1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sri Lanka: Töten statt verhandeln

26. April 2006

Sri Lanka wird von einer neuen Gewaltwelle erschüttert, die seit Anfang April 2006 rund 90 Menschen das Leben gekostet hat. Eigentlich sollten zu dieser Zeit die Friedensgespräche beginnen.

https://p.dw.com/p/8JXh
In diesem Auto saß Sri Lankas Armeechef, der bei dem Anschlag schwer verletzt wurdeBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Am Dienstag (25.4.2006) hatte eine Selbstmordattentäterin in der Hauptstadt Colombo zehn Menschen mit in den Tod gerissen. Der höchste General des Landes und 26 weitere Menschen wurden bei der Explosion verletzt. Die Regierung macht die tamilischen "Befreiungstiger" (LTTE) für den Anschlag verantwortlich. Die Streitkräfte flogen am Dienstag und Mittwoch Luftangriffe gegen die Rebellen, die mit einem Angriff auf das Armee-Hauptquartier antworteten. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind zehntausende Menschen aus Angst vor einem Bürgerkrieg auf der Flucht.

Sri Lanka Soldaten untersuchen Haus der Tamil Tiger
Srilankische Soldaten gehen hart gegen die Rebellen vorBild: AP

Das Attentat und die anschließenden Militärangriffe markieren einen Höhepunkt in der jüngsten Serie von Gewalt, die seit Anfang April rund 90 Menschen das Leben gekostet hat. Seit 1983 fielen dem Konflikt zwischen LTTE-Rebellen und der Regierung rund 65.000 Menschen zum Opfer, mehr als eine Million wurden vertrieben.

Konflikt aus Kolonialzeiten

Die Ursprünge des Konflikts zwischen Singhalesen und Tamilen reichen weit zurück. Sie rühren noch aus Zeiten der britischen Kolonialherrschaft (1796-1948). Damals wurden die Tamilen auf Grund ihrer traditionell guten Bildung bevorzugt als Verwaltungsgehilfen herangezogen und deshalb von den Singhalesen mit der Kolonialmacht identifiziert.

Sri Lanka Tamil Tigers Rebellen
Junge Kämpfer der tamilischen "Befreiungstiger" LTTEBild: AP

Mit der Unabhängigkeit der Insel 1948 verloren die Sri-Lanka-Tamilen ihre Privilegien und auch den Schutz der Kolonialmacht England. 1956 gewann die singhalesisch-nationalitische "Sri Lanka Freedom Party" (SLFP) die Parlamentswahlen. Sie betrieb eine extrem pro-singhalesische Politik: So wurde den vor Jahrhunderten nach Ceylon ausgewanderten "indischen Tamilen" die Bürger- und Wahlrechte entzogen und Tamil ebenso wie Englisch aus den Amtsstuben und dem öffentlichen Leben verbannt. Auch im Bildungswesen wurden die Tamilen stark benachteiligt. Eine Verfassungsreform im Jahre 1972 zementierte diese Diskriminierung.

Eine lange Chronik der Gewalt

Deshalb schlossen sich ab 1970 mehrere tamilische Parteien zur "Tamil United Liberation Front" zusammen, die einen eigenen Tamilenstaat im Norden und Osten des Landes forderte. Der 1981 gewählte srilankische Präsident Junius Richard Jayawardene erklärte alle Tamilen zu Staatsfeinden und brachte damit den Konflikt zum Eskalieren. 1983 kam es zu einem inselweiten Pogrom, bei dem etwa 2000 Tamilen starben. Die radikalen Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), die einen unabhängigen Inselstaat forderten, erhielten starken Zulauf. Sie versuchten, die Regierung mit Anschlägen unter Druck zu setzen.

Friedensgespräche für Sri Lanka
Anfang 2003 reichten sich die Chefunterhändler Sri Lankas und der LTTE noch die HändeBild: AP

Zwei Beispiele aus einer langen Chronik der Gewalt: Vor zehn Jahren töteten die tamilischen Rebellen bei einem Anschlag auf die srilankische Zentralbank in Colombo rund tausend Menschen. Weitere tausend wurden verletzt. Das Attentat wurde mit einem Lastwagen verübt, der mit Sprengsätzen bepackt war. 1993 töteten die Separatisten den damaligen Präsidenten Ranasinghe Premadasa während eines Aufmarsches.

Tamilische Rebellen kündigten Waffenstillstand auf

1999 lancierten die LTTE eine erneute Großoffensive im Norden der Insel, bevor sie im Februar 2002 einen Waffenstillstand mit der srilankischen Regierung unterzeichneten. Der Friedensprozess brach 2003 zusammen, nachdem die LTTE die Verhandlungen beendet hatte. Kurz vor Ostern 2006 sagten die Rebellen ihre Teilnahme an neuen Friedensgesprächen ab, die unter norwegischer Vermittlung am Montag (24.4.2006) in Genf hätten beginnen sollen. (ana)