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Menschenrechte und Sport

Heiner Kiesel29. Januar 2015

Human Rights Watch erhebt schwere Vorwürfe gegen die Veranstalter von großen Sport-Events. 2015 wird ein Jahr der Entscheidungen, sagen die Menschenrechtler.

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Olympische Winterspiele Sotschi 2014 Abschlussfeier (Foto: EPA/BARBARA WALTON)
Bild: picture-alliance/dpa

Ein aufregendes Sportjahr hat begonnen. Aber auch eines mit heiklen Austragungsorten. In Katar läuft derzeit noch die Handball-Weltmeisterschaft, Russland wird die Schwimmweltmeisterschaften austragen und zum ersten Mal wird es Europaspiele geben – im aserbaidschanischen Baku. Man darf durchaus ein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich die Wettbewerbe ansieht, denn es steht zu erwarten, dass sich die Menschenrechtslage an diesen Austragungsorten merklich, vielleicht sogar dramatisch verschlechtern wird. "In den letzten zehn Jahren haben wir immer wieder beobachten können, dass die Vergabe von Mega-Sport-Events an repressive Regime die Menschenrechtsverletzungen extrem antreibt", sagt Minky Worden von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Oftmals führe sogar erst das Großereignis zu Menschenrechtsverletzungen, so Worden.

Wäre die Welt ohne FIFA-WM oder Olympia gerechter?

WM Baustelle Katar Foto: dpa
Tausende Arbeitsmigranten errichten die Fussballpaläste für die WM 2022 - oft unter Einsatz ihres LebensBild: picture-alliance/dpa

Ein eindrucksvolles Beispiel dafür waren Anfang 2014 die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Es gab Zwangsräumungen, Arbeiter wurden ausgebeutet, Journalisten, Homosexuelle und Regimekritiker wurden von den russischen Sicherheitskräften verfolgt. Eindeutige Stellungnahmen dagegen gab es kaum von den olympischen Komitees. Schon bei den Sommerspielen im repressiven China 2008 konnte die Welt mitverfolgen, wie Anwohner der Spielorte entrechtet wurden, Zwangsarbeiter die Stadien hochzogen und kritische Aktivisten hinter Gitter kamen. Die verantwortlichen Organisationen scheinen wenig aus der Vergangenheit gelernt zu haben. Das betrifft nicht nur die olympische Bewegung. In Katar werden derzeit die Spielstätten für die Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in die Wüste gebaut. Dutzende Gastarbeiter sind in Folge der unmenschlichen Arbeitsbedingungen bereits zu Tode gekommen.

Besonders bitter: Menschenrechtsverletzungen passen so ganz und gar nicht zu den Idealen des organisierten Sports. Dort geht es ja vor allem darum, nach den Regeln zu spielen, fair miteinander umzugehen. Die Charta des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) spricht von dem Ziel, "eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist" und "auf der Achtung universell gültiger fundamentaler moralischer Prinzipien aufbaut". Trotzdem, so Human Rights Watch, zeige sich das IOC nur widerwillig bereit, Verstöße zu ächten.

Minky Worden, Aktivistin bei Human Rights Watch Foto: Heiner Kiesel
Minky Worden von Human Rights WatchBild: DW/H. Kiesel

"2015 ist ein entscheidendes Jahr für die internationalen Sportorganisationen, endlich ihren Einfluss geltend zu machen", mahnt Minky Worden. Zum Beispiel bei der anstehenden Vergabe der olympischen Winterspiele 2022. Als Bewerber sind nur noch Kasachstan und China geblieben. In den Gastgeber-Verträgen müssten unbedingt verbindliche Standards für Menschenrechte festgeschrieben werden. "Und es muss klar sein, dass die Spiele entzogen werden, wenn dagegen verstoßen wird", fordert die Aktivistin von Human Rights Watch. Die Bewerberländer wollen die Spiele, weil sie damit Gewinn und Prestige steigern. "Das ist ein Hebel, der die Menschenrechte weiterbringen kann", hofft sie. Außerdem setzt Worden hohe Erwartungen in den neu zu wählenden IOC-Präsidenten.

"FC Bayern München gibt ein schlechtes Beispiel ab"

Inzwischen muss sich die Öffentlichkeit in Deutschland noch mit einem weiteren Beispiel für mangelnde Sensibilität der Großen im Sport im Umgang mit Menschenrechtsverletzern auseinandersetzen. Der FC Bayern München, das finanzstärkste und erfolgreichste Fussballunternehmen der Republik, hat ein Vorbereitungsmatch in Saudi-Arabien ausgetragen und ließ sich auch nicht davon stören, dass Frauen dort als Zuschauer nicht zugelassen waren.

"Der FC Bayern hat hier zu Menschenrechtsverletzungen beigetragen, das hätte er nicht tun dürfen", sagt der Direktor der deutschen Sektion von Human Rights Watch, Wenzel Michalski. Die Teilnahme am Spiel sei ein stillschweigendes "Okay" gewesen und habe bei den Gastgebern das Gefühl verstärkt, man kommt mit der Diskriminierung der Frauen durch. Denn jedesmal, wenn so eine Menschenrechtsverletzung unbeanstandet bleibe, bestehe die Gefahr, dass sie ausgeweitet werde, meint Michalski. Bayern-Manager Karl-Heinz Rummenigge konnte sich nach massiver Kritik am vergangenen Samstag zumindest zu diesem Satz durchringen: "Natürlich hätten wir ansprechen müssen, dass in Saudi-Arabien die Menschenrechte nicht immer so gehandhabt werden, wie man es sich wünscht", räumte er ein.