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Militär setzt Mursi ab

3. Juli 2013

Die ägyptische Armee hat Präsident Mohammed Mursi für abgesetzt erklärt. Gegen ihn wurde ein Ausreiseverbot verhängt. Mursi hatte zuvor den Schutz der Republikanischen Garde gesucht. In Kairo jubelten seine Gegner.

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Im Kairo fahren gepanzerte Armeefahrzeuge auf (Foto: AFP / Getty Images)
Bild: Reuters

Präsident Mohammed Mursi ist entmachtet. In Ägypten soll nach Angaben des Militärs der Präsident des obersten Verfassungsgerichts, Adli Mansur, vorläufig die Geschicke des Landes lenken. Das sagte Verteidigungsminister und Armee-Chef Abdel Fattah al-Sisi am Abend in einer Fernsehansprache. Die umstrittene Verfassung werde vorübergehend außer Kraft gesetzt. Das Land solle eine Regierung aus Technokraten bekommen. Al-Sisi kündigte neue Präsidentschaftswahlen an. Die Pläne für die politische Zukunft Ägyptens werden von führenden Vertretern der Religionsgruppen unterstützt.

Auf dem Tahrir-Platz in Kairo brachen zahlreiche Demonstranten in Jubel aus und feierten die Absetzung des Präsidenten. Einige zündeten Feuerwerkskörper. Hupende Autokorsos fuhren durch die Stadt.

Die Demonstrationen von Mursis Anhängern in Kairo wurden nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP mit Dutzenden Panzern abgeriegelt. Die ägyptische Nachrichtenagentur Mena berichtet von massiven Truppenaufgeboten in den Vierteln Nasr City, Heliopolis und in der Nähe der Universität. Der Präsident hält sich in einer Kaserne der Republikanischen Garde in einem Vorort von Kairo auf. Davor sind Soldaten aufmarschiert und haben Sperren errichtet.

Auf der Facebook-Seite des abgesetzten Präsidenten wurde Mursi am Abend mit den Worten zitiert, die Armee habe geputscht, und er erkenne deren Erklärungen nicht an. Zuvor hatte sein Sicherheitsberater Essam al-Haddad der Armee einen Staatsstreich vorgeworfen. "Im Interesse Ägyptens und für die historische Genauigkeit, lasst uns das, was passiert, beim Namen nennen: ein Militärputsch", schreibt al-Haddad im Online-Netzwerk Facebook.

Armee stellt Mursi kalt

Kurz nach der Entmachtung Mursis wurden nach übereinstimmenden Berichten von Augenzeugen und ägyptischen Medien drei islamistische Fernsehsender abgeschaltet. Bei Zusammenstößen zwischen Mursi-Anhängern und Sicherheitskräften wurden in der Stadt Marsa Matruh im Nordwesten des Landes nach offiziellen Angaben vier Menschen getötet und zehn verletzt.

Mursi ging nicht freiwillig

Am Nachmittag war ein Ultimatum der einflussreichen Armee abgelaufen. Sie hatte Mursi nach tagelangen Massenprotesten aufgefordert, die Krise beizulegen und den Forderungen regierungskritischer Demonstranten nachzukommen. Wenn Mursi das Ultimatum verstreichen lasse, werde das Militär einen Fahrplan für einen Ausweg aus der Krise verkünden und die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen überwachen.

In einer mitternächtlichen Fernsehansprache lehnte der islamistische Präsident einen Rücktritt strikt ab. Er sei durch demokratische Wahlen ins Amt gekommen. "An dieser Legitimierung halte ich fest", betonte Mursi: "Ich bin der Präsident Ägyptens, der alle Ägypter repräsentiert." Zugleich gab er Fehler zu und versprach, sie zu korrigieren. Zuletzt bot er noch eine Koalitionsregierung der nationalen Einheit an.

Verfassung und Parlament vor dem Aus?

Am Nachmittag kam Oppositionsführer Mohamed ElBaradei mit Vertretern der Armeeführung zusammen, um gewaltsame Zusammenstöße zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern zu verhindern. Der Friedensnobelpreisträger sagte später, die Ankündigung des Armee-Chefs entspreche den Forderungen des Volkes nach Neuwahlen. Der saudische Großmufti, Scheich Abdulaziz Al-Sheikh, appellierte an alle Beteiligten, ein Blutvergießen zu vermeiden.

Publizist: Ägypter haben mit den Füßen abgestimmt

rb/re/kle (afp, dpa, rtr)