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Türkei vor der Wahl

17. Juli 2007

Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen wird die Mehrheit der Partei von Ministerpräsident Erdogan vermutlich geringer ausfallen als bisher. Die Nationalisten rechnen sich Chancen auf einen Wiedereinzug ins Parlament aus.

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Jubelnde Anhänger schwenken Plakat von Ministerpräsident Erdogan (Quelle: AP)
Anhänger von Ministerpräsident Erdogan auf einer WahlkundgebungBild: AP

Bei der Wahl des türkischen Parlaments sind am kommenden Sonntag (22.7.2007) keine Überraschungen zu erwarten: Die regierende konservativ-religiöse Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wird ihre Mehrheit behalten und weiter allein regieren können. Sie muss allerdings damit rechnen, einige Sitze und damit an Einfluss einzubüßen. Von weitaus größerer Bedeutung ist dagegen die nachfolgende Präsidentenwahl, die im Oktober stattfinden könnte.

Dabei könnte es zu einer Wiederholung des Showdowns von Ende April und Anfang Mai kommen, als der AKP-Kandidat und Außenminister Abdullah Gül angesichts des Widerstands der säkularen Opposition gezwungen war, seine Kandidatur zurückzuziehen. Gegen die Kandidatur waren zuvor mehrere hunderttausend Menschen auf die Straße gegangen. Auch die sich als Hüter der säkularen Verfassung verstehenden Streitkräfte hatten ihre Sorge über eine mögliche Islamisierung der Politik deutlich zum Ausdruck gebracht.

Erdogan verweist auf Erfolge

Türkei-Flagge neben Statue von Mustafa Kemal Atatürk (Quelle: AP)
Manche Türken sehen das säkulare Erbe von Staatsgründer Atatürk gefährdetBild: AP

Erdogan betonte stets, er habe nicht die Absicht, den Einfluss der Religion auf die Politik zu stärken. Seine Regierung verweist auf die vielen Erfolge unter Führung der AKP: die Reduzierung der Inflation, ein höheres Pro-Kopf-Einkommen und mehr ausländische Investitionen.

Bei der Parlamentswahl wird die AKP Umfragen zufolge dennoch Federn lassen müssen. Die Partei könnte danach 38 bis 41 Prozent der Stimmen erzielen. Das wären 290 bis 310 der insgesamt 550 Sitze im Parlament. Erdogan würde damit Ministerpräsident bleiben und könnte weiterhin allein regieren. Die AKP würde aber ihre Zweidrittelmehrheit im Parlament verlieren.

Nationalisten könnten ins Parlament einziehen

Frau näht Flaggen (Quelle: AP)
Wahlvorbereitungen: Eine Frau näht Flaggen für die Demokratische ParteiBild: AP

Die säkulare Republikanische Volkspartei, die den Protest gegen Güls Präsidentschaftsbewerbung anführte, würde den Umfragen zufolge zweitgrößte Partei im Parlament bleiben. Einen neuen Faktor stellt die Nationalistische Aktionspartei dar, die nach fünf Jahren wieder ins Parlament einziehen könnte. Die Partei profitiert dabei von dem Eindruck, die AKP-Regierung gehe nicht entschlossen genug gegen kurdische Rebellen vor. Wenn die Aktionspartei ins Parlament einzieht, könnte sie auch Einfluss auf die Präsidentenwahl nehmen.

Wahlberechtigt sind am Sonntag 42 Millionen der 72 Millionen Einwohner des Landes. Wegen der Krise angesichts der geplatzten Präsidentenwahl findet die Abstimmung vier Monate früher statt als geplant. Um die 550 Sitze bewerben sich 14 Parteien und rund 700 unabhängige Kandidaten. Die Parteien müssen mindestens zehn Prozent der Stimmen erzielen, um ins Parlament einziehen zu können.

Wahl-Kandidat erschossen

Unterdessen ist am Montagabend ein unabhängiger Wahl-Kandidat getötet worden. Der 42 Jahre alte Tuncay Seyranlioglu sei in seinem Auto erschossen worden, sagte eine Mitarbeiterin seines Wahlkampfteams am Dienstag. Er habe zuvor an einer Fernsehshow teilgenommen. Die Polizei nahm nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Dogan die mutmaßlichen Attentäter fest.

Drei weitere Personen in dem Auto wurden verletzt ins Krankenhaus gebracht, berichtete die Sprecherin weiter. Ihr Zustand wurde als nicht lebensbedrohlich beschrieben. Dogan berichtete, Seyranlioglu sei Geschäftsmann und schulde den Verdächtigen angeblich Geld. Er sei in der Vergangenheit des Betrugs beschuldigt worden. Auf Seyranlioglus Website hieß es, er sei Inhaber einer kleinen Zeitung in Istanbul. (rri)