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Spanien droht die Unregierbarkeit

27. Juni 2016

Das hat der EU nach dem Brexit-Votum gerade noch gefehlt: Die Neuwahl des spanischen Parlaments hat - wie von vielen befürchtet - wieder zu keinen klaren Mehrheitsverhältnissen geführt.

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Wahlkabinen in Spanien (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/A. Comas

Nach der zweiten Parlamentswahl innerhalb von gut einem halben Jahr steht Spanien erneut vor einer schwierigen Regierungsbildung. Die konservative Volkspartei (PP) des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy erhielt - entgegen Prognosen - zwar Zulauf und wurde wieder stärkste politische Kraft. Sie verfehlte jedoch deutlich die absolute Mehrheit. Ohne Koalitionspartner kann die PP deshalb nicht die Regierung stellen. Doch bisher wollte niemand mit Rajoy ein Bündnis eingehen.

Dessen ungeachtet forderte Rajoy - unter dem Jubel seiner Anhänger - "das Recht aufs Regieren" ein. "Ab morgen müssen wir mit allen sprechen, und das werden wir tun", kündigte der 61-Jährige an.

Keine großen Verschiebungen

Insgesamt erbrachte die Neuwahl in den Kräfteverhältnissen wenig Änderungen im Vergleich zur Parlamentswahl vom 20. Dezember 2015: Nach dem vorläufigen Endergebnis errang die Volkspartei 137 Sitze - nach 123 im Dezember. Die Sozialisten (PSOE) erhielten 85 Mandate (minus fünf), behaupteten sich aber als zweitstärkste Kraft. Das Bündnis um die Linkspartei Podemos ("Wir können") blieb mit 71 Sitzen - ebenso viele wie im Dezember - weit hinter den Erwartungen zurück und scheiterte überraschend mit seinem Ziel, die Sozialisten zu überholen. Die liberale Partei Ciudadanos ("Bürger") kam auf 32 Sitze, acht weniger als zuletzt. Die Wahlbeteiligung ging auf 69,8 Prozent zurück.

Enttäuschung bei Podemos

Podemos-Spitzenkandidat Pablo Iglesias räumte ein "unbefriedigendes Abschneiden" seines Bündnisses ein. "Wir hatten andere Erwartungen", erklärte der 37-jährige Politologe auf einer Pressekonferenz in Madrid. Iglesias meinte allerdings, seine Partei habe sich als politische Kraft konsolidiert. Der Weg von Podemos, das vor zwei Jahren praktisch nicht existiert habe, sei beeindruckend. Und er sei nicht zu Ende, versicherte er.

Albert Rivera (Ciudadanos), Pedro Sánchez (PSOE), Mariano Rajoy (PP), Pablo Iglesias (Podemos)
Die Spitzenkandidaten: Albert Rivera (Ciudadanos), Pedro Sánchez (PSOE), Mariano Rajoy (PP), Pablo Iglesias (Podemos)Bild: picture-alliance/dpa

Pedro Sánchez, der Spitzenkandidat der PSOE, zeigte sich hingegen mit dem Ergebnis für seine Sozialisten zufrieden. Zugleich deutete der 44-Jährige in Madrid an, dass die PSOE - wie mehrfach erklärt - keine große Koalition mit der Volkspartei bilden werde. Die Wähler hätten sich erneut für einen Wandel ausgesprochen, und die Sozialisten seien "die stärkste Kraft des Wandels", betonte er. Er wolle unter anderem für die "Wiederherstellung eines sozialen, demokratischen und liebenswürdigen Europas" arbeiten.

"Die Rechnung geht wieder nicht auf", ...

... fasste eine Moderatorin des TV-Senders "RTVE" den Wahlausgang zusammen. Analysten nahmen am späten Abend schon wieder das Wort "Unregierbarkeit" in den Mund - zumal völlig unklar ist, ob sich das linke Lager auf eine gemeinsame Linie für eine Regierungsbildung verständigen kann. Podemos-Chef Iglesias hatte Sánchez die Unterstützung verweigert, nachdem dessen Sozialisten bereits einen Pakt mit Ciudadanos geschlossen hatten. Zudem lehnen alle gemäßigteren Kräfte Iglesias' Forderung ab, ein Unabhängigkeits-Referendum für die Region Katalonien zuzulassen - nach dem Brexit nun erst recht.

Die Neuwahl am Sonntag war von König Felipe VI. angesetzt worden, weil es den Parteien nach der Wahl im Dezember nicht gelungen war, eine Koalition zu bilden. Die Regierung Rajoy konnte nur noch die laufenden Amtsgeschäfte weiterführen. Seitdem ist das Land blockiert.

wa/se (dpa, afp, rtr)