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Stadtplanung gegen das Chaos: Megacities in Pakistan

27. Mai 2009

Immer mehr Menschen wandern in die Städte ab – doch die Mega-Cities sind heute schon eine Bedrohung für die Umwelt. In Pakistan fordern Experten deshalb ein Neudenken in der Stadtplanung - auch für den Verkehr.

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Verkehrschaos in PakistanBild: AP

Karachi ist eine der Modellregionen Pakistans. Mit zahlreichen Universitäten, Industrieparks und Freihandelszone. Mit internationalem Flughafen und mit dem größten, modernsten Seehafen des südostasiatischen Landes, der rund 60 Prozent des nationalen Frachtgutes abwickelt. Nach dem Erfolgsmodell Chinas soll hier in der Küstenstadt durch Auslandsinvestitionen einer der Wachstumsmotoren Pakistans entstehen.

Modellregion mit Verkehrsproblemen

Karachi Pakistan
So sollte es aussehen: Karachi ohne VerkehrschaosBild: AP

Die Kehrseite der Medaille ist eine ausufernde Umweltverschmutzung. Das Meerwasser ist so stark verschmutzt, dass der Fischfang leidet. Die Straßen, die in der Zeit des Monsun teilweise Meter hoch unter Wasser stehen, versinken im Müll. Die Slumgebiete vergrößern sich in rasantem Tempo. Viele ansteckende Krankheiten verbreiten sich durch unhygienische Lebensbedingungen. Probleme einer Mega-City mit inzwischen mehr als 20 Millionen Einwohnern. "Wenn sich Universitäten und die Industrie hier ansiedeln," sagt Usman Mustafa, "dann ziehen natürlich auch viele Menschen hierher." Mustafa ist Leiter der Abteilung für Projektevaluation am pakistanischen Institut für Entwicklungsökonomie in Islamabad, einem der führenden Thinktanks in ganz Asien. Und er steht den so genannten Mega-Cities sehr skeptisch gegenüber. Denn die, sagt der Wissenschaftler erzeugen nur Probleme: wirtschaftlich und sozial, und auch in bezug auf Infrastruktur und Trinkwasser.

Zersiedelung statt ungebremsten Wachstums

Karachi Pakistan
Und so sieht es aus in den Starßen von Karachi: Voll, laut und versmogtBild: picture-alliance / dpa

Stadtplanung sei in diesen Städten kaum noch möglich. Besser wäre es, Alternativen in ländlichen Gebieten zu schaffen, damit nicht alle in die Städte wandern. "Sie müssen kleine Städte attraktiver machen, Industrien dort ansiedeln, eine grundlegende Versorgung bereitstellen," fordert Mustafa. "Wenn dagegen die Slums versorgt werden, entsteht sofort daneben der nächste Slum." Doch es sei für jede Regierung schwierig, so etwas zu managen. Die pakistanische Regierung bemüht sich inzwischen, auch für ländliche Gebiete moderne Technologien und Arbeitsmöglichkeiten bereitzustellen, sagt Zafar Iqbal Zaidi. Er ist Direktor des pakistanischen Rates für erneuerbare Energien. Auch wenn bislang nur erste Pilotprojekte umgesetzt werden konnten: Regenerative Energien sollen in ländlichen Gebieten wieder nachhaltiges Wirtschaften ermöglichen. Weil Pakistan hauptsächlich von der Landwirtschaft lebt, sollen Biogasanlagen Abhilfe schaffen. Das Gas ließe sich als Brennstoff oder als Lichtquelle nutzen. Außerdem soll damit Bio-Dünger produziert werden, der größere Erträge bringt und viel effektiver ist als herkömmlicher Dünger. Eine andere Technologie wären Mikro-Wasserkraftwerke, denn in den nördlichen Grenzgebieten Pakistans gibt es viele Wasserfälle. Ganze Städte auf Basis von regenerativen Energien zu planen, wie es zum Beispiel China vormacht, scheitere in Pakistan an der Sicherheitslage, urteilt Usman Mustafa. Die Investitionskosten seien einfach zu hoch, wenn dann bei möglichen Attentaten schnell alles wieder zerstört werden könnte. Noch hat Pakistan daher auch keine Trendwende bei der Stadtplanung vollziehen können.

Pakistan braucht innovative Städtebaukonzepte

Verkehr in Pakistan
Busse quetschen sich durch die Hauptstraßen von KarachiBild: AP

Karachi, Lahore, Faisalabad: Das Problem ist in allen drei pakistanischen Megacities das gleiche: "Alles, was die Regierung tut, ist bessere Straßen bauen, ampelfreie Linien, Brückenübergänge," erklärt Mustafa. Damit sei das Problem für ein Jahr gelindert. "Dann steigt die Bevölkerung dramatisch an. Nach zwei oder drei Jahren müssen sie das gleiche Problem wieder lösen." Aber niemand kümmere sich um die Ursachen der Migration. "Wenn die bisherige Politik fortgesetzt wird," warnt der Wissenschaftler, "werden nicht länger 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Gebieten leben. Alle Menschen werden versuchen, in die Großstädte abzuwandern." Die einzige Lösung sei, glaubt Usman Mustafa, neue Kleinstädte zu bauen. Mit attraktiven Institutionen, mit Arbeitsmöglichkeiten und mit einer Basis-Infrastruktur. Städte, die den Fußgängern die Priorität geben, seien attraktiver, sagt er und fordert mehr öffentliche Transportmittel statt Privatverkehr. In anderen Ländern habe der öffentliche Transport eine eigene Spur auf der Straße, in Pakistan hat der öffentliche Verkehr die langsamste Spur und der Privatverkehr die schnellste. Und das verursacht schon jetzt große Probleme für jeden, der reisen muss.

Autorin: Jutta Schwengsbier
Redaktion: Thomas Latschan