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"Srebrenica darf niemals wieder geschehen"

11. Juli 2010

15 Jahre nach dem Massaker an muslimischen Männern und Jungen wurden in der bosnischen Stadt weitere 775 Opfer beigesetzt. Spitzenpolitiker aus der Region und der Europäischen Union gaben ihnen das letzte Geleit.

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Bernard Kouchner (Foto: AP)
Der französische Außenminister Kouchner nahm als Vertreter der EU an der Trauerfeier teilBild: AP

Rund 40.000 Menschen kamen am Sonntag (11.07.2010) in der ostbosnischen Stadt Srebrenica zusammen, um der Opfer des Massakers vor 15 Jahren zu gedenken. Serbische Verbände hatten am 11. Juli 1995 mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet. Es war das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Auf dem Gedenkfriedhof in Potocari wurden 775 erst kürzlich identifizierte Opfer beigesetzt. Damit sind dort jetzt über 4500 Opfer des Massakers bestattet. Spitzenpolitiker aus der Region und aus Europa erwiesen ihnen die letzte Ehre.

Grabstätten (Foto: Marinko Sekulic)
Grabstätten für weitere, kürzlich erst identifizierte Opfer des MassakersBild: DW

Bei glühender Sommerhitze hatte ein Jugendchor mit dem Oratorium "Srebrenica-Inferno" die Gedenkfeier eröffnet. Unter den ausländischen Gästen waren für die EU-Ratspräsidentschaft der belgische Regierungschef Yves Leterme, der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und der französische Außenminister Bernard Kouchner.

Stilles Mahnmal

Für die Europäische Union erklärten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Erweiterungskommissar Stefan Füle in Brüssel: "Srebrenica ist heute ein stilles Mahnmal dafür, was niemals hätte geschehen dürfen und niemals wieder geschehen darf." Beide EU-Politiker forderten umfassende Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Das sei ebenso dringend wie nötig. Ex-Armeechef Ratko Mladic, einer der Hauptverantwortlichen für das Massaker, ist immer noch nicht festgenommen.

Recap Tayyip Erdogan (M.) (Foto: AP)
Bestürzung angesichts der ermordeten Glaubensbrüder: der türkische Ministerpräsident Erdogan (M.)Bild: AP

Auch die USA übermittelten Grußworte. "Das Grauen Srebrenicas ist ein dunkler Fleck auf unserem kollektiven Gewissen", hieß es in einer persönlichen Botschaft von US-Präsident Barack Obama. "Es wurden Menschen umgebracht, die an das Versprechen der internationalen Gemeinschaft glaubten, dass sie geschützt werden", schrieb Obama.

Das von den Vereinten Nationen als Völkermord deklarierte Verbrechen ist das dunkelste Kapitel aus der Zeit des Zerfalls des früheren Jugoslawiens in den 1990er Jahren. Bosnisch-serbische Milizen waren in die damalige UN-Schutzzone für viele zehntausend Flüchtlinge einmarschiert und hatten an leichtbewaffneten niederländischen Blauhelmsoldaten vorbei rund 8000 Muslime - vorwiegend Männer und Jungen - verschleppt und getötet.

Forderungen nach Festnahme Mladics

Boris Tadic (Foto: AP)
Die Anwesenheit des serbischen Präsidenten Boris Tadic wurde von Opferverbänden scharf kritisiertBild: AP

Obama verlangte ebenso wie zahlreiche andere Politiker, dass der immer noch flüchtige Ratko Mladic endlich festgenommen werden müsse. Mladic soll sich in Serbien versteckt halten. Aus diesem Grunde war die Teilnahme des serbischen Staatschefs Boris Tadic an der Gedenkveranstaltung auch auf Kritik von Opferorganisationen gestoßen.

Tadic begründete sein Kommen damit, er wolle zur Versöhnung der Völker beitragen. Transparente mit der Aufschrift "Serbien = Völkermord" waren von den Behörden entfernt worden. Stattdessen gab es ein schwarzes Band mit der weißen Aufschrift "Dass wir den Völkermord nie vergessen!".

Gedenken am Brandenburger Tor

Am Brandenburger Tor in Berlin erinnerten Menschenrechtler an den Völkermord. Zu der Gedenkveranstaltung kamen nach Angaben der Organisatoren mehrere hundert Menschen - darunter auch einige Betroffene, die damals zahlreiche Angehörige verloren hatten.

Schuh-Berg vor dem Brandenburger Tor (Foto: AP)
Mahnmal zur Erinnerung an den Völkermord während des Jugoslawien-KriegesBild: AP

Mehr als 16.700 Schuhe wurden zu einem Berg aufgestapelt in Erinnerung an die tausenden Toten. Aus den Schuhen soll später im bosnischen Potocari eine "Säule der Schande" errichtet werden. Sie soll an das "Versagen" des UN-Sicherheitsrats erinnern, der den Genozid nicht verhindert habe, so die Initiatoren.

Autorin: Eleonore Uhlich (dpa, afp, kna)
Redaktion: Rainer Esser