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Sport spielt eine große Rolle bei der Integration

29. Juni 2010

Wie eng Sport und Integration miteinander verbunden sind, wird in den Tagen der Fußball-WM deutlich. Je besser ein Team zusammenspielt, umso größer die Erfolge. Die deutsche Mannschaft ist Vorbild für viele Jugendliche.

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Die Fußball-Bundesliga wird immer farbiger und ausländerfreundlicherBild: picture-alliance/dpa

Über den Sport werden jungen Menschen Werte wie gegenseitiger Respekt, Toleranz, Fairness und Solidarität vermittelt. Neben der Freude über den Erfolg im Sport gehört zum sportlichen Alltag aber auch das Akzeptieren von Niederlagen und Misserfolg. All das sind Fähigkeiten, die auch im gesellschaftlichen Zusammenleben eine große Rolle spielen. Gerade der organisierte Sport mit seinen individuellen Chancen und sozialen Möglichkeiten ist deswegen auch wichtig für die langfristige Integration von Zuwanderern.

Im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft trafen sich Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund auf einer Veranstaltung unter dem Titel "Fair play - Sport und Integration" in Berlin mit Verantwortlichen aus den Bereichen Sport und Integration.

Es kommt auf jeden Einzelnen an

Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (Foto: DPA)
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria BöhmerBild: picture alliance/dpa

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, machte den Jugendlichen klar, dass es bei der Integration auf jeden Einzelnen ankomme: "Man lernt eine Menge an Teamgeist. Man lernt auch Fair Play und man lernt, sich gegenseitig zu schätzen - also ein Stück Vertrauen. Und Vertrauen ist ganz wichtig, wenn es um Integration geht."

Wichtig sei vor allem, so Böhmer, dass man sich auf seine Mitspieler verlassen könne. Die deutsche Mannschaft habe das bei der Fußballweltmeisterschaft bisher bewiesen. Es freue sie besonders, so Böhmer, dass unter 23 Spielern im Kader von Jogi Löw elf seien, die entweder im Ausland geboren wurden oder deren Eltern Migranten waren. Das Bild der Nationalmannschaft habe sich also völlig verändert.

In Vereine eintreten und mitgestalten

Gül Keskinler ist seit vier Jahren ehrenamtliche Integrationsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bunds, dem 26.000 Vereine mit etwa 6,7 Millionen Mitgliedern angehören. Keskinler spricht die zur Veranstaltung gekommenen Jugendlichen persönlich an. Sie sollen das Gefühl haben, dass Deutschland und auch der Fußball-Bund ihre Heimat seien. Gleichzeitig ruft sie die Jugendlichen auf, auch selbst aktiv werden: "Geht raus, geht in die Vereine, geht in die Parteien, geht in die Organisationen rein, wo ihr mitgestaltet und Verantwortung übernehmt."

Die Integrationsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes, Gül Keskinler (Foto: DPA)
Die Integrationsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes, Gül KeskinlerBild: picture-alliance/ dpa

Es dürfe nicht immer nur darauf gewartet werden, dass Andere den ersten Schritt machen, so die DFB-Integrationsbeauftragte. Entscheidend sei, sich selbst als Teil der Gesellschaft zu sehen, wie es gerade die Spieler in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vormachten: "Die besten Botschafter sind doch unsere Nationalspieler. Die geben uns die Möglichkeit, klar zu sehen: Deutschland kann nur gewinnen, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen und als Team arbeiten."

Selber pfeifen

Die 22-jährige türkischstämmige Sinem Turac macht gerade eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Daneben arbeitet sie schon seit mehreren Jahren als Schiedsrichterin beim Fußball, jetzt ist sie als Integrationsbotschafterin für den DFB tätig. Sie pfeift in der 2. Bundesfrauenliga und in der Männer-Verbandsliga. Alles fing damit an, dass Sinem für den "Lichterfelder FC" in Berlin Fußball spielte. Dann habe sie der Vater ihrer besten Freundin angesprochen, ob sie nicht einmal Schiedsrichterin werden möchte, erzählt Sinem. Sein Argument damals war: "Du hast Ahnung von Fußball, kannst laufen - und die Regeln, das werden wir schon klären."

Sinem hat dann die Schiedsrichterprüfung absolviert und ihre ersten Spiele im Jugendbereich geleitet. Dann ist sie Stück für Stück aufgestiegen.

Auf dem Fußballplatz soll Deutsch gesprochen werden

Sinem hatte ein Gymnasium in Berlin-Kreuzberg besucht und erinnert sich, dass auch sie einmal einen Mix aus Türkisch und Deutsch gesprochen hat, was ihr auch in der Rechtschreibung häufig Punktabzug gebracht hatte. Deswegen fordert sie die Jugendlichen auf: "Versucht, bei einer Sprache zu bleiben. Wenn ihr zum Beispiel Arabisch sprecht, dann rede auch Arabisch oder nur Deutsch und mach keinen Mix daraus."

Das Ziel von Schiedsrichterin Sinem Turac ist jedoch nach wie vor, dass in Deutschland auf dem Fußballplatz Deutsch gesprochen wird.

Sinem hat den Jugendlichen aus ihrer Erfahrung noch Anderes zu berichten. Oft wurde ihr von Journalisten die Frage gestellt, ob sie Probleme habe, wenn eine türkische gegen eine deutsche Mannschaft spiele. Dazu Sinem: "Ich hatte sogar Pokal-Spiele, wo ich dachte, 'Na ja, hier könnte heute etwas passieren'. Ich kann nur sagen, dass im Endeffekt alles friedlich abgelaufen ist, es gab keine Probleme."

Es ist egal, woher einer kommt

Florian holt derzeit bei der Gesellschaft für Integration seinen Mittleren Schulabschluss nach. Er findet die Veranstaltung "Fair Play" interessant, weil man da auch seine Meinung zur Integration sagen kann. Eigentlich sei es egal, wer woher komme: "Man fragt zwar nach, wer wo herkommt, aber ich finde, sobald der sich vor mich stellt und mir sagt, er ist Deutscher, er steht zu Deutschland, dann ist mir eigentlich egal, ob er der, die oder das verwechselt, dunkel ist und braunäugig". Es sei kein Problem der Jugendlichen, sondern vielmehr der etwas älteren Generation, meint Florian.

Andreas lebt schon seit seiner Geburt in Berlin-Wedding. Für ihn sei Integration etwas ganz Normales. Daniel, der gerade eine einjährige Arbeitsamt-Maßnahme durchläuft, um dann eine Chance auf eine Ausbildung zu haben, findet es gut, dass hier eine Diskussion mit dem gemeinsamen Anschauen eine Fußballspiels verbunden wurde. Der türkischstämmige Ömer aus Berlin-Schöneberg macht gerade sein Abitur und will ab dem nächsten Jahr studieren. Für ihn war die Diskussion eine Bereicherung: "Weil sie spricht auch jeden einzelnen hier an. Es war sehr informativ und zeigt uns wichtige Elemente für eine Perspektive oder für die Zukunft."

Autorin: Sabine Ripperger
Redaktion: Kay-Alexander Scholz