1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schiffsbranche

Verena Herb3. Februar 2009

Die Finanzkrise hat inzwischen auch die deutschen Häfen erreicht: Fracht- und Charterraten brechen zusammen, und der Containerumschlag wird laut Prognosen in diesem Jahr erstmals negative Ergebnisse einfahren.

https://p.dw.com/p/GmKm
Container werden im Hafen in Hamburg umgeschlagen(Quelle: dpa)
Die Containerschifffahrt gilt als einer der wichtigsten Indikatoren dafür, wie es um den Welthandel bestellt istBild: picture-alliance/dpa

Am Containerterminal Altenwerder im Hamburger Hafen wird ein gigantischer Containerfrachter ent- und beladen. Die bunten Stahlboxen stapeln sich wie Legosteine an Deck, hoch wie Mehrfamilienhäuser. Bei dem geschäftigen Treiben der Containerbrücken mag man kaum glauben, dass die Wirtschaftskrise auch in die Häfen geschwappt ist.

Doch Klaus Dieter Peters, der Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ist überzeugt, dass man nicht mehr an die zweistelligen Umschlagszahlen der vergangenen Jahre anknüpfen kann. Mit konkreten Zahlen hält er sich zurück, aber mit einem weiteren Wachstum rechnet er in diesem Jahr nicht.

Fallende Transportpreise und Charterraten

Container stehen an einem Verladeterminal der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) im Hafen von Hamburg (Quelle: AP)
Transportpreise für Container rapide gesunkenBild: AP

Nicht nur der Containerumschlag schwächelt. Seit Herbst fallen auch die Transportpreise rapide. So kostet der Transport eines Containers von Asien nach Europa derzeit teilweise nur noch 250 Dollar - nach Angaben des Zentralverbandes der deutschen Seehäfen sind es normalerweise 2500 Dollar.

Und nicht nur die Frachtraten machen den Reedern zu schaffen: Rund die Hälfte der Container wird mit gemieteten Schiffen transportiert. Die Leihgebühren, die so genannten Charterraten, haben sich seit Mitte des vergangenen Jahres halbiert. Die Reeder haben darauf unterschiedlich reagiert. "Einige haben ihre Schiffe 'an die Pfähle', sprich stillgelegt", sagt Klaus Dieter Peters, "andere haben versucht, ihre Kapazitäten auszulasten, indem sie mit Kampfraten in den Markt gegangen sind." So wie der dänische Reeder-Riese Maersk. Doch auch Maersk musste mittlerweile acht Frachter aus dem Verkehr ziehen.

Erinnerungen an die Ölkrise der 70er Jahre

Container werden im Hafen in Hamburg auf Güterzüge umgeladen (Quelle: dpa)
Umschlagrekorde wird es dieses Jahr nicht gebenBild: picture-alliance/dpa

Bisher waren die Seehäfen verlässlicher Garant für Erfolgsmeldungen. Doch "Umschlagsrekord", "Containerboom", "Jobmotor" - die Jubelmeldungen der letzten Jahre sind nun Vergangenheit. Das weiß auch Klaus Heitmann vom Zentralverband der deutschen Seehäfen. Er rechnet mit einer Wachstumsdelle im deutschen Seegüterumschlag: "Die Zuwachsraten werden sich abflachen und das Wachstum wird kurzfristig langsamer sein."

Dass Kapazitäten aus dem Markt genommen werden, wundert Thomas Lau, Logistikexperte der Unternehmensberatung Putz und Partner in Hamburg nicht: "Dieses Phänomen hatten wir schon einmal während der Tankerkrise Ende der 70er Jahre, also der Ölkrise, die letztlich als Tankerkrise bezeichnet wurde."

Aufträge werden storniert

Wenn Überkapazität herrscht, werden auch keine neuen Schiffsbauten benötigt, erklärt Werner Lundt, Vorsitzender des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik. "Uns bereiten im Moment besonders die Werften Sorge, die noch im großen Umfang Containerschiffe zu bauen haben. Gerade der Markt der Containerschiffe ist sehr stark eingebrochen. Die Reeder haben Schwierigkeiten, ihre Schiffe überhaupt in Fahrt zu bringen."

In den vergangenen Jahren quollen die Auftragsbücher der Werften über - doch diese Zeiten sind vorbei, so Werner Lundt vom Schiffsbauverband. Bis jetzt seien 29 Schiffe storniert worden. Das Volumen der Stornierungen belaufe sich alleine bei deutschen Werften auf bislang über 600 Millionen Euro. Zusätzlich gebe es derzeit knapp 30 Schiffe, deren Produktion wackelt, weil die Reedereien Probleme mit der Endfinanzierung haben. Bereits vier Werften mussten Insolvenz anmelden.

Staatliche Hilfe für Werften und Reeder

Rot leuchtender Himmel über dem Hafen in Hamburg (Quelle: dpa)
Spätestens 2010 soll es in der maritimen Wirtschaft wieder aufwärts gehenBild: picture-alliance/dpa

Im Dezember 2008 hat die Bundesregierung daher beschlossen, dass auch die Werften auf das 15 Milliarden-Euro schwere KfW-Programm für die deutsche Wirtschaft zurückgreifen können. Konkret bedeutet das: Die staatliche KfW vergibt über Hausbanken Darlehen und übernimmt so genannte Haftungsfreistellungen. 90 Prozent des Kreditrisikos werden dann von der KfW übernommen, der Rest von der jeweiligen Hausbank des Reeders oder der Werft.

Die maritime Wirtschaft sei krisenerprobt, heißt es immer wieder. Den so genannten "Schweinezyklus" sei man gewohnt: nach Jahren des Aufschwungs geht es regelmäßig auch wieder nach unten. Klaus Dieter Peters, der Vorstandsvorsitzende des Hamburger Hafenbetreibers HHLA, zeigt sich deshalb optimistisch, dass die Talsohle bald überwunden sein wird. Er rechnet zum Ende des kommenden Jahres, spätestens 2010 wieder mit einer deutlichen Aufwärtsbewegung. "Ob die das deutlich zweistellige Ergebnis der Vorjahre erreicht, kann ich Ihnen heute nicht beantworten", gibt er zu. Auf Prognosen will sich in diesen Zeiten ja auch niemand verlassen.