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Spaß muss sein

12. November 2001

Auch wenn die Stimmung etwas gedämpfter ist: Für die Karnevalisten im Rheinland sind Terror und Krieg kein Grund, sich die gute Laune verderben zu lassen.

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Bild: AP

Schmerzlich ist den Narren Deutschlands noch das Jahr 1991 in Erinnerung: Golfkrieg. Damals wurden Prunksitzungen, Bälle und Umzüge abgeblasen, auf "Helau" und "Alaaf" verzichtet. Das soll im Jahr 2001 nicht schon wieder der Fall sein; trotz der Anschläge vom 11. September startet der Karneval pünktlich am 11. November um 11.11 Uhr. Die Pappnasen wollen sich ihr Tun von Afghanistan-Krieg, Bundeswehr-Einsatz und Milzbrandbriefen nicht verderben lassen. Etwas gedämpfter ist die Vorfreude allerdings schon.

Mit mulmigem Gefühl ins närrische Treiben

Nach Ansicht des Sitzungspräsidenten des Mainzer Carneval-Vereins (MCV), Rainer Laub, ist die Stimmung sogar "schlecht". "Wir sorgen uns, dass die jungen Leute, die da ihren Kopf hinhalten, gesund zurückkommen", sagt der Chef des MCV, der auch den Mainzer Rosenmontagszug ausrichtet, angesichts des möglichen Einsatzes der Bundeswehr. Da habe er schon "ein mulmiges Gefühl". Von einer Absage will man indessen weder in Mainz noch in den Fastnachtsburgen Koblenz und Trier etwas wissen. Allerdings ist in Koblenz der traditionelle Sturm auf das Heeresführungskommando am Karnevalsfreitag gestrichen worden.

Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) ist dagegen, Fastnachtsveranstaltungen "zum jetzigen Zeitpunkt" abzusagen. "Wenn sich die Lage nicht dramatisch ändert, sollte die Fastnacht stattfinden", sagt Beck. Das Amüsieren schließe die Verantwortung auf internationaler Ebene nicht aus.

Die meisten Narren wollen Feiern

Ähnlich sieht man es in der ostdeutschen Karnevalshochburg Köthen. "Nach den Anschlägen in den USA ist es wichtig zu zeigen, dass wir uns den normalen Jahresablauf nicht von Terroristen stören lassen", sagt Ronald Mormann, Präsident der 1. Köthener Karnevalsgesellschaft 1954 e.V. Pünktlich auf die Minute soll deshalb in der sachsen-anhaltinischen Karnevalshochburg der Startschuss fallen.

In Berlin wollen die Narren angesichts der politischen Lage nach den Terroranschlägen in den USA auch als Friedensbotschafter auftreten: So plant das Prinzenpaar Besuche bei der Jüdischen Gemeinde und beim US-Botschafter. Auch die Narren in Köln und Düsseldorf lassen sich nicht aus der Feierstimmung bringen, sie sehen keinen Grund zur Zurückhaltung.

Pappnasen nehmen Rücksicht

Diese Einstellung wird nicht von allen geteilt: Kritische Narren wollen in den Karnevalssitzungen auf die so genannten "Raketen" aus Fußgetrampel, Gejohle und Applaus verzichten. "Es ist im Grunde ein Feuerwerk der Freude", erklärt Jürgen Blum, Präsident der Kölner "Jan von Werth-Gesellschaft". Ihm missfällt allerdings das kriegerische Vokabular: Der Sitzungspräsident ruft zu dem Fußgetrampel mit den Worten auf: "Wir bedanken uns mit einer Rakete. An die Gewehre, Kommando Zwei". "Darauf werden wir in unseren Sitzungen verzichten", verspricht Blum.