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Griechenland Krisengipfel

28. Mai 2011

Die Krisensitzung von Regierung und Opposition in Athen sollte ein Befreiungsschlag werden, um doch noch ein gemeinsames Vorgehen bei den neuen Sparmaßnahmen zu erreichen. Diese Hoffnungen haben sich zerschlagen.

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Sparschwein in blau-weiß mit Griechenlandfahne (Archivfoto: dpa)
Griechenland muss sparenBild: picture-alliance

Der sanfte Druck des griechischen Staatspräsidenten, Karolos Papoulias, hat keinen Erfolg gebracht: Fast alle im griechischen Parlament vertretenen Oppositionsparteien verweigerten bei dem Krisentreffen mit der Regierung in Athen die Zustimmung zum Sparkurs der sozialistischen Regierung unter Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Das ist freilich keine Überraschung, denn die geplanten Sparmaßnahmen sind auch innerhalb der Regierungspartei umstritten.

Ministerpräsident Giorgos Papandreou (Archivfoto: dpa)
Ministerpräsident Giorgos PapandreouBild: picture alliance/dpa

Papandreou machte aus der Not eine Tugend und erklärte, er werde sich weiter um einen Konsens mit den Oppositionsparteien bemühen. Dafür gebe es schon mehrere Anhaltspunkte, sagte der Regierungschef in einer Fernsehansprache nach dem Krisentreffen. "Es ist aber notwendig, dass die Parteien über den eigenen Schatten springen." Angesichts der Umstände seien mutige Entscheidungen notwendig.

Auch die Konservativen sind nicht ohne Schuld

Nach dem geplatzten Krisengipfel am Freitag (27.05.2011) wird deutlich: Das Schuldendrama in Griechenland wird zunehmend auch als ein politisches Problem empfunden. Wünschenswert wäre vor allem die Zustimmung des konservativen Oppositionsführers Antonis Samaras zum aktuellen Sparprogramm. Schließlich ist seine Partei mitverantwortlich für die Finanzmisere des Landes, denn innerhalb von fünfeinhalb Regierungsjahren des letzten konservativen Premiers Kostas Karamanlis (2004-2009) wurde das Athener Haushaltsdefizit mehr als verdoppelt.

Der Chef der konservativen Nea Dimokratia, Antonis Samaras, hat seine Zustimmung zum Verkauf von Staatsvermögen signalisiert. Ansonsten verweigert er jedoch die Gefolgschaft und verspricht den Bürgern Steuersenkungen für den Fall seines Wahlsiegs. Als "Erpressung" bezeichnete er die jüngsten Drohungen des niederländischen Finanzministers Jan Kees de Jager, er würde kein Geld für Athen freigeben, wenn die griechischen Konservativen dem Rettungspaket nicht zustimmen.

Ablehnung im Interesse Griechenlands

Samaras erklärte, seine Partei könne nicht eine Politik mittragen, die die Wirtschaft abwürge, die griechische Gesellschaft auseinandertreibe und obendrein die in Europa festgelegten Ziele auch nicht erreiche. Zudem würde er keine Erpressung akzeptieren, die mit den Grundwerten der Demokratie nicht vereinbar sei. Für Samaras gibt es einen Ausweg aus der Krise: neue Verhandlungen mit EU und IWF über die Finanzhilfen.

Hafenterminal in Piräus (Archivfoto: ap)
Soll privatisiert werden: Hafenterminal in PiräusBild: AP

Offenbar versteht Samaras seinen Übereifer als späte Rache für den Populismus des einstiges Oppositionsführers Papandreou, der noch 2009 Sturm lief gegen die Privatisierung des Hafenterminals in Piräus und des Bahnbetreibers TRENOSE; ausgerechnet jener Staatsfirmen also, die er heute als Regierungschef unter den Hammer bringt. Doch bei allem Verständnis für parteipolitische Notwendigkeiten: Mit seiner Trotzhaltung verspielt Samaras viel Sympathien in Athen und auch in Brüssel.

Durch seine Einstellung würden die Beziehungen der griechischen Konservativen zu den Schwesterparteien in Europa weiteren Schaden nehmen, erklärt die Athener Politjournalistin Elli Triantafyllou. Schon heute gehörten führende Politiker dieser Parteien zu den schärfsten Kritikern Griechenlands.

Griechische Geschichte als Ratgeber

Der Rechtspopulist Giorgos Karatzaferis hat die Gunst der Stunde genutzt. Er fordert einen breiten Konsens für nachhaltige Sparpolitik und kritisiert die Blockadehaltung der anderen Parteien. Nach dem Krisengipfel machte er einen Exkurs in die Geschichte und verglich die Lage Griechenlands mit der drohenden Vernichtung des antiken Athens durch die Perser im 5. Jahrhundert v. Chr. – die nur vermieden wurde, weil die rivalisierenden griechischen Truppen vor der entscheidenden Seeschlacht bei Salamis sich doch noch einigen konnten. "Hätten sich Themistokles und Eurybiades damals nicht geeinigt, dann wären sie nicht in die Geschichte eingegangen – aber einigen sind ihre Stühle halt wichtiger als das Land", bemängelt Karadzaferis die Einstellung seiner Politkollegen.

Griechenland Protest
Demonstranten auf dem zentralen Syntagma-PlatzBild: DW

Unterdessen erfasst eine neue Protestwelle Athen - nach spanischem Vorbild. Sie richtet sich gegen die Sparpolitik der Regierung, aber auch gegen Korruption und Vetternwirtschaft in der Politik. Mehrere tausend Menschen strömen jeden Abend zum zentralen Syntagma-Platz vor dem Parlament und demonstrieren friedlich, ohne Parteifahnen.

Autor: Jannis Papadimitriou
Redakteur: Tamas Szabo / Martin Schrader