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IAA Nutzfahrzeuge

Henrik Böhme (Hannover)23. September 2014

Das Geschäft mit Nutzfahrzeugen ist extrem konjunkturabhängig. Ist irgendwo Krise, merken es die Lkw-Bauer sofort. Und Krisen gibt es derzeit reichlich. Die IAA in Hannover will trotzdem für Optimismus sorgen.

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Reifen aus Löwenzahn (Foto: Continental)
Bild: Continental

Auf den ersten Blick ist alles gut: Mehr Aussteller aus mehr Ländern, mehr Weltpremieren als bei früheren Auflagen der großen Nutzfahrzeugmesse in Hannover. Viele technologische Lösungen beeindrucken, etwa wenn der Riesenlaster per Tablet gesteuert in die Parklücke rollt.

Doch gleich hinter den schicken Messeständen lauern die Probleme: Nicht nur politische Vorgaben wie Abgasnormen bereiten der Branche Kopfzerbrechen, sondern die allgegenwärtigen Nachrichten aus den Krisengebieten dieser Welt. Vor allem der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine belastet auch wegen der Sanktionen die Geschäfte.

"Wir spüren die Folgen"

Matthias Wissmann, Chef des Verbandes der deutschen Autoindustrie (VDA) verweist auf die schon vor der Krise schwache wirtschaftliche Entwicklung Russlands. Jetzt kämen noch die Folgen der die Krise obendrauf, so Wissmann gegenüber der DW: "Ja, das spüren wir. Gott sei Dank sind wir nicht allein von diesem Markt abhängig. Wenn ähnliche Krisen in anderen Teilen der Welt auftauchen würden, dann würde es uns noch schwerer treffen. Trotzdem: Wir machen uns Sorgen." Weltpolitische Krisen würden immer einen Effekt auf die Märkte haben. "Und im Fall Russland/Ukraine ist das ganz sicher der Fall."

Aber nicht nur in östlicher Richtung gibt es Probleme. Auch anderswo laufen die Geschäfte für die Hersteller von schweren Trucks und wendigen Lieferwagen nicht mehr wirklich gut. MAN hat für zwei Werke schon Kurzarbeit beantragt. Soweit ist es bei Daimler, dem Weltmarktführer bei schweren Lkw, noch lange nicht. Aber Wolfgang Bernhard, der die Nutzfahrzeuge-Sparte leitet, berichtet von vielen Brandherden: In Brasilien gehe derzeit nicht viel und in Argentinien gar nichts mehr. Selbst auf dem Heimatmarkt Deutschland halten sich die Käufer zurück.

Daimler Future Truck (Foto: Daimler)
Der Chef lässt lenken: Daimler-Truck-Chef Bernhard im Future TruckBild: Daimler AG

Vorkehrungen für schlechtere Zeiten

Man wisse noch nicht wirklich, woran es liege, sagt Bernhard im DW-Gespräch, wichtig sei aber "nicht mit Vollgas in die Krise hineinfahren, wenn denn eine kommt". Man nehme in der Produktion rechtzeitig den Fuß vom Gas, produziere etwas weniger, damit keine großen Vorräte angehäuft würden. "Wir hoffen schon, dass es bis zum Ende des Jahres nochmal eine Belebung gibt, dass auch diese IAA nochmal Impulse bringt." Dann werde es in diesem Jahr nur ein leichter Rückgang im Vergleich zum letzten Jahr. "Und dann hoffen wir, dass wir 2015 wieder Fahrt aufnehmen."

Etwas optimistischer ist da Eckhard Scholz, Nutzfahrzeug-Chef bei Volkswagen. In seinen Bereich fallen die leichteren Klassen wie Lieferwagen oder Transporter, die schweren Trucks haben die Wolfsburger in der MAN-Scania-Allianz gebündelt. "Wir sind eigentlich in diesem Jahr hervorragend unterwegs. Und wir sehen, dass wir diese Welle auch ein Stück weit mitnehmen können ins nächste Jahr." Aber man beobachte die Märkte intensiv, um zu gegebener Zeit reagieren zu können. Wie jetzt in Brasilien, wo sich der Pick-up Amarok schlecht verkaufe, da werde die Produktion angepasst.

Studie Volkswagen T6 Tristar (Foto: VW)
So könnte die neueste Version des VW-Bully aussehen: T6 TristarBild: Volkswagen

Der Truck der Zukunft

Auch einen elektrisch angetriebenen Stadtflitzer hat VW im Angebot: Für Pizzabäcker oder Kurierdienste in den großen Städten durchaus eine denkbare Alternative. Überhaupt sind viele spannende Dinge in Hannover zu sehen: Der Future Truck von Daimler, der dem Fahrer das Fahren abnimmt, was allerdings noch, wie der Name schon sagt, eine Zukunftsvision ist. Oder eben ein Riesentruck, der rückwärts einparkt. Der Fahrer steht dabei neben seinem Fahrzeug und lenkt per Tablet.

Entwickelt haben das die Ingenieure von ZF Friedrichshafen, einem der großen Zulieferer. Der hat gerade mit einer Milliarden-Übernahme in den USA für Aufsehen gesorgt. ZF-Chef Stefan Sommer sagt, man habe diesen Weg einschlagen müssen, um vorne zu bleiben: "Wir wollen führender Zulieferer bleiben, wir wollen systemfähig bleiben. Und dazu müssen wir die Bandbreite der Megatrends wie autonomes oder assistiertes Fahren mit abdecken können." Und man wolle in allen Regionen gleichzeitig die neuen Technologien anbieten, so Sommer zur DW: "Das geht nur mit Größe und Stärke und mit vielen, kompetenten Mitarbeitern auf der ganzen Welt."

Das zeigt, wohin die Reise geht: ZF war bislang vor allem für seine Getriebe und Lenksysteme bekannt. Jetzt wollen sie mitmischen bei den Zukunftstrends: Und die heißen auch beim Lkw: Sparsamer und sicherer fahren mit Autopilot, mehr Vernetzung, mehr Effizienz. Laute, die Autobahnen verstopfende Dreckschleudern: Sie sollen bald Vergangenheit sein.