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Song for Marion

2. März 2013

Am 14. März 2013 kommt der Film „Song for Marion“ in deutsche Kinos. Antje Borchers hat ihn gesehen und denkt für die evangelische Kirche über das Alter nach.

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TORONTO, ON - SEPTEMBER 15: Actor Terence Stamp (L) and filmmaker Paul Andrew Williams attend the 'Song For Marion' Premiere during the 2012 Toronto International Film Festival held at Roy Thomson Hall on September 15, 2012 in Toronto, Canada. (Photo by Sonia Recchia/Getty Images)
Premiere Song For Marion Terence Stamp, Paul Andrew WilliamsBild: Getty Images

Ein altes Ehepaar

Der englische Filmregisseur Paul Andrew Williams hat viele Jahre seinen Großvater erlebt und mitbekommen, wie sehr dessen Angst, Schwächen und Bedürfnisse einzugestehen, einen Menschen auffressen kann, wie seine Bitterkeit sein Umfeld zerstört. Williams fragt sich seitdem: Was ist stark genug, um die harte Schale eines mürrischen alten Mannes zu knacken? Was kann einen Vater und Großvater, der sich kaum eine Gefühlsregung entlocken lässt, aus seiner selbstgeschaffenen Finsternis herausholen und auf die Sonnenseite des Lebens zurückbringen? Paul Andrew Williams sagt: „Mein Großvater liebte meine Großmutter. Sie war der wichtigste Mensch in seinem Leben. Er hätte alles für sie getan, so wie sie auch alles für ihn getan hätte. Sie nahm darum seine oftmals verbitterten Nörgeleien hin, weil sie wusste, dass er im tiefsten Innern seines Herzens ein guter Mann war. Er sorgte für sie, war für sie da, brachte sie zum Lachen und überraschte sie manchmal sogar mit vorsichtig dosierter Romantik.“

Ein Film als mögliche Hilfe

Was wäre stark genug gewesen, um das wahre Wesen dieses Mannes herauszulocken, so dass auch andere davon erfahren und nicht nur die Bitterkeit erleiden? Regisseur Paul Andrew Williams ließ die Frage nicht los und die Antwort gibt er in seinem neuesten Kinofilm „Song for Marion“ – Ein Lied für Marion. Der Film läuft jetzt im März in den deutschen Kinos an.

Zur Geschichte: Rentner Arthur ist ein alter Mann, herrlich mürrisch und dann wieder liebevoll dargestellt von Terence Stamp. Arthurs Frau Marion, warmherzig gespielt von Vanessa Redgrave, ist der einzige Mensch, dem er noch vertraut. Marion ist begeistertes Mitglied in einem ‚etwas anderen‘ Chor einer Kirchengemeinde, der auch mal Songs wie „Let’s talk about Sex“ von Salt-N-Pepa anstimmt.

O-Ton Film(0’36 - 0’17 min)

„1, 2, 3: Let’s talk about Sex, Baby, let’s talk about you and me, let’s talk about Sex! – Geben Sie mir Rock ’n‘ Roll! – Yeah!“

Autorin:

Arthur kann nicht verstehen, warum Marion freiwillig und regelmäßig ihre Zeit und ihre Energie an diese, in seinen Augen peinliche, Prozedur verschwendet. Doch Marion liebt den Gesang und sie liebt ihre Mitsängerinnen und -sänger. Und gerade in ihrer schweren Krankheit, die sie schlapp und klapprig macht, bekommt sie Kraft durch die Chornachmittage. So unterstützt Arthur sie widerwillig bei ihrem Engagement.

Die junge, charmante Chorleiterin Elizabeth sieht in Arthur etwas Besonderes, sie ahnt sein wahres Wesen. Sie will ihn unbedingt und gegen seinen vehementen Widerstand in ihren Chor aufnehmen. Hartnäckig bearbeitet sie den Misanthropen, und im Laufe der Zeit entdeckt Arthur seine verloren geglaubte Lebensfreude wieder. Er beginnt zu verstehen, dass es nie zu spät ist für Veränderungen. Und am Ende singt er sein Lied für Marion: „Song for Marion“.

Die Gemeinschaft trägt den Einzelnen

Für den Regisseur Paul Andrew Williams stehen Arthur und Marion stellvertretend für eine ganze Generation der englischen Arbeiterklasse. Deren Leben war bestimmt von Fleiß und Pflichten. Wie nun geht diese Generation im Alter mit Gefühlen um, mit Einsamkeit und mit Verlust? Und was ist stark genug, um die harte Schale eines mürrischen alten Mannes zu knacken? Die Antwort des Films: Das Singen und die Gemeinschaft mit anderen. Eine Gemeinschaft aus herrlich verrückten Rentnern, die in einer christlichen Gemeinde in London ihre flotten Lieder singen und wie die kleinen Kinder vergnügt im Kreis springen. Sie teilen Freud und Leid, tragen die Krankheit von Marion, stehen zum Beispiel eines regnerischen Morgens mit Regenschirmen vor dem Haus und bringen ihr ein Ständchen:

O-Ton Film(0’00 - 0’17 min)

(Regenschirme werden geöffnet) „You are the sunshine of my life. – Was is’? Was zur Hölle veranstalten die hier? – That’s why I’m always be around. – Das ist ‘ne gottverdammte Zumutung, macht, dass ihr wegkommt!“ (Fenster wird zugeknallt)

Autorin:

Der Chor trägt – Marion zuliebe – auch ihren mürrischen Arthur, geduldig und mit Humor. Bis er zurück ist auf der Sonnenseite des Lebens. Der Chor verkörpert damit ohne viel Aufhebens das biblische Motto: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Ein Gesetz, das gerade nichts mit Gesetz zu tun hat oder Moral, sondern mit Liebe, Zuneigung, Geduld. Bis ein Mensch am Ende seine Angst vor Gefühlen überwindet und sein wahres Wesen zeigt. Und das Leben wieder heil werden kann.

Zur Autorin:
Antje Borchers ist Diplom-Medienwirtin und Journalistin. Sie hat viele Jahre als Chefredakteurin einer christlichen Jugendzeitschrift gearbeitet. Seitdem macht sie auch Radio, zum Beispiel Morgenandachten. Vorher war sie in Idstein/Taunus und hat dort als Gemeindediakonin die Jugendarbeit der evangelischen Kirchengemeinde geleitet. Sie wohnt mit ihrem Mann in Lemgo/Lippe.

Antje Borchers
Antje BorchersBild: DW