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Staatsbesuch mit Werbeeffekt

Steffen Leidel14. November 2002

Bundespräsident Johannes Rau besucht am Mittwoch (13. November) Mallorca. Bewohner und Reisebranche hoffen, dass der Besuch den angekratzten Ruf der spanischen Ferieninsel wieder etwas aufpoliert.

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Flaute auf der FerieninselBild: AP

Es ist das erste Mal, dass ein deutsches Staatsoberhaupt die spanische Insel besucht. "Es ist der wichtigste Besuch in diesem Jahr", sagt ein Sprecher der Regierung von Mallorca. Der Besuch sei "Balsam fürs Insel-Image", so titelt das auf deutsch erscheinende Wochenblatt "Mallorca-Zeitung". Die Freude über den hohen Gast aus Deutschland hat seinen Grund. Mallorca lebt vom Tourismus, vor allem von den Gästen aus Deutschland. Rund neun Millionen Deutsche kamen im vergangenen Jahr auf die Ferieninsel, mehr als 70.000 Deutsche haben sich mehr oder weniger dauerhaft dort eingerichtet.

Doch die Zeiten, als Mallorca sich die "liebste Ferieninsel Deutschlands" nennen durfte, scheinen vorbei zu sein. In diesem Jahr ist der Tourismus eingebrochen. Der Deutsche Reisebüro und Reiseveranstalter Verband (DRV) erwartet für die Insel einen Rückgang der Besucherzahlen um 20 bis 30 Prozent. Die Hotels auf Mallorca klagen über geringe Auslastung in der Hochsaison. Strandlokale und Souvenirgeschäfte schlossen in dieser Saison früher als in vorherigen Jahren. Die Insel leidet dabei nicht nur unter der Wirtschaftsflaute in Deutschland, die die gesamte Reisebranche zu spüren bekommt

Imageschaden und hausgemachte Fehler

"Mallorca hat auch einen Imageschaden", sagt Sibylle Zeuch, Sprecherin beim DRV, im Gespräch mit DW-WORLD. Die Gründe dafür sind vielfältig. In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Negativschlagzeilen von den Balearen. Schwere Unwetter, die ganze Badestrände wegschwemmten oder Straßen überfluteten, kratzten am Image der friedlichen Sonneninsel. Auch von überhöhten Preisen, schlechtem Service und Dauerstreiks war die Rede.

Negativ wirkten sich aber auch die eigensinnigen Pläne der Inselregierung der Balearen aus - einem bunt gemischten Bündnis aus links- und rechtsnationalen, regionalen und grünen Parteien, angeführt von den Sozialisten. Der Chefredakteur des deutschsprachigen Mallorca-Magazins, Bernd Jogalla, glaubt, dass "hausgemachte Fehler" der Inselregierung manchen Deutschen vergrault haben könnten. So wurde im Mai eine Ökosteuer, die so genannte Ecotasa, eingeführt. Jeder Urlauber muss seitdem im Durchschnitt einen Euro pro Tag und Person bezahlen "Es ist nicht der Betrag, der abschreckt, sondern die ständigen Streitereien, die es um die Ökosteuer gegeben hat", so Jogalla zu DW-WORLD. "Die Politiker beachten nicht, dass alles, was sie hier zum Thema Tourismus sagen, auch nach Deutschland dringt."

Golfclubs statt Ballermann

Dazu gehören Äußerungen wie die der Chefin der Inselverwaltung, Maria Antónia Munar: "Wir wollen lieber reiche Touristen haben. Das mag sich brutal anhören, aber so ist es nun einmal". Golftouristen und Segelyachtbesitzer wären ihr am liebsten. Der Massentourismus, der die Insel zur reichsten Region Spaniens, noch vor Madrid, machte, ist nicht mehr so gewünscht wie früher. Qualität statt Quantität, lautet die Formel der Inseloberen. Nur so sei die Insel vor dem Kollaps zu bewahren. In der Hochsaison versinkt Mallorca regelmäßig im Verkehrschaos, Wasser- und Stromversorgung drohen zusammenzubrechen. Die Grenzen des Wachstums scheinen erreicht.

Manch deutscher Urlauber wendet sich da beleidigt ab und reist lieber in Billigreiseländer wie Bulgarien oder die Türkei. "Mallorca ist nun einmal durch die Pauschalreisenden zu dem geworden, was es ist", sagt Sibylle Zeuch. "Die jetzt abzulehnen ist natürlich gefährlich". Jogalla, der selbst seit über zehn Jahren auf Mallorca lebt, hofft nun, dass der Besuch von Johannes Rau "einen gewissen Werbeeeffekt" für die Insel bringt. Dann werde den Deutschen vielleicht wieder einmal bewusst, dass Mallorca doch viel schöner ist als sein Ruf.