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Zankapfel Freihandel

Kay-Alexander Scholz14. Juni 2013

Parallel zu den Beratungen auf EU-Ebene über ein Freihandelsabkommen mit den USA, hat auch der Bundestag das Thema debattiert. Dabei wurden viele Bedenken laut. Die Abgeordneten forderten transparente Verhandlungen.

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Flaggen der USA und der EU (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images

"Landwirtschaft, Datenschutz, Verbraucherrechte - wir haben die Sorge, dass wichtige Standards der Europäischen Union im Ergebnis ausgehebelt, verwässert oder unterlaufen werden", fasst der Grünen-Abgeordnete Fritthjof Schmidt die Bedenken wohl vieler Oppositionspolitiker im Bundestag gegen das geplante transatlantische Freihandelsabkommen von EU und USA zusammen. Er vermisse von der Bundesregierung eine klare Haltung, dass europäische Standards für die Verbraucher und Konsumenten nicht angetastet werden. Speziell auch audiovisuelle Medien und andere Kulturgüter dürften nicht einfach nur als Ware betrachtet werden, so Schmidt. Das sehe im Übrigen auch der Bundesrat so, betonte der SPD-Politiker, der sich deshalb jüngst mehrheitlich für einen besonderen Schutz dieser Bereiche ausgesprochen hat.

FDP warnt vor Schweizer Käse

Die Bundesregierung und die Fraktionen von CDU/CSU und FDP im Bundestag wollen die Verhandlungen jedoch ohne Ausnahmeregelungen beginnen lassen. Das wurde am Freitag in der halbstündigen Debatte im Plenum noch einmal deutlich. Es dürfe schließlich "keine Negativspirale gebe, bei der jede Seite auf Ausnahmeregeln pocht", sagte der CDU-Politiker Peter Beyer. "Nehmen wir die audiovisuellen Medien raus, dann nehmen die USA als Antwort darauf die Auto-Industrie aus, dann folgen die Franzosen mit der Landwirtschaft und am Ende bleibt nur ein löchriger Schweizer Käse übrig", warnte der FDP-Abgeordnete Martin Lindner. Man dürfe nicht immer nur das Schlechte sehen, sondern müsse sich auf die Vorteile einer Liberalisierung auf breiter Front durch ein solches Abkommen konzentrieren, so Lindner. Der dann "größte Wirtschaftsraum der Welt vom Schwarzen Meer bis nach Kalifornien bringt Wachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand", prophezeite Beyer von der CDU.

EU bahnt Weg für Freihandel mit USA

Genau deshalb müssten Missverständnisse und Verstimmungen während der Verhandlungen vermieden werden, entgegnete Rolf Hempelmann von der SPD, die einem Freihandelsabkommen generell positiv gegenübersteht. Wichtig sei aber, den Verhandlungen von Anfang an einen Rahmen mitzugeben. Leider fände die Debatte im Bundestag darüber etwas spät statt, so Hempelmann, und bezog sich damit auf die Tatsache, dass die EU-Handelsminister an diesem Freitag in Brüssel eine Entscheidung treffen wollten, ob die Verhandlungen beginnen können. Besonders Frankreich sperrt sich. Paris will seine vorwiegend staatlich geförderte Kulturbranche wie die Filmproduktion komplett aus den Freihandelsverhandlungen ausklammern. Der europäische Film sei bedroht, so die französische Sicht. Auch in der deutschen Öffentlichkeit außerhalb des Bundestags gibt es solche Bedenken.

Affront gegenüber China?

Nicht bei allen werde der Glaube geteilt, sagte der SPD-Politiker Hempelmann weiter, dass ein bilaterales Abkommen zwischen Europa und den USA komplementär zu multilateralen Abkommen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) wäre. Die Linken-Politikerin Ulla Lötzer sagte dazu, sie sehe die Gefahr, dass China und die Schwellenländer das Abkommen als Affront betrachten könnten, als ein Signal der Abschottung und des Protektionismus. Doch sei gerade Deutschland als Exportnation auf diese Länder angewiesen.

Auf die geostrategische Dimension eines möglichen Freihandelsabkommens ging auch der FDP-Politiker Lindner ein. Seine Interpretation ist allerdings eine andere. Man könne damit "das durchaus matte transatlantische Verhältnis wiederbeleben", so Lindner. Um zu zeigen, "dass der Westen lebt, sich den Herausforderungen der Globalisierung stellt - und nicht nur nach Osten schaut". Vorangehen sei wichtig, gerade auch, um die WTO-Verhandlungen zu beleben.

Parlamentarier fordern transparente Verhandlungen

Nicht alle Standards in den USA seien schlechter als die in der EU, sagte der CDU-Abgeordnete Erich G. Fritz und warnte vor reflexartiger Ablehnung. Er gehe davon aus, dass es in den Verhandlungen im Ergebnis zu gemeinsam entworfenen und durchaus besseren Standards kommen werde. Und auch die Befürchtungen aus dem Mittelstand teile er nicht, so Fritz. Die Großindustrie leiste es sich schon jetzt, in beiden Märkten auf Seiten des Atlantiks präsent zu sein und die Vorteile zu nutzen. Gerade der Mittelstand aber könne "viele Felder noch nicht beackern".

Einig waren sich die Parlamentarier aller Fraktionen darin, Transparenz zu fordern. Denn formal sind die Parlamente der EU-Staaten, also auch die Abgeordneten des Bundestags, gar nicht an den Verhandlungen der Eruopäischen Union mit den Vereingten Staaten beteiligt. Sie plädierten dafür, regelmäßig über den Stand der Dinge informiert zu werden. Nur durch Transparenz könne schließlich Akzeptanz entstehen, meinte Peter Beyer von der CDU. Am Ende der Debatte wurden mehrere Anträge der Opposition mit der Stimmenmehrheit von CDU/CSU und FDP abgelehnt. "Leider", wie auch der CDU-Politiker Beyer zugab, "denn es steht viel Richtiges drin". Nur macht es keinen Sinn, für die Verhandlungen vorher lauter Stolpersteine aufzustellen.