1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Spiel's noch einmal, Franky

4. August 2009

Vorbei die Zeiten, in denen der Pianist in der Hotelbar dezent im Hintergrund agierte. 'Franky' Werner ist es lieber, wenn die Gäste das Tanzbein schwingen. Ein musikalischer Dauereinsatz zwischen Theke und Tanzfläche...

https://p.dw.com/p/J2oq
Der Pianist Frank Werner sitzt jeden Abend in der Bar. (Foto: Matthias Mayr)
Franky weiss, was der Gast wünschtBild: DW / Matthias Mayr

Langsam bricht die Nacht über Köln herein. Nur eine handvoll gepflegter Herren hat sich an diesem lauen Sommerabend in der Piano Bar des Maritim Hotels eingefunden. Mit einem Drink in der Hand, das Jackett locker über den Barhocker geworfen, suchen sie nach einem entspannenden Ausklang des Tages – Chillout mit Stil. In einer Ecke steht ein weißer Bösendorfer-Flügel, darauf thront ein Keyboard. Der Mann an den Tasten weiß genau, was jetzt von ihm verlangt wird, dafür genügt ihm ein kurzer Blick in die Runde. Wie Champagner perlt seichte Klaviermusik durch den Raum und fängt dezent die Stimmung der Gäste auf. So stellt man ihn sich vor, den klassischen Bar-Pianisten. Doch der Schein trügt.

Zum Tanz ins Hotel

Der Barpianist - eine lebende Jukebox. (Foto: Matthias Mayr)
Charmant, humorvoll und nicht nur zurückhaltend - der Barpianist von heuteBild: DW / Matthias Mayr

"Ich bin praktisch ein Pianist im Hotel, aber ich persönlich deklariere das mehr als Entertainer. Heutzutage ist im Hotel alles gefragt. Man muss wirklich flexibel sein", sagt Frank Werner über seine Arbeit. Besonders freut es ihn, wenn die Gäste tanzen, vor allem zu seinen eigenen Liedern. Frank Werner ist ein echter Self-Made-Man. Mit 14 verdient er bereits sein erstes Geld mit Musik, auch ohne professionelle Musikerausbildung. Jazz, Schlager, Lounge-Musik - dass er sich nie auf eine Richtung festgelegt hat, sieht er heute als sein Glück. Zwar gibt es in den traditionsreichen Grand Hotels noch die klassischen Hintergrundmusiker, die man aus Filmen wie "Casablanca" kennt. Doch in den meisten Häusern ist mittlerweile ein vielseitiges Programm gefragt, denn auch das Publikum ist bunter. David Harrington, Vorsitzender des Deutschen Pianistenverbands, bemerkt seit etwa 5 Jahren einen leichten Aufwärtstrend der Live-Musik in Hotelbars: "Gutes Pianospiel allein reicht heute nicht mehr aus. Gefragt sind niveauvolle Unterhaltungskünstler, die humorvoll, aber nicht belästigend auf die Gäste wirken. Mit einem guten Entertainer lässt sich der Umsatz der Bar verdoppeln."

Fans mit Niveau

Wenig Gäste heißt auch viel Platz auf der Tanzfläche. (Foto: Matthias Mayr)
Frankys Stammpublikum mit viel Platz zum 'Swingen'Bild: DW / Matthias Mayr

Wenn Frank Werner abends in Hotel-Bars auftritt, nennt er sich "Franky" - und spielt Klavier und Keyboard. Oft singt er auch dazu. Sein Repertoire ist mittlerweile so groß, dass er selten einen Wunsch nicht erfüllen kann. Bis zu sieben Stunden sitzt Franky an einem Abend am Klavier. Alle dreiviertel Stunde legt der entertainende Pianist eine kleine Pause ein. Die verbringt er nicht im stillen Kämmerlein, sondern spricht mit den Gästen, die schon auf ihn warten: "Ich kenne ihn schon sehr lange und bin jetzt nur wegen Franky gekommen", freut sich eine Dame, die zu Frankys Stammpublikum zählt. Einige weibliche Gäste wollen auch anderweitig unterhalten werden. Das klassische Beispiel: der liegen gelassene Zimmerschlüssel auf dem Flügel. "Das passiert schon öfter. Aber man macht das eigentlich nicht. Man registriert das zwar, es ist positiv, aber man nutzt die Gelegenheit nicht aus", erzählt Franky sichtlich amüsiert. Oft gehen Partnerschaften in die Brüche, wenn einer immer in die Nacht entschwindet. Franky ist deshalb glücklich, eine Ehefrau gefunden zu haben, die den Beruf mit ihm teilt. Sie ist selbst Sängerin und an den Wochenenden treten sie dann als "Emily and Franky" zusammen auf.

Ehrliches Verspielen

Franky mit seiner Ehefrau und Gesangspartnerin Emily. (Foto: Frank Werner)
Gemeinsam durch die Bars und das Leben - Emily und FrankyBild: Frank Werner

Gegen ein Uhr nachts ist meist Schluss. Wenn richtig Stimmung aufkommt, spielt Frank Werner auch länger. Trotz der langjährigen Routine und der Anstrengungen seines Nacht-Jobs möchte Franky, der nach eigenen Worten jedes Jahr 30 wird, nichts Anderes machen. Er liebt es, die Menschen mit Musik zu unterhalten und freut sich über die Aufrichtigkeit seiner Arbeit: "Ich habe mal eine Frau kennengelernt, die war in der Politik. Zu der habe ich gesagt: 'Das könnte mir auch ganz gut liegen'. Da hat sie mir geantwortet: 'Bleiben sie bei ihrer Musik, weil das ein ehrlicher Beruf ist. Wenn Sie sich verspielen, hört man das.'"

Über die Branche äußert sich Franky vorsichtig. Der Konkurrenzneid ist groß und der Griff zum Glas ein beliebtes Hilfsmittel für viele Kollegen, um sich vor den Gästen zu lockern. Er selbst trinkt nur selten Alkoholisches. Franky lebt ganz gut von seinem Beruf, aber zu seinem Gehalt will er nichts Genaueres sagen. Er kommt viel rum, wird von Hotels in ganz Deutschland gebucht. In den nächsten Tagen packt er seine Koffer und fährt nach Timmendorf an die Ostseeküste, wo die nächste Hotel-Bar auf seine Künste wartet. Auf eine Sache freut sich Franky dann besonders: "In Timmendorf gibt es noch einen richtigen Tanztee, und der Jüngste ist 65. Das sind noch so richtige Swinger. Swing mag ich auch sehr gern, dann spiele ich noch ein bisschen langsamer als sonst, und die freuen sich richtig darüber."

Autor: Matthias Mayr

Redaktion: Aya Bach