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Solarbranche in Bedrängnis

18. März 2010

Bislang wurde Solarstrom in Deutschland kräftig gefördert - das wird künftig zurückgeschraubt. Das und die Konkurrenz aus Asien macht der deutschen Solarbranche zu schaffen und die ruft nach Hilfe aus der Politik.

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Solaranlage des Dorfes Geesow in der nordbrandenburgischen Uckermar. Foto: AP
Solaranlagen auf Freiflächen erhalten wesentlich weniger FörderungBild: AP

Der Solarstrom hat in den vergangenen zwei Jahren einen richtigen Boom erlebt. Aufgrund sinkender Preise für Solarmodule, attraktiver Förderbedingungen und eines sichtbaren technischen Fortschritts hat sich die Zahl der Solarprojekte deutlich erhöht. So könnte man meinen, dass auf dem Branchentreff Deutsches Solarforum, das jetzt in Berlin stattfand, eitel Sonnenschein herrschte. Doch weit gefehlt. Die Bundesregierung hat nämlich gerade beschlossen, die Solarförderung deutlich zu kürzen. Und zwar so sehr, dass die Branche düster in die Zukunft blickt.

Förderung war zeitlich befristet

Schriftzug Schott
Bei Schott Solar ärgert man sich über die drastische Kürzung der Förderung

Noch läuft das Geschäft bei Schott Solar gut: An acht Standorten in Europa und den USA stellt der deutsche Technologiekonzern Solaranlagen und Solarkraftwerke her. Allein in Deutschland sind 1200 Menschen mit der Fertigung modernster Technik beschäftigt. Allerdings fürchtet man bei Schott Solar, die Reduzierung der Förderung könnte erheblich Auswirkungen auf die Geschäftslage haben.

Dass die Einspeisevergütung wieder zurückgefahren würde, sei von Anfang an zwischen der Bundesregierung und der Industrie vereinbart gewesen, sagt Christoph Fark, Geschäftsführer bei Schott Solar. Und auch er meint, eine Einspeisevergütung müsse einen degressiven Charakter haben, um die Industrie zu motivieren, die Kosten kontinuierlich zu reduzieren. "Aber was jetzt passiert, das ist außergewöhnlich und geht über das hinaus, was man als Industrieunternehmen kompensieren kann. Und das hat natürlich massive Auswirkungen auf den Fortbestand des Unternehmens und die Arbeitsplätze, die davon betroffen sein können."

Sicherheit durch Regierung nicht mehr nötig

Windrad
Über das EEG wird der Aufbau erneuerbarer Energien gefördertBild: DW-TV

Die Förderung der Solarenergie ist im EEG, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschrieben. Das Prinzip ist einfach: Betreiber, die Strom aus regenerativen Energien in das öffentliche Netz einspeisen, erhalten von ihrem Energieversorger eine über 20 Jahre gesetzlich festgelegte Vergütung auf die eingespeiste Strommenge. Mit dieser Vergütung werden die Investitionskosten getilgt und über die lange Laufzeit eine Rendite erzielt. Das ist wirtschaftlich sehr reizvoll und so setzen sich immer mehr Bürger eine Solaranlage aufs Dach oder erzeugen, wenn sie Landwirte sind, auf ungenutzten Ackerflächen Solarstrom. Die Förderung wird von allen Stromkunden gezahlt. Pro Kilowattstunde sind zwei Cent Aufschlag fällig.

Volkswirtschaftlich sei das mittlerweile aber nicht mehr vertretbar, sagt Karin Freier, Referatsleiterin im Bundesumweltministerium. "Beim EEG geht es um einen Milliardenmarkt und ich glaube nicht, dass eine Branche, die wenige Prozent zur Stromversorgung beiträgt, dieses Gerüst zerbrechen sollte." Zum einen werde das EEG in der Bevölkerung akzeptiert - Solarenergie sei schick, meint Freier. "Aber wenn der deutsche Stromkunde, pro Jahr fünf bis sechs Milliarden Euro für diese Branche zahlt, da glaube ich, dass wir dieses ganze System EEG irgendwann ins Wanken bringen."

Ausmaß der Kürzung

Sollarkollektoren in China
Auch China will Solarenergie ausbauen - mit eigenen HerstellernBild: GREENoneTEC/ESTIF

Das Gesetz soll nun so geändert werden, dass zusätzlich zu den bereits fixierten Kürzungen von jeweils rund zehn Prozentpunkten im Januar 2010 und Januar 2011 Mitte dieses Jahres noch einmal 16 Prozent hinzukommen sollen. Deutschlands Solarwirtschaft drohe irreparabler Schaden, heißt es von Seiten der Branche. Denn die geplanten Kürzungen fallen in eine Zeit, in der die deutsche Solarindustrie zunehmende Konkurrenz aus Asien erhält, wie Christoph Fark von Schott Solar erklärt. "Es gibt ein klares politisches Ziel in China: Die Nummer eins in der Photovoltaikindustrie zu werden." Das würden die Chinesen mit günstigen Krediten, günstigen Standorten und weniger strengen Umweltauflagen vorantreiben. Und außerdem profitieren die chinesischen Hersteller von billigen Arbeitskräften in der Fertigung.

Protektionismus ist die falsche Alternative

Schon werden Rufe aus der Branche laut, man möge doch von politischer Seite etwas gegen die unliebsame Konkurrenz tun. Karin Freier vom Umweltministerium macht aber deutlich, dass die Bundesregierung jede Form von Protektionismus ablehnt. In der Politik sei man sich durchaus darüber im Klaren, dass die deutsche Solarbranche vor einer großen Herausforderung stehe. Dieser Herausforderung müsse man aber mit industriepolitischen Maßnahmen wie Unternehmenskrediten und Bürgschaftsgarantien begegnen. "Wir müssen uns einfach dieser Konkurrenz stellen." Es hätte auch keinen Sinn mit Qualitätslabels oder im EEG verankerten Standards zu versuchen, den Markt gegen ausländische Produkte abzuschotten, glaubt Freier.

Solaranlage in der Wüste
Beim Projekt Desertec sollen riesige Solaranlagen in der afrikanischen Wüste gebaut werdenBild: Solar Millennium AG, Erlangen

Auf der Suche nach alternativen Absatzmärkten schauen sich die Unternehmen derzeit auch verstärkt im Ausland um. Schott Solar ist unter anderem beispielsweise beim Wüstenstromprojekt Desertec engagiert. Wenn man Christoph Fark danach fragt, ob denn die deutschen Standorte in der derzeitigen Form weiterbestehen werden, oder ob es zu Entlassungen kommen wird, dann zuckt er mit den Schultern. Das werde man sehen, sagt er.

Autorin: Sabine Kinkartz

Redaktion: Insa Wrede