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Sorge über Schweinegrippe wächst

26. April 2009

Die Schweinegrippe hat sich am Wochenende weiter ausgebreitet. In Mexiko sind durch das Virus mindestens 103 Menschen ums Leben gekommen. Das teilte Gesundheitsminister José Ángel Córdova im Fernsehen mit.

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Zwei Männer und ein Kind mit Atemschutzmaske (Bild: AP)
Hoffnung auf himmlischen Beistand: Beten mit AtemschutzBild: AP

Wie viele der Opfer durch den mutierten Schweinevirus H1N1 infiziert waren, sagte Córdova am Sonntag (26.04.2009) nicht. Bisher war das Virus in 20 der Todesfälle nachgewiesen worden. Der Minister berichtete zudem, dass im ganzen Land 1614 Grippekranke in Hospitälern behandelt werden. Über 60 Prozent der Patienten seien auf dem Weg der Erholung. Präsident Felipe Calderón bekräftigte zuvor, sein Land habe genügend Medikamente auf Lager. Die Weltbank gewährte Mexiko für den Kampf gegen die gefährliche Grippe Darlehen in Höhe von 200 Millionen Dollar. Das teilte die internationale Finanzinstitution am Sonntag zum Abschluss ihrer Frühjahrstagung in Washington mit.

Die US-Regierung hat nach dem immer stärkeren Übergreifen der Schweinegrippe auf die USA den Gesundheits-Alarmzustand ausgerufen. Dadurch erhalten die Behörden einfacheren Zugang zu Grippetests und Medikamenten. Heimatschutzministerin Janet Napolitano erklärte im Weißen Haus, aus den Lagern der Bundesregierung würden rund zwölf Millionen Dosen des Medikamentes Tamiflu freigegeben, so dass die einzelnen US-Staaten sie nötigenfalls erhalten können. Die Ministerin beruhigte jedoch zugleich, dass dies eine "Standardprozedur" sei.

Virus in New York

Janet Napolitano (Bild: AP)
US-Heimatschutzministerin Napolitano gibt Tamiflu-Medikamente freiBild: AP

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg hatte zuvor mitgeteilt, dass bei acht Schülern das Virus nachgewiesen wurde. Anders als in Mexiko seien die Symptome jedoch schwach. Insgesamt hatten mehr als 100 Kinder über grippeähnliche Symptome geklagt. Bloomberg mahnte zur Besonnenheit: Bislang gebe es keine Epidemie in der Stadt.

Bisher gibt es nach Angaben des US-Zentrums für Seuchenkontrolle in den USA 20 Fälle in fünf US-Staaten, zuletzt in Ohio. Alle Patienten seien aber wieder genesen oder dabei, sich zu erholen. Allerdings seien weitere schwere Fälle zu erwarten, hieß es weiter. Auch aus Kanada wurden die ersten sechs Grippefälle gemeldet.

Mexiko im Zeichen der Grippe

Mexikos Präsident Felipe Calderón stattete die Gesundheitsbehörden mit Sondervollmachten aus, um die Epidemie einzudämmen. Großveranstaltungen sind verboten, Fußballspiele werden ohne Publikum ausgetragen, auch die Katholische Kirche musste die Sonntagsmessen absagen. Die Regierung ordnete an, dass alle Schulen in der 20-Millionen-Einwohner-Metropole Mexiko-Stadt, den umliegenden Gebieten sowie dem Bundesstaat San Luis Potosi bis zum 6. Mai geschlossen bleiben. Viele Mexikaner verließen am Wochenende aus Angst vor einer Ansteckung nicht mehr ihre Häuser. Die Behörden spürten mögliche Grippekranke in Wohnungen und auf Bahnhöfen auf.

Leerer Platz vor eder Kathedrale vom Mexiko-City (Bild: AP)
Wie leergefegt: Viele Menschen bleiben zuhauseBild: AP

Weltweit hat das Auftreten der Grippe Besorgnis ausgelöst. Zahlreiche Länder trafen Vorbereitungen, um ein Einschleppen des Virus aus Mexiko und den USA zu verhindern. Vor allem in Asien, wo die Länder in den vergangenen Jahren von der tödlichen Vogelgrippe H5N1 sowie Sars betroffen waren, ordneten die Behörden umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen an. So wurden Reisende an Flughäfen in Hongkong, Malaysia, Südkorea und Japan auf grippeähnliche Symptome untersucht. Russland sprach eine Reisewarnung für Mexiko aus.

Vorbereitungen der EU

Die Europäische Union ist nach Angaben der EU-Kommission in Brüssel bisher nicht von der Schweinegrippe betroffen. EU-Kommission und Auswärtiges Amt erklärten, die Entwicklung in Mexiko werde sehr genau verfolgt. In Spanien gibt es drei Verdachtsfälle, nach Angaben des Direktors der Gesundheitsbehörde in Frankreich, Didier Houssin, wurden zwei Personen untersucht, die nach ihrer Rückkehr aus Mexiko grippeähnliche Symptome aufwiesen.

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, eine Reisewarnung für Mexiko bestehe nicht. Man habe aber einen Hinweis auf die Homepage gestellt, der zeitnah aktualisiert werde. "Die Gesundheitsbehörden sind vorbereitet, falls in Deutschland Verdachtsfälle auftreten sollten", betonte das Bundesgesundheitsministerium. Sie stünden in Verbindung mit internationalen Gesundheitsbehörden und beobachteten die Lage in Mexiko und den USA genau. Die Gesundheitsämter und Flughäfen erhielten ebenfalls Informationen und Empfehlungen.

Flughäfen alarmbereit

Passagiere stehen in der Schlange vor einem Monitor (Bild: AP)
Wieder eine Möglichkeit? Temperaturkontrolle von Reisenden am Flughafen von Taipeh per Monitor (2003)Bild: AP

Auf den Flughäfen bereitet man sich auf mögliche Verdachtsfälle vor. Ein Sprecher des Münchner Airports sagte am Sonntag dem Radiosender "Antenne Bayern", sollte ein Fluggast oder ein Crew-Mitglied entsprechende Symptome zeigen, werde er dem Medizinischen Dienst zugewiesen und in ein Krankenhaus gebracht. In Deutschland gebe es bereits intensive Kontakte zwischen den Gremien der Bundesländer und dem Robert Koch-Institut, sagte Instituts-Präsident Jörg Hacker am Sonntag.

"Pandemisches Potenzial"

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach von einem Gesundheitsnotfall internationalen Ausmaßes. Ob es jedoch wirklich zu einer globale Pandemie kommen werde, könne noch nicht gesagt werden, "Die Schweinegrippe hat pandemisches Potenzial, weil sie Menschen infiziert", erklärte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Samstag in Genf. Das Wissen über die Eigenschaften des neuen Grippevirus und die Art seiner Ausbreitung sei aber noch zu lückenhaft für weitere Maßnahmen. Bei Gefahr für die Weltbevölkerung kann die WHO Reise- sowie Handelsbeschränkungen empfehlen, die von den Nationalstaaten umgesetzt werden müssen. Das ist bisher ausgeblieben.

Der neue Grippe-Virus vom Typ H1N1 ist eine Mischung verschiedener Viren von Schwein, Vogel und Mensch. Neue Virenerkrankungen können sich schnell ausbreiten, weil das Immunsystem keine Abwehrstoffe bilden kann. Monate können vergehen, bis ein entsprechender Impfstoff bereitsteht.

(sam/fg/dpa/rtrs/afp)