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Mordfall Hariri

Peter Philipp1. März 2009

Einer der dramatischsten politischen Morde im Nahen Osten soll durch ein internationales Gericht in den Niederlanden jetzt aufgeklärt werden: der Bombenanschlag auf den früheren libanesischen Ministerpräsidenten Hariri.

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Brennendes Auto (AP Photo/Saleh Rifai)
In diesem Auto starb Hariri am 14. Februar 2005Bild: AP

Vier Jahre nach der Ermordung Rafik Hariris hat sich an diesem Sonntag (01.03.2009) ein internationaler Gerichtshof mit UN-Mandat zur Aufklärung dieses Verbrechens konstituiert. Hauptaufgabe des in einem Vorort von Den Haag stationierten Sondertribunals für den Libanon (STL) ist es, die Verantwortlichen für den Anschlag zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen. Bei dem Anschlag am 14. Februar 2005 starben außer Hariri 22 weitere Menschen. Untersucht werden zudem aber auch eine Reihe weiterer politisch motivierter Attentate im Libanon seit 2004.

Mehlis: "Klares Bild"

Ex-Sonderermittler Detlev Mehlis (Quelle: dpa)
Detlev Mehlis war anfangs Sonderermittler in dem FallBild: dpa

Der erste Sonderermittler der Vereinten Nationen im Fall Hariri, der Berliner Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis, der den Fall bis 2006 bearbeitete, meinte kürzlich in einem Interview mit der arabischen Tageszeitung "Al Hayat", er habe "ein klares Bild davon, wer den Anschlag verübt" habe, die Beweise müssten aber dem Gericht vorgelegt werden. Die beiden Nachfolger von Mehlis haben sich nie so überzeugt gezeigt. Der offizielle Arbeitsbeginn des Sondergerichtshofes wird vorläufig noch begleitet von zahlreichen Unbekannten, Unwägbarkeiten und Unsicherheiten. Zusätzlich erschwert wird der Prozess dadurch, dass nicht nur Hariri-Anhänger im Libanon Syrien vorwerfen, in den Mordanschlag zumindest verwickelt zu sein, ihn vielleicht sogar angeordnet zu haben.

Syrien hat dies bisher entschieden bestritten. Es war aber bereit, in der Folge des Anschlages seine Truppen aus dem Libanon abzuziehen und – wenigstens begrenzt – mit den UN-Sonderermittlern zusammenzuarbeiten. Damaskus weigerte sich jedoch von Anbeginn, sich einem internationalen Gericht zu unterwerfen, bot jedoch an, etwaige Verdächtige selbst vor Gericht zu stellen.

Freilassung Verdächtiger

Solche Verdächtige sind bisher nicht benannt worden. Stattdessen haben die libanesischen Behörden bereits vor Jahren mehrere syriennahe Libanesen unter dem Verdacht festgenommen, in den Anschlag verwickelt zu sein. Es handelt sich hierbei vor allem um vier libanesische Generäle, die ehemals Verantwortlichen für die Polizei, die Präsidentengarde, den militärischen und den allgemeinen Geheimdienst. Diese vier werden aller Wahrscheinlichkeit nach vor das Sondertribunal bei Den Haag kommen. Es sei denn, die libanesische Justiz überlegt sich das noch anders, wie im Fall dreier anderer Verdächtiger, die zur Tatzeit mit dem damaligen syrientreuen Präsidenten Emil Lahoud telefoniert haben sollen. Nach dreijähriger Haft wurden die drei jetzt freigelassen, und es ist nicht zu erwarten, dass sie vor das Gericht in den Niederlanden kommen.

Die Freilassung der drei Verdächtigen so kurz vor Arbeitsaufnahme des Sondertribunals verdeutlicht, unter welchem Druck und welchen Zwängen die bisherige Untersuchung des Anschlages stand. Genau dies war denn auch der Hauptgrund für den Beschluss des UN-Sicherheitsrates vor zwei Jahren, den Fall nicht im Libanon, sondern im neutralen Ausland zu verhandeln.

Vorbild war vielleicht der Prozess gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen für den Anschlag auf eine Maschine der US-Fluggesellschaft PanAm über der schottischen Kleinstadt Lockerbie. Den beiden Libyern wurde auch in den Niederlanden der Prozess gemacht, der mit einem Freispruch und einer lebenslänglichen Haftstrafe endete.

Setzt Sarkozy sich für Syrien ein?

Konterfei Hariris auf Plakat (Quelle: AP)
Das Gedenken an Hariri ist noch wach im Libanon, unklar ist jedoch, ob seine Mörder je zur Rechenschaft gezogen werdenBild: AP

Im Gegensatz zu Libyen weigert sich Syrien aber weiterhin, mit dem Tribunal zusammenzuarbeiten. Dem syrischen Präsidenten Bashar el Assad ist gleichzeitig allerdings daran gelegen, seine Beziehungen mit dem Westen zu verbessern. Er versucht auch, möglichst unbeschadet aus der Affäre herauszukommen. Solches wäre durchaus auch im politischen Interesse der USA und Frankreichs, die Syrien mehr in ihre Nahostpolitik einbinden möchten. Es halten sich deswegen Gerüchte, dass der französische Präsident Nicolas Sarkozy dem Präsidenten Bashar el Assad zugesagt hat, Syrien so weit wie möglich aus dem Prozess herauszuhalten.

Wann der Prozess vor dem Hariri-Tribunal beginnt, ist vorläufig unklar. Bisher sind nicht einmal die Namen der elf Richter bekannt – außer, dass vier von ihnen Libanesen sein sollen. Und um überhaupt verhandeln zu können, muss die Überstellung der vier verdächtigen Generäle beantragt werden. Hierfür sind 60 Tage Zeit, dem Prozess selbst wird - selbst bei vorsichtigen Schätzungen - eine mehrjährige Dauer vorhergesagt. Wenn es denn je zu einer Verurteilung kommt.