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Erinnerung an Peter Kien

Cornelia Rabitz6. Mai 2008

"Fliehe, Peter Kien, bleibe nicht hier!", riet der Dichter Peter Weiss seinem Künstlerkollegen vor dem Einmarsch der Deutschen in die Tschecheslowakei. Kien starb später in Auschwitz. Eine Ausstellung erinnert an ihn.

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Peter Kien: Selbstbildnis
Peter Kien: Selbstbildnis (1936) - Copyright: Museum TheresienstadtBild: Museum Theresienstadt

Im Depot der Gedenkstätte Theresienstadt liegen hunderte Zeichnungen, Aquarelle und Ölbilder des tschechischen Malers Peter Kien. Die meisten davon sind entstanden, als der junge Mann im Ghetto inhaftiert war. Im Museum Solingen ist jetzt ein Teil davon erstmals zusammen mit einer Auswahl seiner Gedichte zu besichtigen. Es ist die Entdeckung eines vielseitigen und einzigartigen Künstlers, der Zeugnis abgelegt hat und der - wie es im Katalog heißt - "in der Hölle den Himmel malte".

Peter Kien ist 21 Jahre jung, als er zusammen mit den ersten jüdischen Häftlingen nach Theresienstadt kommt, das bald ein Ghetto sein wird und ein Vorzeigelager, eine gespenstische Simulation, in der die Nazis der Öffentlichkeit vorgaukelten, hier seien Menschen - darunter viele Künstler - freiwillig zusammen gekommen.

Untypischer Holocaust-Künstler

Kien hatte bereits in Prag viele Zeichnungen und Gemälde hinterlassen, seine Malutensilien brachte er nach Theresienstadt mit. Er unterrichtete Kinder im Zeichnen. Einer dieser Schüler überlebte und die Solinger Kuratoren mit Museumsdirektor Rolf Jessewitsch stießen zu ihrer eigenen Überraschung auf diesen Zeitzeugen als sie parallel die Ausstellung einer israelischen Künstlerin vorbereiteten. "Und dann sagte dieser Kunstprofessor: 'Peter Kien war mein Lehrer in Theresienstadt'", erzählt Jessewitsch. Dieser Schüler Kiens ließ sich die Bilder zeigen, die in Solingen ausgestellt werden sollten, und er erkannte viele Personen, von denen zuvor unbekannt war, wer sie waren.

Peter Kien: Porträt Ilse Stranska
Peter Kien: Porträt Ilse Stranska (1936) - Copyright: Museum TheresienstadtBild: Museum Theresienstadt

Kien ist kein typischer Holocaust-Künstler, der ausschließlich Leiden und Sterben der Opfer thematisiert. Er malte meist kleine Geschichten des Lageralltags, aber auch wunderbare Porträts, die jetzt in Solingen ausgestellt sind.

Universaltalent

"Er hat die Schrecken des Lagers dargestellt, in Landschaftsbildern der Umgebung", erläutert Jessewitsch und fügt hinzu: "Aber er hatte auch eine ganz andere Seite, eine humorvolle Seite. Er hat etwa Personen porträtiert und hat immer ganz klein, meist rechts oben in der Ecke, mit Bleistift den Traum dieser Leute dargestellt." So träumte die Krankenschwester bei Kein davon, dass der Chefarzt sie auf den Armen davonträgt. Andere träumen davon, einen Berg zu besteigen, eine Schiffsreise zu machen oder haben Sehnsucht nach ihrem Musikinstrument. Eine Frau träumt vom Künstler, von Peter Kien. Die Frau war seine Freundin.

Kien war ein künstlerisches Universaltalent - auch unter den Bedingungen der Haft. Er malte, schrieb, dichtete. Und in seiner Lyrik, mehr noch als in den Bildern, fanden das Grauen und die Tristesse des Lagers einen Ausdruck. In der Ausstellung in Solingen werden seine Gedichte laut Jessewitsch erstmals veröffentlicht.

Im Oktober 1944 stehen die Namen von Peter Kien, seiner Frau, der Eltern und Schwiegereltern auf den Transportlisten Richtung Osten. Der Künstler ist 25 Jahre alt, als sich seine Spur in Auschwitz verliert.