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Raus aus der Krise?

14. Juni 2009

Nach dem Debakel bei der Europawahl muss die SPD ihren Sonderparteitag am Sonntag nutzen, um den Genossen vor dem Start in den Wahlkampf Mut zu machen. Für die krisengeschüttelte Partei ist das die letzte Chance.

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Symbolbild Wahlprogramm (Foto: dpa)
Bild: dpa / DW-Fotomontage

Die SPD steckt in der Krise. Drei Monate vor der Bundestagswahl kommt die Partei nicht aus ihrem Dauertief heraus. Nach dem Europa-Wahldebakel am 7. Juni scheint ihr Schicksal für die Entscheidung im Herbst schon besiegelt. Parteichef Franz Müntefering und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, die am Wahlabend ihre Niederlage eingestehen mussten, richteten zwar den Blick in die Zukunft und versprachen, sich von dem schlechten Ergebnis nicht entmutigen zu lassen. "Notfalls muss man eben noch eine Schippe drauflegen", sagte Kanzlerkandidat Steinmeier. Aber die Stimmung in der Partei ist nach der Niederlage gedrückt.

Man hatte sich von einer erfolgreichen Europawahl eine Trendwende erhofft. Doch der gewünschte Rückenwind ist ausgeblieben beziehungsweise hat sich gedreht und bläst den Sozialdemokraten nun kalt ins Gesicht.

Rückblick: Aufbruch im Oktober 2008

Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering posieren am 18. Oktober 2008 mit einem Blumenstrauss (Foto: AP)
Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering im Oktober 2008Bild: AP

Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen, als die Genossen im Oktober 2008 in Berlin zu einem Sonderparteitag zusammenkamen, um die Streitereien der Vergangenheit zu begraben und ihre neue Spitze zu küren. Franz Müntefering wurde zum neuen Parteichef gewählt und Bundesaußenminister Steinmeier als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl aufs Schild gehoben. "Wenn Ihr Vertrauen habt, dann bin ich bereit", rief Steinmeier den jubelnden Delegierten zu.

Und Vertrauen hatten sie: 95 Prozent der Parteitagsdelegierten gaben Steinmeier damals ihre Stimme. Damit erhielt er mehr Zustimmung als Müntefering, dem die Parteilinke vorwarf, den zurückgetretenen Parteivorsitzenden Kurt Beck aus dem Amt gedrängt zu haben.

Steinmeier fasste den Wechsel an der Spitze zum Abschluss des Parteitags im vergangenen Oktober mit folgenden Worten zusammen: "Hoffnung und Zuversicht sind wieder zurück. Dieser Tag wird ein Tag des Aufbruchs. Wir glauben wieder an uns, das macht uns stark, und die anderen merken das."

Ein Debakel nach dem anderen

Doch die Zuversicht wurde schon bald auf eine harte Probe gestellt. In Hessen stürzte die SPD bei der vorgezogenen Landtagswahl im Januar 2009 geradezu ab. CDU-Ministerpräsident Roland Koch kehrte triumphierend in die Staatskanzlei in Wiesbaden zurück.

Auch bei der Wahl des Bundespräsidenten unterlag die Kandidatin der SPD, Gesine Schwan, dem amtierenden Präsidenten und Kandidaten von CDU/CSU und FDP, Horst Köhler.

SPD-Wahlplakat zur Europawahl (Foto: dpa)
Mit dieser Kampagne war die SPD bei der Europawahl wenig erfolgreichBild: picture-alliance/ dpa

Bei der Europawahl schließlich fuhren die Sozialdemokraten das schlechteste bundesweite Ergebnis ihrer Geschichte ein. Kanzlerkandidat Steinmeier mied an diesem Abend die Parteizentrale in Berlin. Stattdessen stellte er sich angespannt und schmallippig den Fragen der Fernsehjournalistin Anne Will in ihrer gleichnamigen TV-Talkshow.

Steinmeier wirkte an diesem Abend enttäuscht über das Wählervotum und frustriert über die Unmöglichkeit, sich in der großen Koalition und an der Seite einer populären Regierungschefin zu profilieren. Angela Merkel warf er vor, bei der Rettung von Opel ein doppeltes Spiel zu betreiben. Sie selbst habe die Rettung mit Staatsgeldern befürwortet, die Kritiker aber gleichzeitig auf Bundeswirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg verwiesen, der einer Insolvenz den Vorzug gegeben habe.

Neuen Mut machen

Beim Sonderparteitag, der am Sonntag (14.06.2009) in Berlin stattfindet, wird die Führung der SPD versuchen müssen, die unzufriedenen Genossen auf Kurs zu halten und die enttäuschten Delegierten auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf einzustimmen. Dafür sind nur wenige Stunden vorgesehen. In dem dicht gedrängten Programm soll das Wahlprogramm verabschiedet und noch einmal zum Aufbruch geblasen werden.

Ein Flügelkampf ist an diesem Tag nicht zu erwarten. So kurz vor der Bundestagswahl versuchen Linke und Rechte in der Partei, ihre Differenzen nicht öffentlich auszutragen. Das Wahlprogramm mit seinen sehr gemäßigten Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit bietet dazu eine gute Grundlage, die allen als kleinster gemeinsamer Nenner dienen kann.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Kay-Alexander Scholz