1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Luxusgüter und die Krise

21. Juli 2009

In Zeiten von Pleiten und Entlassungen scheint nichts so entbehrlich wie Golduhren oder PS-Schleudern. Doch an den teuren Statussymbolen hängt ein ganzer Wirtschaftszweig - und auch der spürt die Krise.

https://p.dw.com/p/IrRP
Champagner wird in ein Glas eingeschenkt (Foto: AP)
Keine überschäumende Freude in der LuxusgüterbrancheBild: AP

"Man umgebe mich mit Luxus, auf alles Notwendige kann ich verzichten", hat Oscar Wilde einmal gesagt. Der irische Schriftsteller war bekannt für seine Passion für das Ästhetische und Luxuriöse. Nicht überliefert ist jedoch, ob Wilde eine vergleichbare Krise erlebte wie die heutige globale Wirtschaftskrise. Die trifft mittlerweile auch die Branche der Luxusgüter: Um neun Prozent ist deren Umsatz in Europa in diesem Jahr zurückgegangen. Ein Trend, den auch Friedhelm Wiesmann, Geschäftsführer des Dülmener Sportwagenherstellers Wiesmann, beobachtet: "Das Luxussegment ist durchaus von der Krise betroffen", stellt er fest. Manch ein mittelständischer Unternehmer könne sich zwar einen Sportwagen leisten. Aber: "Es passt für viele nicht in die Zeit, so etwas jetzt zu tun."

Wiesmann Roadster MF3 (Foto: Wiesmann)
Teure Sportwagen sind nicht mehr im TrendBild: WIESMANN

Friedhelm Wiesmann baut im münsterländischen Dülmen exklusive Sportwagen, von denen jedes Modell mehr als 100.000 Euro kostet. Der Absatz der handgefertigten Boliden lief zuletzt schleppender. Eine unter manchen Unternehmern verbreitete Einschätzung teilt Wiesmann nicht: "Früher sagte man immer, Luxusgüter seien nicht konjunkturabhängig. Das stimmt nicht ganz." Denn nun seien auch insbesondere wohlhabende Menschen von der Wirtschaftskrise betroffen.

Auch die Haute Couture spürt die Krise

Dass die Krise auch den Superreichen zusetzt, spürt nun auch die Luxusmodebranche. Als erstes Unternehmen aus dem Metier der exklusiven Textilien meldete die Nobelmarke Lacroix Insolvenz an. Die Haute Couture aus Paris blieb zuletzt immer häufiger im Regal liegen.

Ganz anders läuft es dagegen im kleinen Geschäft des Münsteraner Maßschneiders Ullrich Gerlach. Obwohl der günstigste maßgeschneiderte Anzug bei ihm 2.500 Euro kostet, kommt die anspruchsvolle Kundschaft nach wie vor zahlreich. Die Krise könne Gerlach in seinem Betrieb nicht erkennen. "Im Gegenteil: Wir haben zunehmende Nachfrage und haben so teure Anzüge wie noch nie verkauft", sagt er. Für ihn sind Maßanzüge ein krisenfestes Produkt - ein Luxus, den sich seine Auftraggeber auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten leisten. Ein Kunde, der immer Maßkleidung getragen habe, würde nicht in der Krise auf einmal damit aufhören, meint Gerlach: "Der wird jetzt nicht plötzlich in einen Herrenausstatter gehen und einen Anzug von der Stange kaufen."

Reale Werte im Blickpunkt

Halskette aus Rubinen und Diamanten von Neiman Marcus (Foto: AP)
Passt nicht recht zusammen: Schmuck und WirtschaftskriseBild: AP

Ein Indiz für die neue Sparsamkeit der Reichen ist dagegen der rückläufige Champagner-Konsum. Der Absatz des edlen Getränks brach zu Beginn des Jahres weltweit um mehr als ein Drittel ein. Auch die Schmuckbranche stellt Luxusprodukte her, die man nicht unbedingt zum Leben braucht. Thomas Oeding-Erdel, Juwelier am Münsterschen Prinzipalmarkt, betont allerdings die Emotionen, die beim Geschäft mit Luxusgütern zum Tragen kämen. Luxuriöse Artikel wie Schmuckstücke würden Freude machen und könnten als Geschenk auch Freude weitergeben. Die weltweite Rezession führt in den Augen des Juweliers aber nicht zum Verzicht auf Luxusgüter, sondern hat vielmehr einen reinigenden Effekt auf die zuletzt abgehobene Branche. "Die wahren Luxusgüter, bei denen der Wert und das Handwerk im Vordergrund stehen, werden stärker aus der Krise hervorgehen", sagt Oeding-Erdel.

Besinnen sich die Menschen in Krisenzeiten doch wieder auf reale Werte oder gar auf das Notwendige? Selbst Luxusfreund Oscar Wilde überwand irgendwann seinen Materialismus: "Die wahre Vollkommenheit des Menschen liegt nicht in dem, was er hat, sondern in dem, was er ist."


Autor: Joscha Weber

Redaktion: Zhang Danhong