anderen, sagt Piot. "Es gibt eine immense politische Eigendynamik, was Aids betrifft. Wenn sich globale Politiker treffen, ist Aids ein Thema." Und es gebe "keinen einzigen afrikanischen Präsidenten, der nicht weiß, dass Aids ein Problem ist".