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Grundstein gelegt

Heiner Kiesel12. Juni 2013

Jahrelang tobte ein Streit über die Rekonstruktion des kaiserlichen Schlosses in Berlin. Jetzt legte Bundespräsident Gauck den Grundstein. Ab 2019 sollen dort Schätze außereuropäischer Kulturen ausgestellt werden.

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Joachim Gauck legt den Grundstein des Stadtschlosses in Berlin - Foto: Adam Berry
Bild: Getty Images

Es ist eine Riesenbaustelle, die sich im Zentrum der deutschen Hauptstadt auftut. Ein Loch mit einer Betonplatte, die so groß ist wie zwei Fussballfelder. 700 Gästen sind in die Grube gestiegen, um zu feiern, dass es endlich los geht. Bundespräsident Joachim Gauck mauert eine kupferne Kartusche mit Zeitzeugnissen in den Sockel ein, klopft dreimal mit einem Maurerhammer auf den Steindeckel und wünscht einen unfallfreien Bau (Artikelbild).

Es ist die Grundsteinlegung für das Humboldt-Forum, das hier in den nächsten sechs Jahren emporwachsen soll. Es entsteht in der Gestalt eines Wiederaufbaus des alten Stadtschlosses und ist nach Auskunft der Bundesregierung Deutschlands größtes Kulturvorhaben derzeit. Mit strahlender Miene steht Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit neben Gauck. Für ihn wird eine architektonische Wunde seiner Stadt geschlossen. Doch weit darüber hinaus sei der Bau ein wichtiger Beitrag dazu, Berlin als Metropole in Europa zu präsentieren und ein Forum für den Dialog zwischen den Kulturen zu schaffen. "Das ist die eigentliche Idee dahinter", unterstrich der SPD-Politiker.

Nicht minder euphorisch äußerte sich der oberste Kulturpolitiker der Bundesregierung, Kulturstaatsministers Bernd Neumann. Mit dem Wiederaufbau des Stadtschlosses "wird unserer Hauptstadt ihre historische Mitte zurückgegeben", erklärte er. "Es ist richtig, die Lücke zu füllen, so wie wir es vorhaben", rief Neumann mit Nachdruck den Gästen der Grundsteinlegung zu und lobte den historisierenden Entwurf des italienischen Architekten Franco Stella. Er beschrieb das entstehende Bauwerk als künftige Attraktion für Berliner und Besucher aus dem In- und Ausland und freute sich auf die künftige Nutzung als Ort der Begegnung. Im Humoldt-Forum wird nach derzeitiger Planung ein Ausstellungs- und Veranstaltungsort eingerichtet. Hier sollen die außereuropäischen Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin untergebracht werden. Darüberhinaus gehen in das Forum Sammlungen der Humboldt-Universität und Bestände der Landesbibliothek ein.

ARCHIV - Der Apotheken-Flügel, der älteste Teil des Schlosses, wird gesprengt. Am 7. September 1950 wurde mit der Sprengung des im Krieg stark beschädigten Berliner Stadtschlosses auf der Spreeinsel begonnen (Archivfoto). Noch ist nicht bekannt, wer das Berliner Stadtschloss wieder errichten soll - der Kulturkampf um den symbolträchtigsten Baugrund in Deutschland schwelt aber bereits. Am kommenden Freitag (28.11.2008) wird eine Jury aus Fachleuten und Kulturpolitikern über den Entwurf entscheiden. Foto: dpa/lbn (zu dpa-Korr-Bericht: "Barock und Hightech: Endspurt im Wettbewerb für Berlins Stadtschloss vom 21.11.2008) +++(c) dpa - Bildfunk+++
1950: Das historische Berliner Stadtschloss wird gesprengtBild: picture-alliance/dpa

Kritiker sind nicht überzeugt

Die Grundsteinlegung ist der vorläufige Schlusspunkt einer jahrzehntelangen, teilweise erbittert geführten Debatte. Den Befürwortern des auf alt getrimmten Neubaus wurde Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die Frage wurde laut, ob ein Symbolbau des untergegangenen Kaiserreichs zum wieder vereinigten Deutschland passt. Andererseits wollten die Traditionalisten in der Diskussion nicht hinnehmen, dass die Innenräume nicht dem Originalschloss entsprechen sollten. Die aktuellen Pläne versuchen, alt und neu baulich miteinander in Beziehung zu setzen. Im Innern soll ein moderner Museumsbau entstehen und auf drei Seiten die barocke Fassade des ehemaligen Stadtschlosses nachgebildet werden. Zur Spree hin bleibt der Bau nach den Plänen Stellas modernistisch-sachlich.

Der italienische Architekt Franco Stella - Foto: Berthold Stadler
Architekt Franco Stella trat mit seinem Erfolg beim Schloss-Wettbewerb ins RampenlichtBild: dapd

Noch im Februar hatte der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt gegen das Stadtschloss gewettert und in in der Wochenzeitung "Die Zeit" gefragt, "ob das breite Publikum dieses Schloss wirklich will" und verwies auf die hohen Kosten des Projekts. Kritische Stimmen werden nicht müde vor den Risiken des Baus zu warnen, die zu erheblichen Kostensteigerungen führen könnten. Dazu gehören der unsichere und sandige Untergrund und der Vortrieb einer U-Bahnlinie unter dem Areal. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Magazins Stern äußerten sich 65 Prozent der 1000 Befragten dem Mammutprojekt gegenüber ablehnend. "Man muss sich in Deutschland auch einmal über etwas freuen können", sagte der Bundesbauminister Peter Ramsauer bei dem Festakt mit Blick auf die Kritiker.

Kostenbremse begrenzt Budget

Das Humboldt-Forum geht auf einen Beschluss des Bundestages im Jahr 2007 zurück. Der Bau- und die Ersteinrichtungskosten sollen 590 Millionen Euro kosten. Die Kosten sind per Beschluss gedeckelt worden. Davon trägt der Bund 478 Millionen Euro, das Land Berlin 32 Millionen Euro. In den Kosten enthalten sind weitere 80 Millionen Euro aus Spendensammlungen für die Rekonstruktion der barocken Fassade. Davon sind bislang 20 Millionen zusammen gekommen. Das Stadtschloss der Hohenzollern war – im Krieg weitgehend zerstört - im Herbst 1950 gesprengt worden. An seiner Stelle errichtete man später mit dem "Palast der Republik" den Sitz des DDR-Parlaments. Der Palast wurde seinerseits nach der Wiedervereinigung abgerissen. Die international besetzte Kommission "Historische Stadtmitte Berlin" stimmte 2002 knapp für einen Bau in den Dimensionen des alten Schlosses von 200 auf 120 Metern und 31 Metern Höhe.

Palast der Republik in Berlin - Foto: Johannes Eisele (AFP)
Vor zehn Jahren stand auf dem Schlossplatz noch der Palast der RepublikBild: JOHANNES EISELE/AFP/Getty Images