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Drachme für Griechenland?

24. Februar 2011

Wirtschaftsexperte Jan Egbert Sturm vom Münchner Ifo-Institut hat für Wirbel in deutschen und griechischen Medien gesorgt. Denn er empfiehlt Griechenland zur Lösung seiner Finanzkrise aus der Eurozone auszutreten.

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Porträtbild vom Wirtschaftsexperten Jan Egbert Sturm vor hellblaubem Hintergrund (Foto: picture alliance / ZB)
Wirtschaftsexperte scheut nicht vor unpopulären Maßnahmen zurückBild: picture-alliance / ZB

DW-WORLD: Herr Sturm, in deutschen aber mittlerweile auch in vielen griechischen Zeitungen bekommen wir zu lesen, dass nach ihrem Bericht Griechenland aus der Währungsunion ausgeschlossen werden sollte. Stimmt dieser doch sehr drastische Vorschlag?

Jan Egbert Sturm: Das stimmt nicht überein mit dem, was wir tatsächlich sagen. Wir sagen, es gibt letztendlich verschiedene Varianten, um das Problem zu meistern. Und eine dieser Varianten ist tatsächlich ein Austritt aus der Eurozone. Aber wir sagen ganz eindeutig, es gibt auch andere Alternativen, und zwischen diesen Alternativen ist es sehr schwierig zu wählen. Wichtig ist, dass Griechenland wieder wettbewerbsfähig werden sollte. Das kriegt man entweder über eine interne Abwertung hin - das heißt, die Löhne und Gehälter müssen stark sinken - oder über einen Austritt aus der Eurozone. Mit der dann neuen Drachme könnte Griechenland auch wieder schneller wettbewerbsfähig werden, durch eine externe Abwertung.

Sie warnen vor einer Pleite Griechenlands. Ist das richtig?

Tatsächlich wird die jetzige Lösung bis 2013 einigermaßen halten. Aber die große Frage ist, was danach geschehen wird. Wir sehen, dass die jetzigen Maßnahmen dafür sorgen werden, dass Griechenland nicht schnell aus der Rezession rauskommt. Ohne vernünftige Wachstumsraten wird es nicht möglich sein, nach 2012 diese Krise selbständig zu bewältigen. Wir können natürlich auf ein Wunder hoffen, nämlich, dass die Weltkonjunktur so stark anspringt, dass auch Griechenland davon profitieren kann. Aber ich glaube, die Zeit ist jetzt reif, um darüber nachzudenken, was passiert, wenn dieses Wunder nicht einsetzt.

Gerade bei steigenden Lebensmittel- und auch Ölpreisen ist wahrscheinlich nicht davon auszugehen, dass die Weltkonjunktur schnell wieder anspringt, nicht wahr?

Wir haben im vergangenen Jahr eine relativ starke Erholung weltweit gesehen, aber insbesondere im asiatischen Raum und nicht so sehr hier in Europa. In diesem Jahr ist auch nicht zu erwarten, dass auf einmal der Boom in Europa stattfinden wird. Wir gehen von einem verhalten optimistischen Szenario aus mit einer Wachstumsrate von 1,5 Prozent in diesem Jahr. Aber das wird nicht reichen, um Griechenland aus der Rezession rauszukriegen.

Halten Sie es für möglich, dass ein eventueller Austritt Griechenlands auch weitere Mitglieder der Eurozone ins Wanken bringen könnte?

Ich glaube, man muss das griechische Problem wirklich relativ isoliert sehen. Die Gefahren, die existieren, liegen im Bankensektor im Rest von Europa, nämlich dann, wenn andere Banken, in anderen Ländern auch stark involviert werden würden. Aber es sind nicht die portugiesischen oder irischen Banken, die stark in griechische Anleihen investiert haben, sondern es sind doch eher die größeren Länder.

Und noch eine heikle Frage: Wenn die Drachme in Griechenland wiedereingeführt würde, dann würden die Schulden doch weiter anschwellen, weil sie in Euro bezahlt werden müssen. Das wäre wahrscheinlich nicht im Sinne des Erfinders?

Richtig, Aus griechischer Perspektive werden die Schulden damit nicht auf einmal getilgt. Im Gegenteil die Schulden sind in Euro ausgegeben. Das heißt, das Problem wird in dieser Hinsicht größer. Nur die Ökonomie könnte wettbewerbsfähiger sein. Sie könnte wieder richtig im Preisvergleich mit den anderen Ländern Europas standhalten.

Das Interview führte Jannis Papadimitriou

Redaktion: Mirjana Dikic/Fabian Schmidt