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Stahlhelm runter

Daniel Scheschkewitz 2. Dezember 2003

Druck erzeugt Gegendruck. Die USA nehmen ihre Stahlzölle wieder zurück. Die WTO hatte die sowieso nicht anerkannt. Ein drohender Handelskrieg mit den Europäern scheint vom Tisch. Aber um welchen Preis.

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Die US-Regierung wird ihre 2002 verhängten Importzölle für Stahlprodukte wieder aufheben. Dies berichtet die US-Tageszeitung "Washington Post". Die USA beugen sich damit einer Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO, die diese Zölle für unzulässig erklärt hatte. Angekündigte Vergeltungsmaßnahmen der Europäer dürften für die Entscheidung der US-Regierung nicht unerheblich gewesen sein. Importzölle in Höhe von über zwei Milliarden US-Dollar auf Produkte wie Orangensaft aus Florida oder Harley-Davidson-Motorräder hätten die amerikanische Exportwirtschaft potenziell hart getroffen.

Keine Atempause

Die politischen Auswirkungen für US-Präsident George Bush wären unkalkulierbar gewesen, vor allem in Staaten wie Florida mit seinen vielen Zitrusfarmern, die Bush braucht, wenn er den Staat auch im Jahr 2004 wieder hinter sich bringen will. Andererseits muss die Bush-Regierung nun mit der Entäuschung der Stahlkocher und ihrer mächtigen Lobby leben, die sich von den Schutzzöllen die erforderliche Atempause für eine Umstrukturierung ihres maroden Industriezweiges versprochen hatten.

Insbesondere im stahlproduzierenden Gewerbe der Bundesstaaten Pennsylvania, Ohio und West Virginia waren in den vergangenen Jahren wegen der Stahlkrise
zahlreiche Arbeitsplätze verloren gegangen. Billige Stahlimporte aus Osteuropa und Fernost hatten den US-Stahl für die verarbeitende Industrie zu teuer gemacht. Jetzt argumeniert man in Kreisen der Bush-Regierung, die Stahlindustrie habe ja nun bereits ein Jahr für die erforderlichen Strukturanpassungen Zeit gehabt. Ursprünglich hatten die Zölle drei Jahre in Kraft bleiben sollen. Beobachter vermuten jedoch, dass sich Bush wohl auch deshalb für die Aufhebung entschieden hat, um das transatlantische Klima nicht durch einen neuen Handelskonflikt zu belasten. Hinzu kommt, dass sich die mächtige Stahlarbeitergewerkschaft vor kurzem entschlossen hatte, den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Dick Gephardt zu unterstützen.

Nachgebender Sieger

Wählerstimmen bei den Stahlkochern zu holen, schien für das Bush-Lager kaum noch verlockend. In konservativen Kreisen drohte Bush außerdem, sein Image als Anhänger des freien Welthandels zu verlieren. Immer wieder hatte man ihm wegen der Importzölle einen Rückfall in ein protektionistisches Zeitalter vorgeworfen. Nun muss Bush die Entscheidung noch gut verkaufen. Schließlich will dieser Präsident auch beim Nachgeben wie ein Sieger erscheinen.