1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

SPD blickt kämpferisch in die Zukunft

4. Dezember 2011

Zwei Jahre vor der Bundestagswahl präsentiert sich die SPD selbstbewusst. Zum Auftakt ihres Parteitags kündigten führende SPD-Politiker an, sich auf die Übernahme der Regierung nach der nächsten Wahl vorzubereiten.

https://p.dw.com/p/13MP3
Helmut Schmidt (SPD) spricht am Sonntag (04.12.11) in Berlin beim Bundesparteitag der SPD (Foto: dapd)
Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) hielt beim Bundesparteitag der SPD eine umjubelte RedeBild: dapd

Drei Tage hat sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands Zeit genommen, um gemeinsam den Kurs bis zur nächsten Bundestagswahl abzustecken. Auf dem Programm des Parteitags in Berlin stehen neben der Neuwahl des Vorstands Debatten über den Kampf gegen Rechts, die Steuerpolitik, die Familien- und Bildungspolitik, die Arbeitspolitik und die Europapolitik.

Die Kandidatenfrage ist kein Thema

Kein Thema auf dem Parteitag ist die Wahl eines Kanzlerkandidaten für die Wahl in zwei Jahren. Darüber werde definitiv erst Ende 2012 entschieden, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vor Beginn des Parteitags genervt. Trotzdem überschattet die sogenannte K-Frage den Parteitag und seine Choreographie. Denn derzeit werden drei mögliche Kandidaten diskutiert, neben Parteichef Sigmar Gabriel der frühere Außenminister Steinmeier und der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück. Alle drei Kandidaten sollen an den drei Tagen des Parteitags mit wichtigen Reden zu Wort kommen, jeder an einem anderen Tag.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Frank-Walter Steinmeier spricht am Mittwoch (07.09.2011) während der Haushaltsdebatte im Bundestag in Berlin (Archivfoto: dpa)
Der Fraktionsvorsitzende der SPD Frank-Walter Steinmeier: K-Frage wird Ende 2012 entschiedenBild: picture alliance/dpa

Den Auftakt machte Steinmeier am Sonntag (04.12.2011) mit einer kämpferischen Rede zur Europapolitik. Darin rief er die europäischen Staaten zu mehr Gemeinsamkeit auf. Schon jetzt sei deutlich, dass die USA den Europäern den Rücken kehrten und sich stattdessen den aufstrebenden pazifischen Staaten zuwandten. Präsident Barack Obama habe dies kürzlich deutlich gemacht, als er die USA in einer Rede in Australien als pazifische Macht definierte. Nur wenn die EU-Staaten eine gemeinsame Politik entwickelten, würden sie auch in Zukunft noch eine weltpolitisch bedeutsame Rolle spielen. "27 Einzelmeinungen werden in wenigen Jahren im großen Weltrauschen untergehen", prophezeite Steinmeier.

Scharfe Angriffe auf die Bundesregierung

Im Zusammenhang mit der Eurokrise griff der SPD-Fraktionschef die Bundesregierung scharf an. Bundeskanzlerin Angela Merkel warf er "penetrante und doppelzüngige Schulmeisterei" vor. Sie habe nichts entschieden, was wichtig und richtig gewesen sei, sondern immer nur das, was mit der dahinsiechenden FDP möglich gewesen sei. Die Vergemeinschaftung von Schulden sei in Europa längst Realität. Die Zentralbank habe die Kernschmelze des Euro verhindert, indem sie Staatsanleihen aufgekauft habe. Sie sei damit aber in die Rolle einer informellen Wirtschaftsregierung geschlüpft, die ohne jede demokratische Kontrolle agiere.

Steinmeier warnte auch davor, dass Europa zunehmend undemokratischer werde. So sehr er sich über den Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi freue, könne die Einsetzung von demokratisch nicht legitimierten Technokraten-Regierungen nicht die Lösung darstellen.

Die SPD drücke sich nicht vor Verantwortung. In ihrer 150-jährigen Geschichte sei sie immer bereit gewesen, Verantwortung zu übernehmen. Darum bereite sie sich jetzt auf die Regierungsübernahme in zwei Jahren vor.

Umjubelter Auftritt von Altkanzler Schmidt

Zu Beginn des Parteitags hatte Altbundeskanzler Helmut Schmidt eine eindringliche und bejubelte Rede gehalten. Fünf Minuten lang spendeten die Delegierten dem fast 93-Jährigen stehend Beifall. Schmidt warnte vor der zunehmenden Isolation Deutschlands in der derzeitigen Krise. Die geopolitische Zentrallage der Bundesrepublik, die unglückliche Geschichte und die heutige Leistungsfähigkeit Deutschlands verlangten besondere Sensibilität im Umgang mit den Nachbarländern und den europäischen Partnern. Von außen betrachtet löse Deutschland Unbehagen wegen der Unstetigkeit seiner Politik aus. Das Vertrauen in die Verlässlichkeit Deutschlands schwinde, die Sorge vor deutscher Dominanz wachse. Dabei gehe es diesmal nicht um eine militärisch und politisch überstarke Zentralmacht, wohl aber um ein ökonomisch überstarkes Zentrum. "Unsere Überschüsse sind die Defizite der anderen, die Schulden der anderen sind unsere Forderungen", mahnte Schmidt und warnte vor deutscher Kraftmeierei.

Dafür rief er die Abgeordneten des Europa-Parlaments auf, ihrer Stimme in der Euro-Krise Gehör zu verschaffen. Die völlig unzureichend gebliebene Aufsicht über die Banken und Börsen eigne sich am besten für den Aufstand des Europäischen Parlaments.

Resolution gegen Rechts

Einstimmig verabschiedeten die 480 Delegierten eine Resolution gegen den Rechts-Extremismus. Darin entschuldigte sich die SPD bei den Angehörigen der ausländischen Opfer der rechtsextremen Terrorzelle. "Wir schämen uns für die schweren Fehler, die bei den Ermittlungen gemacht wurden", heißt es in der Entschließung. Zugleich bekräftigte die SPD ihre Forderung nach einem NPD-Verbot.

Norwegens Premier Jens Stoltenberg neben norwegischer Nationalfahne (Archivfoto: ap/dapd)
Gastredner beim SPD-Parteitag: Norwegens Premier Jens StoltenbergBild: dapd

Der norwegische Regierungschef Jens Stoltenberg, der als Gastredner sprach, bedankte sich bei den Sozialdemokraten für ihre Unterstützung und ihr Mitgefühl anlässlich des Bombenattentats in Oslo und des Mordanschlags auf ein Ferienlager der sozialdemokratischen Jugendorganisation im vergangenen Juli.

In seiner mit viel Beifall der Delegierten bedachten Rede forderte Stoltenberg die SPD auf, eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen. Er rief sie auf, für eine anti-zyklische Wirtschaftspolitik zu kämpfen, mit der verhindert werden könne, dass Europa sich kaputt spare.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Martin Schrader